Ludwigshafen Wir müssen reden!

Auch bei Regenwetter sorgen Strandkörbe und Sonnenblumen für Sommerstimmung bei Christiane Vopat, Renate Morgenthaler, Simon Rap
Auch bei Regenwetter sorgen Strandkörbe und Sonnenblumen für Sommerstimmung bei Christiane Vopat, Renate Morgenthaler, Simon Rapp, Peter Uebel, Cornelia Reifenberg und Michael Schmid (von links).
Nur ein Gästezimmer

Zwei Städte, nur noch ein Theater? Nein. Die Ludwigshafener Kulturdezernentin und Bürgermeisterin Cornelia Reifenberg (CDU) macht in Richtung Mannheim eine klare Ansage, wenn es um das gesuchte Ausweichquartier für das dortige Nationaltheater geht. Das soll demnächst mehrere Jahre lang saniert werden und der Spielbetrieb daher teilweise im Ludwigshafener Pfalzbau über die Bühne gehen. Von 180 Spieltagen der Mannheimer Akteure ist dabei die Rede. Ludwigshafen biete der Nachbarstadt gern ein Gästezimmer an, aber nicht gleich das ganze Haus, sagt dazu Reifenberg. Das Gastrecht dürfe nicht überstrapaziert werden. Das sieht die kulturpolitische Sprecherin der CDU-Stadtratsfraktion Renate Morgenthaler genauso. Es müsse eine Lösung gefunden werden, die für das Mannheimer Nationaltheater und das Theater im Pfalzbau tragbar sei. Reifenberg rechnet damit, dass die Gespräche über Ausweichquartiere ab Mitte September fortgesetzt werden, wenn auch in Mannheim die Sommerpause vorbei ist. Für die Kulturdezernentin steht fest: Die erfolgreichen Ludwigshafener Festspiele dürfen nicht angerührt werden. Mehr Austausch nötig Während der Amtszeit von Oberbürgermeisterin Eva Lohse (CDU) gab es zwischen Ludwigshafen und Mannheim nach der Einschätzung des Ludwigshafener LKR-Fraktionschefs Andreas Kühner gar kein Verhältnis. Der 55-Jährige führt das darauf zurück, dass der Mannheimer OB Peter Kurz (SPD) Sozialdemokrat ist. Kühner hofft, dass sich die Beziehungen unter der neuen Ludwigshafener OB Jutta Steinruck (SPD) verbessern, dass etwas zwischen den Nachbarn in Bewegung kommt. „Wir brauchen einen besseren Austausch zwischen den Städten, nicht nur auf der Verwaltungsebene“, meint Kühner. Win-win-Situation Keine Fortschritte macht derzeit eine städteübergreifende Verkehrskommission, die die CDU für Ludwigshafen und Mannheim gefordert hat. Das soll sich nach dem Willen des Ludwigshafener CDU-Stadtratsfraktionssprechers Peter Uebel ändern. Denn aktuell hat der 54-Jährige oft den Eindruck, dass große Projekte nicht abgesprochen sind. „Mit Blick auf den geplanten Ludwigshafener Stadtumbau ist das aber wichtig“, fordert Uebel mehr Kommunikation. Als positives Beispiel für eine gute Kooperation über den Rhein hinweg nennt Uebel die Zusammenarbeit der Krankenhäuser in den Nachbarstädten. Die hätten gerade erst eine gemeinsame IT-Gesellschaft gegründet, wusste der Mediziner aus der Gartenstadt zu berichten. Das sei eine gute Sache und eine Win-win-Situation für beide Seiten. Der Christdemokrat bedauert, dass unter der neuen OB Jutta Steinruck das Ludwigshafener Logo mit dem Zwinkergesicht wieder abgeschafft wurde. Ebenso wie das umfangreiche Kulturangebot in der Stadt habe es zum Imagewandel beigetragen und signalisiert, dass Ludwigshafen eine moderne und weltoffene Stadt ist. Probleme für Fahrradfahrer Mit dem Auto ist RHEINPFALZ-Leserin Marianne Kuntze aus der Gartenstadt gar nicht mehr unterwegs. Die 82-Jährige nimmt lieber das Fahrrad oder den Bus und die Straßenbahn. Bei den Fahrradwegen sieht die Ludwigshafenerin noch Verbesserungspotenzial. „Dort parken sehr oft Autos. Auch Fußgänger laufen hier wie selbstverständlich und sagen dann, ich könnte ja auf der Straße fahren“, klagt die Rentnerin. Ein weiteres Problem seien die vielen Schlaglöcher in den Nebenstraßen. „Dort sind nicht so viele Autos unterwegs, sonst hätten die sich längst beschwert.