Ludwigshafen Saal oder Straße, Platz oder Promenade zum Kohl-Gedenken?

1. Juli 2017: Am Ludwigsplatz drehte der Leichenwagen mit dem Sarg Helmut Kohls eine Runde. Gut 1000 Menschen verabschiedeten si
1. Juli 2017: Am Ludwigsplatz drehte der Leichenwagen mit dem Sarg Helmut Kohls eine Runde. Gut 1000 Menschen verabschiedeten sich vom Altkanzler, der am 16. Juni 87-jährig verstarb.

Meinung am Montag: Dem Altkanzler gedenken – ja, aber in welcher Form? Darüber sind sich die Politiker im Stadtrat bis heute uneins. Fest steht, dass das emotional besetzte Thema 2019 aus dem Kommunalwahlkampf herausgehalten werden soll. Alle Fraktionschefs werben für eine breite Bürgerbeteiligung. Am Samstag jährt sich Helmut Kohls Todestag. Ein Meinungsbild.

Heike Scharfenberger, SPD: Einvernehmlich entscheiden

Sollte man Helmut Kohl in seiner Heimatstadt gedenken? Dazu antwortet Heike Scharfenberger mit einem klaren „Ja“. Kohl habe Geschichte geschrieben. „Die Deutsche Einheit und die europäische Einigung sind bleibend mit seinem Namen verbunden. Er trat vehement für den Erhalt des Friedens in Europa ein. Und damit stand er auch in der Tradition der Entspannungspolitik der sozialdemokratischen Bundeskanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt“, sagt die Ruchheimerin. Die Form des Gedenkens sollte der Landtagsabgeordneten zufolge „einvernehmlich im Stadtrat nach vorheriger Einbindung der Bürgerschaft“ entschieden werden. „Das Thema ist nach wie vor emotional belegt. Deshalb hat man sich auch in der letzten Gesprächsrunde der Fraktionsvorsitzenden bei Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck darauf verständigt, die Thematik in Ruhe und Besonnenheit zu bearbeiten.“ Peter Uebel, CDU: Vorschläge im Online-Format SPD-Koalitionspartner CDU vertritt eine ähnliche Position. „Als seine Geburts- und Heimatstadt stehen wir in der Pflicht, diesem großen Europäer, der zweifelsfrei auch Ecken und Kanten hatte, auf würdige Art und Weise zu gedenken“, sagt Peter Uebel. Derzeit laufe ein Findungsprozess. „Es gibt viele Überlegungen, welcher Platz, welche Straße oder welcher Saal nach ihm benannt werden könnte. Wir haben in der Runde der Fraktionschefs vereinbart, dass wir im Laufe des nächsten Jahres die Diskussion mit Vorschlägen gemeinsam mit den Bürgern führen werden. Kohl hat polarisiert. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Deshalb werden wir eine breite Bürgerbeteiligung anstreben“, so Uebel. „Hier sollten Vorschläge eingebracht werden und etwa in einem Online-Format möglichst viele Bürger mitbestimmen können. Ich bin sicher, dass wir in einem strukturierten Prozess eine angemessene Form eines Generationen überdauernden Andenkens an Kohl finden werden. Seine großen Verdienste werden uns gerade heute wieder bewusst, wo die europäische Einheit durch separatistische Strömungen auseinanderzubrechen droht.“ Hans-Uwe Daumann, Grüne: Konsens statt kreative Ideen „Helmut Kohl wird auch nach seinem Tod kontrovers betrachtet, er polarisiert in besonderen Maße die Menschen in seiner Heimatstadt“, sagt Hans-Uwe Daumann. „Am Ende wird man einen Platz oder eine Straße ohne Anwohner finden, der oder die seinen Namen trägt, so dass sich niemand belastet oder geschädigt sieht.“ Die Diskussion zum Gedenken an den Altkanzler sei überhastet angezettelt worden und deshalb im ersten Anlauf auch schiefgegangen. Sein Fazit: „Wir halten es daher weiterhin für falsch, mit vermeintlich kreativen Ideen die kritische Stimmung in Ludwigshafen zu ignorieren. Der zweite Versuch muss von der Stadtspitze gründlich vorbereitet, im Stadtrat mit großem Konsens beraten und mit allen unmittelbar betroffenen Bürgern diskutiert werden.“ Thomas Schell, FDP: Kohl-Festsaal im Pfalzbau „Die FDP hält es für richtig, die Leistungen von Helmut Kohl zu würdigen und in Erinnerung zu halten“, sagt Thomas Schell. „Dafür werde ich einen konkreten Vorschlag einbringen: Der Festsaal im Pfalzbau wird in ,Festsaal Helmut Kohl’ benannt und entsprechend beschildert. In diesem Saal fanden zahlreiche Veranstaltungen mit und für Kohl statt. Es ist der Saal, in den viele Bürger zu besonderen Anlässen eingeladen werden. Hier finden die jährlichen Neujahrsempfänge statt. Hier wurde Helmut Kohl 1977 vom KV Rheinschanze zum ,Pälzer Krischer’ ernannt. Es ist eine Würdigung mit sehr geringem Aufwand, aber großer Wirkung.