Interview Warum ein Ludwigshafener Beamter Weihnachtspäckchen nach Osteuropa bringt

In Schulen und Kindertagesstätten hat Tobias Ohr im vergangenen Jahr Päckchen persönlich übergeben können. Im Bild: Schüler aus
In Schulen und Kindertagesstätten hat Tobias Ohr im vergangenen Jahr Päckchen persönlich übergeben können. Im Bild: Schüler aus dem moldawischen Chisinau, Mannheims Partnerstadt.

Tobias Ohr setzt sich seit drei Jahren für Kinder in Osteuropa ein. Im vergangenen Jahr hat er rund 4500 Weihnachtspäckchen in Moldawien persönlich übergeben und einen Truck des Konvois selbst gefahren. In diesem Jahr organisiert der 46-Jährige eine Päckchen-Sammelstation. Sein Ziel: 300 fertige Weihnachtspäckchen.

Herr Ohr, wie kommt der stellvertretende Leiter des Bereichs Recht hinter das Steuer eines Lkw?
Da muss ich ein bisschen ausholen. Ich wurde vor drei Jahren auf die Aktion der Weihnachtspäckchenkonvois aufmerksam. Sie haben damals Fahrer für 40 Tonner-Lkw-Hilfskonvois nach Osteuropa gesucht. Den Lkw-Führerschein habe ich im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit als Coach im Motorsport erworben. Und weil mir die Aktion, die es schon seit über 20 Jahren gibt, sinnvoll erschienen ist, mache ich mit.

Sie waren im vergangenen Jahr zehn Tage unterwegs. Was haben Sie davon mitgenommen?
Ich habe zusammen mit einem Kollegen das Führungsfahrzeug gefahren. Das waren einfach 2500 Kilometer bis zur Hauptstadt Chisinau in Moldawien. Wir waren 46 Stunden nonstop unterwegs. Als Hilfskonvoi ist man nicht an Ruhezeiten gebunden. Es waren 33 beeindruckende 40-Tonner und wir hatten rund 133.000 Weihnachtsgeschenke für Kinder in Moldawien, Rumänien und haben auch Geschenke in die Ukraine gebracht. Das Besondere ist, dass wir diese Geschenke auch selbst in den Schulen und Kindertagesstätten verteilt haben – bis auf die Ukraine. Da war das aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Hier haben wir die Pakete vor der Grenze an eine lokale Hilfsorganisation übergeben. Auch das ist ein Vorteil daran, dass es die Aktion Weihnachtspäckchenkonvoi schon so lange gibt. Die Strukturen sind gewachsen und man hat seine Ansprechpartner.

Tobias Ohr
Tobias Ohr

Und in diesem Jahr setzen Sie sich wieder hinters Steuer?
Nein. Man darf nicht vergessen, dass das auch körperlich eine enorme Anstrengung ist. Dafür habe ich mir in diesem Jahr vorgenommen, Menschen zu animieren, dass sie 300 Weihnachtspäckchen packen und bis zum 15. November bei uns abgeben. Eine echte Zielvorgabe ist das aber nicht. Wenn es 30 Päckchen sind, dann sind es eben 30. Jedes einzelne Päckchen hilft und bringt Freude.

Wen haben Sie dafür angesprochen?
Wir sprechen natürlich die Kitas und Schulen an, freuen uns aber, wenn die Aktion auch weiter streut. Wir möchten möglichst viele Menschen erreichen und für den Weihnachtspäckchenkonvoi gewinnen. Die Päckchen bedeuten für die Kinder in diesen wirklich armen Regionen Weihnachten. Es sind teilweise die einzigen Geschenke, die sie zum Fest bekommen.

Haben Sie auch die Freien Träger der Kindertagesstätten angesprochen?
Natürlich würde ich mich auch freuen, wenn sich die Freien Träger an der Aktion beteiligen, aber gerade die Kirchen haben zur Weihnachtszeit ja oft eigene Projekte.

Wie sollte so ein Weihnachtspäckchen aussehen?
Idealerweise hat es die Größe eines Schuhkartons und man erkundigt sich, für welche Altersgruppe, Schule oder Kita, und ob man für einen Jungen oder ein Mädchen packt. Informationen dazu gibt es auf der Homepage www.weihnachtspaeckchenkonvoi.de. Toll sind immer Kuscheltiere, Süßigkeiten, Malsachen oder auch Bälle – eben alles, was Kindern Freude macht. Kleidung ist weniger geeignet, weil die Päckchen nicht nach Kleidergröße sortiert werden können, aber Mützen, Handschuhe oder Schals gehen immer. Völlig ungeeignet sind leider elektronische Spielsachen oder auch Bücher in deutscher Sprache. Außerdem bitten wir um eine Spende von zwei Euro je Päckchen für die Unkosten dieser insgesamt ehrenamtlich getragenen Aktion. So beträgt schließlich allein eine Tankfüllung für einen Lkw jeweils rund 1800 Euro. Und wir haben 33 Lkw ...

Und das fertige Päckchen?
Wir haben dafür eine private Annahmestelle eingerichtet. Bei Karin Hildebrand, Jakob-Carra-Straße 13 in Lampertheim können Päckchen bis zum 15. November täglich von 8 bis 18 Uhr abgegeben werden. Das hat in der Vergangenheit immer sehr gut geklappt. Von dort bringen wir die Geschenke in die regionale Sammelstelle, wo sie nach Altersgruppe und Geschlecht vorsortiert werden und dann geht es in die bundesweite Sammelstelle bei Hanau, wo die Lkw beladen werden.

Und dann?
Dann fahren die Trucks ab dem 2. Dezember in Richtung Osten. Zunächst im Konvoi und später nach den einzelnen Ländern und Orten aufgeteilt immer gezielt zu Kitas oder Schulen, die vorab von unserer Organisation ausgewählt worden sind. Außerdem sind auch fünf Busse mit 250 Helfern mit dabei, denn die Fahrer können unmöglich auch noch das Verteilen selbst übernehmen.

Zur Person

Der 46-Jährige ist verheiratet und hat einen Sohn. Bei der Stadtverwaltung Ludwigshafen ist der ehemalige Rechtsanwalt, der seit seinem Eintritt in den Staatsdienst den Titel eines Stadtoberverwaltungsrats trägt, seit acht Jahren beschäftigt und stellvertretender Leiter des Bereichs Recht. Er unterstützt seit drei Jahren die Aktion Weihnachtspäckchenkonvoi.

Im Netz

www.weihnachtspaeckchenkonvoi.de

x