“ Das Projekt Hochstraße verfolgt Kuntze mit Interesse. Vor allem beschäftigt sie die Frage, wer zu welchen Teilen die Kosten für die Baumaßnahmen trägt. „Die neue Hochstraße wird aber eh nicht mehr zu meiner Lebzeit eingeweiht“, glaubt die Seniorin. Negativreklame für Oggersheim Auch Themen abseits von Verkehr und Hochstraße beschäftigen die Ludwigshafener. Der Liebe wegen ist Hans-Jochen Kretzer vor Kurzem von Neustadt nach Oggersheim gezogen. Dem 76-Jährigen brennen gleich zwei Themen unter den Nägeln. Eines betrifft die Metallstelen, die vor dem Schiller- und dem Rathaus in Oggersheim stehen. Auf dem Papier, das darin eingebettet sei, stünden historische Daten für Touristen, berichtet Kretzer. Um die Instandhaltung kümmere sich aber offenbar niemand. „Das Papier ist von Feuchtigkeit und Regen mittlerweile völlig aufgeweicht, das Ganze sieht aus wie Sau“, bemängelt er. Die Ortsvorsteherin habe er bereits informiert. Passiert sei aber nichts. „So wie es derzeit aussieht, ist das fast schon eine Negativreklame.“ Den Pfälzer beschäftigt noch ein zweites Thema. Parallel zur Rolltreppe, die am Bahnhof Mitte von Gleis 1 nach unten zum Ausgang führt, verlaufe eine Art Edelstahlrutsche. „Das hat wohl optische Gründe“, vermutet Kretzer. Das Problem: Oben fehle eine Absperrung. „Für Kinder kann das gefährlich sein.“ Bei der Deutschen Bahn, die für den Bahnhof zuständig ist, habe offenbar niemand mitgedacht. Gute Anbindungen Brigitte Adler, pensionierte Lehrerin aus Ruchheim, lobt den öffentlichen Nahverkehr. In Ruchheim profitiert sie von der Stadtnähe und dem gut ausgebauten Straßenbahn- und Busnetz. Sie sieht vor allem im Ticket ab 60 eine tolle Chance für Rentner, mobil zu bleiben. Damit verzichtet sie komplett auf das Auto und erreicht alle Ziele mit der Bahn. Sogar ihre besten Freunde haben sie und ihr Mann, der kürzlich verstorben ist, in der Straßenbahn kennengelernt. Leider fahren ihrer Meinung nach noch zu viele Ruchheimer mit dem Auto. Das liegt daran, dass das Linien- und das Ticketsystem kompliziert für Einsteiger sei. Wenn die Arbeiten an der Hochstraße losgehen, werde sich das aber ändern, so ihre Prognose. Wenig Attraktives Dass Ludwigshafen unter jungen Leuten in Mannheim keinen guten Ruf genießt, berichtet der Vorsitzende der Jungen Union, Simon Rapp. Für die Mannheimer Studenten gebe es in Ludwigshafen wenig Attraktives. Dass die Mieten auf der linken Rheinseite günstiger sind, spielt für Erstsemester keine so große Rolle wie das schlechte Image der Arbeiterstadt. Und die Studenten der Ludwigshafener Hochschule seien von der Innenstadt abgeschnitten, weil der Posttunnel auch nach jahrelangen Diskussionen noch geschlossen sei. Ein Imagewandel braucht nach Ansicht des 22-Jährigen viel Zeit. Das sei auch im Mannheimer Jungbusch ein langer Prozess gewesen. Viele Puzzleteile seien nötig, damit aus einem Brennpunkt ein Szeneviertel entsteht. Platz für Veränderung Nein, neidische Blicke in die Mannheimer Innenstadt werfe er nicht, bekräftigt Lukom-Geschäftsführer Michael Cordier. Im Gegenteil: „In Ludwigshafen haben wir schon verinnerlicht, dass die beiden Städte Mannheim und Ludwigshafen zusammengehören.