Ludwigshafen Wenn drei Schlagwerker einen Tisch bearbeiten

Peter Saldo ist nicht nur Solopauker bei den Münchner Philharmonikern, sondern auch Professor am Mozarteum in Salzburg und Berater bei der Entwicklung von Schlagwerk. Mit den Paukern und Schlagzeugern der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland Pfalz hat er ein Kammermusikkonzert für Schlagwerk einstudiert.

Wer glaubt, das Schlagzeug sei vor allem dazu da, Krach zu machen, irrt sich. „Es gibt über 5000 verschiedene Rhythmusinstrumente“, verriet Peter Saldo, der schon mit Dirigenten wie Leonard Bernstein oder Daniel Barenboim im Orchestergraben gestanden hat, in der Anmoderation zu seinem Auftritt in Ludwigshafen. Die Bühne war proppenvoll mit Pauken, Trommeln, Becken, Klanghölzern unterschiedlicher Form, Regenmachern, Vibraphonen aus Holz oder Metall, Marimbas und jeder Menge Kleinkram. Das Programm führte mit insgesamt sieben Schlagwerkern durch unterschiedliche Kulturkreise und gab Einblicke in die Vielseitigkeit im Umgang mit Rhythmen. Zu den merkwürdigsten Klangexperimenten gehörte „Music de Table“ von Thierry de Mey, einem Terzett für drei Schlagwerker, die mit bloßen Händen einen Tisch bearbeiten. Dabei streichen sie mit der flachen Hand zärtlich Scharrgeräusche, zuweilen erinnern ihre Bewegungen an Kinderspiele wie „Alle Vögel fliegen hoch“ oder „Wir haben Hunger, Hunger, Hunger“. Es entbehrt nicht der Komik, wenn drei erwachsene Männer in schwarzem Outfit den ehrwürdig klimatisierten Saal der Philharmonie mit Klopf-, Scharr-, Klatsch- und Streichgeräuschen erfüllen, hochkonzentriert und voller Inbrunst, synchron und auch azyklisch mit den Händen einen Tisch verkloppend. Sechs Seiten Notation und 14 Seiten Legende, die die Notation präzise erklärt, sind nötig, um diese ausgefallene Ballett für sechs Hände auf Papier zu bringen. Drei Wochen haben Peter Saldo und die beiden Schlagwerker gebraucht, um diese Rarität präzise zu proben. Das Ergebnis ist atemberaubend, komisch und mitreißend zugleich. Auch die Interpretation der japanischen Rhythmik „Marimba Spiritual“ von Minoru Miki riss mit. Sieben Schlagwerker sind hier gemeinsam zu Gange, um drei Marimbas, verschiedene Gongs, sowie hölzerne und metallische fremdartige Rasseln und Glöckchen zu bearbeiten. Auch die menschliche Stimme ist Teil der Komposition, wenn die Männer an festgelegten Stellen stimmhaft ausatmen und die kraftvollen Rhythmen unterstützen. Alle spielten einfühlsam. Schließlich gehören Pausen und Innehalten genauso zum Handwerk wie rasante Wirbel und pulsierende, sich zu ekstatischen Höhen aufschwingende Rhythmen. Einfach war es nicht, auf den Stühlen sitzen zu bleiben bei diesem Feuerwerk aus Kraft, Präzision und guter Laune. Die Gesichter der Schlagwerker verrieten Emotionen vom aufmerksamen Hören bis hin zu aufbrausender Freude. Nur der Titel der Veranstaltung „Rhythm is it“ war etwas irritierend, weil er an das gleichnamige Tanzprojekt der Berliner Philharmonikern mit Jugendlichen erinnert. Aber auch hier war an den Nachwuchs gedacht. Die Classic-Scouts des Heidelberger Frühlings und eine Schulklasse des Gymnasiums Edenkoben durften bei den Proben zusehen und Fragen stellen.

x