“ Jede Einladung erinnere dann an Helmut Kohl. Die Widmung sollte in einem Festakt erfolgen. „Die FDP-Fraktion wird diesen Vorschlag beraten und in die Fraktionsvorsitzendenrunde sowie in den Stadtrat einbringen“, so Schell. Liborio Ciccarello, Linkspartei: Auf keinen Fall ein Denkmal „Helmut Kohl ist hier geboren, war Ministerpräsident unseres Landes und CDU-Bundestagsabgeordneter für Ludwigshafen. Er hatte seine Probleme mit der örtlichen CDU und war immer ein schwergewichtiger Gegner all dessen, was er für links hielt. Und er wollte nicht einmal in Ludwigshafen beerdigt werden“, sagt Liborio Ciccarello. „Trotz alledem: In Ludwigshafen muss man wohl oder übel dieses wichtigen und gewichtigen Sohns der Stadt gedenken.“ Die Benennung einer Straße nach Kohl lasse sich nicht umgehen. „Die Linke würde die Rheinpromenade für geeignet halten – als Verlängerung der nach Hannelore Kohl benannten Promenade. Kaum Anwohner, kaum Verkehr, aber repräsentativ“, fasst Ciccarello zusammen. „Auch eine Gedenktafel an seinem Wohnhaus in Oggersheim sollte angebracht werden.“ Auf keinen Fall sei die Linkspartei für ein Denkmal. Der Entscheidungsprozess sollte in Ausschüssen abgestimmt und vom Stadtrat besiegelt werden. „Eine Bürgerbefragung in dieser Angelegenheit ist die Kosten nicht wert.“ Rainer Metz, FWG: Ludwigsplatz umbenennen „Der Altkanzler war trotz mancher Fehler ein bedeutender Politiker und ein Sohn der Stadt. Daher sollte eine Ehrung erfolgen“, sagt Rainer Metz. Die FWG habe die Rheinallee von Beginn an für ungeeignet gehalten. „Alternativ hatten wir die Umbenennung des Ludwigsplatzes vorgeschlagen, weil nach dem Bayernkönig bereits die Ludwigstraße benannt ist. Der Platz wäre zentral in der City. Es wären auch nur 13 Anwesen, die postalisch davon betroffen sind. Anliegern könnte man bei den Kosten für Adressenänderungen finanziell helfen.“ Die Einschätzung, Kohl habe wenig Bezug zum Ludwigsplatz gehabt, entbehre jeder Grundlage. „So hatte der Altkanzler eine enge Beziehung zum Europa-Hotel, wo er auch mehrfach private Feiern veranstaltete“, argumentiert Metz. „Darüber hinaus sind wir auch für weitere Vorschläge der Bürger offen. Vor einer Entscheidung des Stadtrats müssen die Anwohner in einer Versammlung und der Ortsbeirat gehört werden, um breiten Konsens zu finden.“ Andreas Kühner, LKR: Helmut-Kohl-Magistrale „Die LKR ist der Auffassung, dass Kohl ein ehrendes Gedenken verdient hat“, sagt Andreas Kühner. Seine Fraktion stehe einer Straßenumbenennung positiv gegenüber. Im Stadtrat habe die LKR frühzeitig die Idee eingebracht, statt der Rheinallee die später tiefer liegende Hochstraße Nord als wichtigste Verkehrsader der Stadt „Helmut-Kohl-Magistrale“ zu benennen. Kühner: „Der Vorteil ist, dass dort keine Firmen oder Anwohner von einer Adressenänderung betroffen wären und die Straße bedeutungsvoll ist.“ Leider sei diese Idee von der ,GroKo’ im Stadtrat verworfen worden, weil zu viel Zeit bis dahin verstreiche. „Wir sehen das anders, weil es einfach wäre, entsprechende Schilder bereits jetzt an der Hochstraße anzubringen.“ Ferner biete sich an, Kohl im geplanten Neubaugebiet am Heinrich-Pesch-Haus eine neue größere Straße zu widmen – wegen seiner besonderen Verbindung zur katholischen Kirche. „Zudem wäre die Verbindung zu seinem Wohnort Oggersheim sichergestellt.“ Die LKR sei auch offen für Vorschläge der Bürger und könne sich einen Ideenwettbewerb vorstellen. Die Lösung der Stadt Mainz – ein halber, nach Kohl benannter Platz“ – sei eher eine armselige Lösung. „Dies sollte in Ludwigshafen vermieden werden.“ Das Thema aus dem Kommunalwahlkampf herauszuhalten und es erst danach mit der gebotenen Ruhe in den Fokus zu rücken, sei richtig.

Trauer um den Vor-Vorgänger und einstigen Mentor: Kanzlerin Angela Merkel.
Trauer um den Vor-Vorgänger und einstigen Mentor: Kanzlerin Angela Merkel.
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