Ludwigshafen Rückkehr an die eigene Schule

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Als neuer Oberstufenleiter des Wirtschaftsgymnasiums in Süd will Achim Groll das Profil der Berufsbildenden Schule Wirtschaft I (BBS) weiter schärfen. Besonders bei Realschulabsolventen aus der Region mit dem Ziel Abitur soll die BBS in der Mundenheimer Straße eine Marke werden. Der 39-Jährige ist für 350 Schüler des Wirtschaftsgymnasiums verantwortlich.

Das Arbeitszimmer von Achim Groll ist zwar eher schlicht eingerichtet, ohne viel Schnickschnack, aber hell und irgendwie auch freundlich. Kaum sitzt der mittelgroße, sportliche Enddreißiger vor einem Glas Wasser und einem großen Teller mit frischgebackenem Kuchen, klopft es auch schon an die Tür. „Ich muss mal kurz fragen, worum es da geht“, sagt er entschuldigend und verschwindet für ein, zwei Minuten auf dem Gang. Seine Schüler sind ihm wichtig. Er nimmt die Jugendlichen ernst, wenn sie behaupten: „Herr Groll, ich muss sie kurz sprechen, es ist wirklich sehr dringend.“ Den Gesprächsfaden nach dem kleinen Zwischenstopp wieder aufzunehmen, ist für den Pädagogen dann kein Problem. Sofort knüpft er da wieder an, wo er kurz zuvor stehengeblieben war, ist wieder bei der Sache. Achim Groll kann sich noch gut daran erinnern, dass er selbst alle Schulformen durchlaufen hat und dass das Schülerleben nicht immer unbeschwert ist. Im rheinhessischen Flörsheim-Dalsheim hat er zunächst die Hauptschule besucht, „weil ich in der Grundschule eine schlechte Deutschnote hatte“, schildert er. Dass er dann später das Abi mit Deutsch als Leistungskurs gemacht hat, ist für den Lehrer noch heute ein schöner Triumph. Und mit Blick auf seine Schüler ein Grund, vermeintliche Schwächen nicht gleich als absolut zu begreifen. Seine Schullaufbahn ist ein gutes Beispiel für die Durchlässigkeit des Systems: Von der Haupt- ging es als Nächstes auf die Realschule in Worms und schließlich auf „sein“ Wirtschaftsgymnasium in Ludwigshafen-Süd, das heute seine berufliche Heimat ist. Hier ist Achim Groll mittlerweile fest verwurzelt. Nach dem Studium der Wirtschaftspädagogik und Informatik in Mannheim kehrte er als Referendar an die Schule zurück. „Inzwischen bin ich hier schon seit 14 Jahren Lehrer.“ Der Wahl-Mannheimer weiß noch, dass er sich als Schüler in der Oberstufe sehr wohl gefühlt hat. Im Zuge des Neustarts habe er schnell Freunde gefunden. „In der elften Klasse war das hier ein Neuanfang für alle.“ Man könne sich ganz neu positionieren, alte Zöpfe abschneiden und erwachsen werden. Die meisten Schüler seien hochmotiviert, wenn sie ans Wirtschaftsgymnasium kommen. Was ist der große Unterschied zwischen einem Wirtschafts- und einem regulären Gymnasium? Zum einen werden die Fächer Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre sowie Informatik angeboten, erklärt Groll. Außerdem gehe es auch in allen anderen Fächern immer darum, einen Anwendungsbezug herzustellen und den Blick in die Arbeitswelt zu richten. Leichter ist es für die Absolventen des Wirtschaftsgymnasiums nicht, wischt er ein verbreitetes Vorurteil vom Tisch. Denn ebenso wie an allen anderen Gymnasien und Gesamtschulen steht am Ende eine teilzentrale Abiturprüfung auf dem Stundenplan. „Aber wir nehmen uns in der elften Klasse Zeit, Grundlagen zu wiederholen“, sagt Groll. Diese Zeit könne sich die BBS leisten, weil es bis zum Abitur volle drei Jahre dauert, während an den klassischen Gymnasien die Prüfungen schon nach zweieinhalb Jahren starten. Auf die Bilanz des Wirtschaftsgymnasiums ist Achim Groll sehr stolz: Jahr für Jahr schaffen 100 junge Frauen und Männer hier ihre Hochschulreife. 60 Prozent starten im Anschluss ein duales Studium, so schätzt der Lehrer, 20 Prozent gehen an eine Universität und ebensoviele absolvieren ein Austauschjahr oder eine Ausbildung. „Die meisten unserer Schüler haben ein genaues Ziel, einen Plan für ihr Leben.“ Nicht selten führt dieser die jungen Leute auch an die Hochschule Ludwigshafen, wo Achim Groll nebenbei seit zehn Jahren als Dozent für Wirtschaftsinformatik am Ostasieninstitut arbeitet. Achim Groll hat sich vorgenommen das Wirtschaftsgymnasium in den nächsten Jahren weiterzuentwickeln. „Ich will eine Laptopklasse einrichten, um den Unterricht mit den neuen Medien zu verbessern“, erzählt er von seinen Plänen. Zudem will er sich dafür einsetzen, die BBS als Europaschule auszubauen. „Das bedeutet die besondere Pflege eines toleranten Umgangs miteinander.“ Für Hobbys wie das Rudern bleibt da manchmal zu wenig Zeit. Das will Achim Groll aber wieder ändern, wenn er demnächst in ein neues Domizil direkt am Altrhein umzieht.

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