Ludwigshafen Stadt setzt neues Modell für die Eingliederungshilfe um

„Wie möchte ich arbeiten“, ist für Menschen mit Behinderung eine essenzielle Frage, bei der es um die eigenen Bedürfnisse geht.
»Wie möchte ich arbeiten«, ist für Menschen mit Behinderung eine essenzielle Frage, bei der es um die eigenen Bedürfnisse geht.

„Es ist ein Meilenstein in der Unterstützung von Menschen mit Behinderung“, sagt Sozialdezernentin Beate Steeg (SPD). Denn mit dem Konzept „Lukas“ betritt die Stadt Ludwigshafen in der Eingliederungshilfe Neuland.

Wenn die Stadt und ihre Kooperationspartner das Konzept „Lukas“ mit jener geballten Personalstärke und Motivation umsetzen, mit der sie es am Mittwoch der Presse präsentiert haben, dann muss einem nicht bange sein. Die Abkürzung „Lukas“ steht für Ludwigshafener Konzept angewandter Sozialraumorientierung und ist sozusagen die neue Wegmarke dafür, das Hilfen für Menschen mit Behinderungen gezielter und bedarfsgerechter gestaltet werden sollen.

„Was ist der Wille dieses Menschen mit Behinderung? Handeln wir als Leistungsträger auch wirklich danach? Oder glauben wir nur, zu wissen, was gut für denjenigen oder diejenige ist?“ All diese Fragen, die Hans Michael Eberle beim Pressetermin sinnbildlich stellt, weisen bereits auf den Paradigmenwechsel hin, den es in Ludwigshafen künftig geben soll: nämlich die Umsetzung der Sozialraumorientierung in der Eingliederungshilfe. Die Stadt Ludwigshafen sei die erste in Rheinland-Pfalz, die diesen Weg so gehe, betont der Leiter des Bereichs Teilhabe, Pflege und Senioren.

Der Wille der Menschen im Vordergrund

Das Gesamtziel lautet: Menschen mit Behinderungen eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, sodass die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefördert wird. „Künftig wollen wir dafür die spezifischen Bedürfnisse und das persönliche Lebensumfeld von Menschen mit Behinderung bei der Gewährung von Hilfen analysieren und einbeziehen“, erklärt Eberle. Der Wille und die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen stünden damit im Mittelpunkt, was ihre Selbstbestimmung und Eigenverantwortung stärke.

Für diejenigen, die sich beim Modellprojekt „Lukas“ auf der Seite der Leistungserbringer befinden, bedeutet das neue Vorgehen, dass „Fragen stellen“ hoch im Kurs stehen wird. Etwa: Wie möchte dieser Mensch mit Behinderung arbeiten? Wer könnte ihn oder sie dabei unterstützen? Ist tatsächlich professionelle Hilfe notwendig oder gibt es auch eine andere Möglichkeit, dieser Person in ihrem Lebensumfeld ein inklusives Angebot zu machen?

Ressourcen vor Ort nutzen

„Nehmen wir mal an, es gibt jemanden, der eine psychische Beeinträchtigung hat“, nennt Yves Schmitt als Mitarbeiter des Evangelischen Diakoniewerks Zoar ein konkretes Beispiel. „Dann kann die Lösung sein, dass man diese Person zum Psychiater schickt.“ Möglich sei aber auch, dass plötzlich jemand sagt: Hey, es gibt im direkten Umfeld dieses Menschen auch eine Fußballmannschaft, die bereit ist, auf Personen mit psychischer Beeinträchtigung einzugehen und diese zu integrieren. „Bisherige Unterstützungsangebote berücksichtigen oft nicht ausreichend die Vorstellungen der betroffenen Menschen sowie die Ressourcen vor Ort“, betont Sozialdezernentin Beate Steeg. „Und deshalb stellen wir uns ganz bewusst dieser anspruchsvollen Aufgabe und wollen mehr als bisher die individuelle Lebenswelt der Einzelnen bei den Hilfen berücksichtigen.“

Hinter dem „wir“ steckt in diesem Fall neben der Ludwigshafener Stadtverwaltung eine ganze Reihe an Kooperationspartnern, die mit der Stadt bereits im sogenannten Eingliederungshilfeverbund zusammenarbeiten. Es sind dies die Caritas-Betriebsträgergesellschaft Speyer, die Diakonissen Speyer, das Evangelische Diakoniewerk Zoar, die Evangelische Heimstiftung Pfalz, die Lebenshilfe Ludwigshafen und das Ökumenische Gemeinschaftswerk Pfalz. Dieses gesamte Netzwerk eine der Wunsch, „die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu verbessern“, betont die Sozialdezernentin.

Programmstart Anfang 2025

Starten wird „Lukas“ laut Stadtverwaltung ab Anfang 2025 zunächst für neubeantragte Hilfeleistungen von Menschen, die in Ludwigshafen in ihrem häuslichen Umfeld wohnen. Bis Ende des Jahres werden aufseiten der Verwaltung deshalb Änderungen bei der Fallbearbeitung umgesetzt – und die Träger, die Leistungen erbringen, beginnen mit der Analyse, welche Möglichkeiten die Sozialräume im Einzelfall bieten. „Hier kann es darum gehen, ob Familien, Nachbarn, Kirchengemeinden, Vereine, der Kiosk von neben an und viele mehr Unterstützung leisten können, bevor es das Fachpersonal der Leistungserbringer tut“, erläutert Beate Steeg.

Das Projekt „Lukas“ werde auch wissenschaftlich begleitet, und zwar von Wolfgang Hinte, einem renommierten Experten auf dem Gebiet der Sozialraumorientierung.

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