“ Deshalb bringe es die Metropolregion nur voran, wenn auch Ludwigshafen ein attraktiver Standort sei. Um sich vom Angebot der Schwesterstadt abzugrenzen, habe man sich deshalb auf die Themen „Junges Einkaufen“ und „Einkaufen am Rhein“ konzentriert. Überhaupt sieht er in Ludwigshafen zunächst einmal ein großes Entwicklungspotenzial. „Wir haben die Fläche, um uns zu verändern. Das haben wenige Städte.“ Er freute sich deshalb, dass der Umzug von TWL und Pfalzwerken in den kommenden Jahren Frequenz in die Innenstadt bringen werde. Der Handel müsse und werde darauf reagieren.“ Er bedauert allerdings, dass das Land keinen Hochschulcampus in der Innenstadt unterstützt. Die Studenten würden ein weiteres Angebot in Handel und Gastronomie generieren. Ganz entspannt Fabian Burstein empfindet die Nachbarschaft zu Mannheim als einen „positiven Wettbewerb“. Der Ludwigshafener Kulturmanager glaubt, dass gerade der kulturelle Bereich von diesem Wettbewerb profitiere. „Wir pushen uns damit gegenseitig zu Höchstleistungen.“ In Ludwigshafen helfe dabei die entspannte Haltung, die er bei den Entscheidungsträgern beobachtet hat, auch und gerade im Umgang mit Negativmeldungen. So habe Ludwigshafen die Bewertung als „hässlichste Stadt Deutschlands“ überaus positiv verarbeitet. Als Beispiel nennt Burstein die gut besuchten besonderen Stadtführungen. Einer für alles Ein kleines bisschen beneidet Lutz Pauels, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Mannheim-City, seine Ludwigshafener Kollegen: „In Mannheim haben wir eine Trennung in Stadtmarketing, Werbegemeinschaft, Parkhäuser, Kongressveranstalter M:con und noch einige andere mehr“, was einiges an Koordinierungsarbeit bedeute, erklärt Pauels die Lage. „In Ludwigshafen ist Michael Cordier Ansprechpartner für alles.“ Die Zusammenarbeit klappe allerdings gut. „Gerade im Kulturbereich läuft es sehr gut“, verweist er auf Mannheimer Unterstützung beim Festival des deutschen Films auf der Parkinsel oder beim Internationalen Straßentheaterfestival. „In Sachen Marketing könnte man für die Region aber mehr machen“, bilanziert Pauels selbstkritisch. Die Menschen in der Mannheimer City hat Pauels besonders im Blick. „Wir müssen versuchen, die Anzahl der Autos in der Innenstadt zu reduzieren“, lautet sein Ziel. Dafür erarbeitet er derzeit gemeinsam mit vielen Gesprächspartnern ein Gesamtkonzept, verrät er. Die Entscheidung der Parkhausbetriebe, die Preise zu erhöhen, sei dabei kontraproduktiv. Abendbummel und Wissensnacht Jens Flamann von den Mannheimer Stadtevents wirbt bei der Sommerredaktion für mehrere Veranstaltungen, etwa die Reihe „Hoch hinaus“, den „Abendbummel“ oder auch die „Wissensnacht Rhein-Neckar“. „Die Zusammenarbeit mit Ludwigshafen klappt hervorragend“, betont er. Er habe den Eindruck, dass die Bereitschaft, etwas auf die Beine zu stellen, hier größer sei als in Mannheim. Immerhin: „Beide Städte haben erkannt, dass es die Menschen sind, die eine Stadt ausmachen.“ Den Ludwigshafener Weg, für Menschen attraktiv zu werden, Frequenz in die Innenstadt zu bringen, hält er für richtig.

Andreas Kühner
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C. Reifenberg
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Simon Rapp
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Jens Flamann
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Peter Uebel
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Michael Cordier
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Fabian Burstein
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