Ludwigshafen Schön schräg

Das Licht geht aus, doch die Bühne bleibt leer. Stattdessen ertönen Rufe aus dem Foyer. Und irgendwas tutet, bald sind auch Akkordeon-Klänge zu hören. Im nächsten Moment kommt die Musikerin und Performancekünstlerin Erika Stucky durch den Besuchereingang ins Kulturzentrum Das Haus in Ludwigshafen spaziert. Zusammen mit den Vanecek-Zwillingen an Tuba und Posaune stimmt sie ein mitreißendes Konzert mit schrägem Witz an.

Gejodelt wird erst mal nicht – aber ganz ohne Almjuchzer will es die schweizer-amerikanische Künstlerin doch nicht bewenden lassen. Aber ihr langgezogenes „Joho!“ zum Einzug könnten sich auch Senner in der Schweiz über Täler hinweg zurufen. Und dass die Westpfälzer Roland und Bernhard Vanecek auf Tuba und Posaune wie auf Alphörnern tuten, ist auch kein Zufall. Mit den Zwillingen hat Stucky schon vor einigen Jahren zusammengearbeitet. Zum aktuellen Programm mit ausschließlich eigenen Stücken hat sie die Vaneceks wieder mit ins Boot geholt. Denn die sind nicht nur exzellente Musiker, sie haben auch den nötigen Humor und die Spontanität, die bei Stuckys Auftritten unabdingbar sind. Stucky wurde 1962 in San Francisco geboren, ihre Eltern kommen aus der Schweiz. Von der damals flippigen Hippie-Metropole zog die Familie in den 1970er Jahren in ein 500-Seelen-Dorf im Oberwallis. Für den Teenager Erika war das erst mal ein Schock. Aber auch mit Cervelatbraten, Trachtengruppe und Jodelverein kam sie zurecht. Und so verarbeitet sie bis heute die Einflüsse zweier ganz verschiedener Kulturen zu einer äußerst spannenden Mischung. „Stucky plays Stucky“ ist der Titel ihres Konzerts, bei dem sie erstmals ausschließlich eigene Stücke präsentiert. In Ludwigshafen wird dieses vom Verein Kultur-Rhein-Neckar in Kooperation mit dem Kulturzentrum Das Haus veranstaltet. Ihre Texte sind englisch und oft genug schön schräg: „If I give my heart to you / I have none and you have two“ („Wenn ich dir mein Herz schenke, hab ich keins und du hast zwei“) singt sie in einer Art Chanson. Und der Übergang vom englischen „You“ zum folkloristischen „Juuhuu!“ gelingt nahtlos. Ihr kleines Akkordeon bespielt Stucky auch nicht mit Ländlern oder Walzern, sondern verwendet es gern als Soundeffekt oder Harmoniefüller. Die Tuba von Roland Vanecek macht einen guten Bassgroove, den sein Bruder Bernhard auf der Posaune ergänzt. Auch sie arbeiten mit Effekten. So singt Roland in seine Tuba und Bernhard verwendet verschiedene Dämpfer. Diese Blechblas-Begleitung klingt erstaunlich leichtfüßig. Stucky, die natürlich aber im Mittelpunkt steht, hat ihre vielen Talente ausführlich entwickelt. Jazzsängerin hat sie gelernt, parallel eine Schauspielausbildung gemacht und dann noch mal eine Weiterbildung für Filmschauspielerei angehängt. Die Neigung zu visuellen Ausdrucksformen zeigt sich in Videoclips und Bildern, die Stucky selbst produziert und bei ihren Konzerten zur Musik zeigt. Bei ihren Auftritten verschmelzen Stucky und die Vaneceks Elemente der Volksmusik mit Jazz und Avantgarde, dargeboten mit viel Sinn für Inszenierung.

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