Ludwigshafen Schlagfertigkeit punktet

Volles Haus: Die Podiumsdiskussion verfolgten einige Zuhörer im Stehen.
Volles Haus: Die Podiumsdiskussion verfolgten einige Zuhörer im Stehen.

Richtig viel Applaus gab es am Ende für den Direktkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, Raik Dreher. Die Schlussfrage: Warum sollte man die Grünen wählen, beantwortete Dreher schlagfertig: „Weil wir für die Freigabe von Cannabis eintreten.“ Damit punktete der Verwaltungsjurist offensichtlich bei den Schülern aus vier Ludwigshafener Gymnasien, der Oggersheimer Gesamtschule Ernst Bloch und der Berufsbildenden Schule Sozialwesen, Gesundheit und Hauswirtschaft in Süd. Zwei Stunden lang hatten Oberstufenschüler des Carl-Bosch-Gymnasiums (CBG) in Mitte fünf Direktkandidaten mit Fragen zu unterschiedlichen Themen konfrontiert. Neben Dreher saßen Gerald Unger (Die Linke), Doris Barnett (SPD), Torbjörn Kartes (CDU) und Thomas Schell (FDP) auf dem Podium. Auch den AfD-Kandidaten Marcus Künster hätten die Schüler gern zu Themen wie Innenpolitik und Sicherheit, Integration und Sozialpolitik sowie Wirtschaft und Umwelt befragt. Künster hatte jedoch nach Angaben des Stadtjugendrings auf die Einladung nicht reagiert. Nicht nur die Politiker, auch die Zuhörer durften ihre Meinung zu zentralen Wahlkampfthemen loswerden. Mit grünen und roten Karten stimmten sie darüber ab, ob sich das Flüchtlingsproblem in Deutschland besser durch konsequente Abschiebungen lösen lässt. Die jugendlichen Befürworter von Abschiebungen waren dabei leicht in der Mehrheit. Eine klare Absage erteilten die Schüler dagegen einem Burkaverbot in Deutschland. Die Jugendlichen schlossen sich damit der Ansicht der fünf Politiker auf dem Podium an, dass sich jeder kleiden dürfe, wie er das für richtig hält. Das AfD-Wahlplakat „Burgunder statt Burka“ stieß auf heftige Kritik. Mit großer Mehrheit stimmten die Schüler indes dafür, dass die Politik die Autoindustrie für den Dieselskandal abstrafen soll und dass die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abgebrochen werden sollten. Schon im vergangenen Schuljahr hatten die CBG-Schüler unter der Leitung der Lehrer Daniela Wollschläger und Stefan Fölker mit den Vorbereitungen für die Podiumsdiskussion begonnen, sich Themen und Fragen gründlich überlegt. Sozialkundelehrer Fölker bilanzierte am Ende, dass sich Jugendliche eindeutig für Politik interessieren. „Aber sie müssen in der Schule an politische Themen herangeführt werden.“ Das sei in einer Stunde Sozialkundeunterricht für Zehntklässler pro Woche kaum machbar. Fölker bedauert das. Schließlich zog er ebenso wie die jugendlichen Moderatoren auf dem Podium das Fazit: „Politik geht alle an.“ Einige befragte Schüler gaben der Podiumsdiskussion gute Noten: Rose Abbas-Mohammad vom CBG fand die Debatte „sehr interessant“. Nach Ansicht der 16-jährigen Elftklässlerin haben die fünf Politiker auf die Schülerfragen mit Herzblut geantwortet. Rose freut sich, dass sich so viele Schüler für die politische Veranstaltung interessiert haben. Die 16-Jährige weiß zwar noch nicht genau, welche Partei sie mal wählen will, „aber der Tag heute hat mich ein Stück weiter gebracht“. Auch für Emily Haug war der Vormittag im Haus „interessant“. Sie kenne sich mit Politik noch nicht besonders gut aus, gesteht die 15-jährige Gesamtschülerin. Aber die Diskussion habe ihr dabei geholfen, sich eine eigene Meinung zu bilden. „Sehr gut gefallen“, hat Leon Arlt der Vormittag. Der 18-Jährige ist Schüler am CBG, macht im kommenden Frühjahr das Abitur und darf am 24. September auch zum ersten Mal wählen. Wie viele Wähler in Deutschland ist Leon zehn Tage vor der Wahl noch unentschlossen. Die Antworten der fünf Politiker seien bei einige Themen sehr schwammig gewesen, kritisiert er. Klare Aussagen haben ihm teilweise gefehlt. Vor diesem Hintergrund hat es ihm gut gefallen, dass auch die Zuhörer noch Nachfragen an die Politiker stellen konnten. Es sei ihm aber auch klar geworden, dass er sich mit keinem Parteiprogramm 100-prozentig identifizieren könne. Am Ende müsse man sich wohl für das kleinere Übel entscheiden. Für Daniel Hinkel war die Debatte spannend, weil die Politiker zu einigen Themen unterschiedliche Positionen vertreten haben. Leider hätten sie aber auch nicht für alles Lösungen parat, sagt der 18-jährige CBG-Schüler, der ebenfalls am 24. September erstmals wählen darf. Wem er dann seine Stimme geben wird, weiß er noch nicht.

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