Ludwigshafen Warum große Brüste auch nicht helfen

Stefanie Titus begleitet Roswitha Goos am Klavier, die als die„Dame im Frack“ Stücke aus der Perspektive der Männer sang.
Stefanie Titus begleitet Roswitha Goos am Klavier, die als die»Dame im Frack« Stücke aus der Perspektive der Männer sang.

«Mutterstadt.» „Wegen Emil seine unanständ`ge Lust“ will Claire Waldoff nicht unters Messer. Und schon Altmeister Otto Reutter wusste, was man „alles wegen de Leut`“ so macht. Roswitha Goos, die „Dame im Frack“, brachte eine amüsante und frivole Matinee mit Couplets und Chansons der Altmeister zum Muttertag nach Mutterstadt. Ein Ratschlag kam aber wohl zu spät.

Die Mütter waren im Historischen Rathaus zahlreich vertreten und hatten Spaß. Roswitha Goos, begleitet von Stefanie Titus am Klavier, präsentierte Lieder, die zwar schon fast 100 Jahre alt sind – aber auch zeitlos aktuell. Und das Wort vom „schwachen Geschlecht“ war damals schon falsch. „Ich hab` zu viel Angst vor meiner Frau“, sang damals Otto Reutter. Die scheint ihn auch ganz gut im Griff gehabt zu haben. Sie sagt nicht viel – doch ihr Blick sagt alles, berichtet er. Sie kocht nicht gut – doch oft vor Wut. Roswitha Goos trat erst als die Dame im Frack auf und sang Stücke aus der Perspektive der Männer. Das war damals in den 1920er-Jahren schon etwas Verruchtes: mit Geschlechterrollen spielen, Männerkleider tragen. Marlene Dietrich wurde damit bekannt, aber auch andere Frauen traten damit unkonventionell und provokativ auf, wie etwa Claire Waldoff. Die Stücke, die Otto Reutter geschrieben hat, zeichnen sich durch bissigen Humor aus. Das ist Kabarett vom Feinsten und viele seiner Beobachtungen sind eigentlich auch heute noch gültig. Etwa „Alles wegen der Leut`“, das sehr schön beschreibt, was man so alles macht, weil oder wenn es andere sehen. Hauptsache man präsentiert sich, das trockene Brot zuhause sieht doch keiner. Das ironische Augenzwinkern, die bissigen Untertöne, das gibt Rosi Goos sehr schön den Liedern mit. Reutters bissiger Humor machte vor nichts halt, auch nicht vorm Sterben. Das Lied „Wennde sterbst“ empfiehlt die akribische Vorbereitung auf das Ableben. Man sollte daran denken, den Wecker abzustellen, und feine, aber bequeme Sachen anzuziehen, weil man lange liegen wird. Am besten stirbt man auch mit leeren Taschen, damit die Hinterbliebenen auch wirklich etwas zu weinen haben. Das Mutterstadter Publikum kam richtig gut in Schwung: „Veronika, der Lenz ist da“ mussten Goos und Titus nur anstimmen und schon machten alle mit. Im zweiten Teil kam die Sängerin in eleganter Abendkleidung und gab sich als Diva – mit „Rücken“, was ein Running Gag wurde, wenn sie sich bückte, um elegante Hüte oder später auch die Federboa aus dem Koffer zu holen. Da war sie dann „von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ und „verliebt in einen Mann, ich weiß nur nicht in welchen“. Ob Claire Waldoff tatsächlich eine kurze Affäre mit Marlene Dietrich hatte, ist nicht sicher. Sicher ist aber, dass sie sich den Umgestaltungswünschen ihres Gatten widersetzt: „Ich lasse keenen Doktor ran an meene Brust – wejen Emil seined unanständ`ge Lust“. Und sie berichtet in dem Stück auch, dass solche Operationen nicht unbedingt helfen: „Und macht er nicht von selber Tam-Tam, hilft ihm ooch die neue Brust nicht auf den Damm.“ Die Mischung aus frivolem Witz, feiner Ironie und bissigen Bemerkungen kam sehr gut an. Und was Männer und Frauen betrifft, da haben die Mütter ja einige Erfahrung und konnten den Spaß genießen. Otto Reutters Rat „Nehmen Sie `n Alten“ hatte sich für die meisten schon erledigt.

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