Ludwigshafen Wochenspiegel:

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Die BASF mag Chemie-Weltmeister sein. Weltmeister im sensiblen und angemessenen Umgang mit einem Unglücksfall wie jenem vom Montag ist der Konzern ganz offensichtlich nicht. Beispiel 1: Vorstandschef Kurt Bock hat sich erst gestern (mit einer Videobotschaft!) den Mitarbeitern gezeigt. Viel zu spät. Vom führenden Mann darf man mehr Taktgefühl und Rückgrat erwarten. Beispiel 2: In der Nacht zum Donnerstag wurde damit begonnen, einen der beiden Steamcracker wieder hochzufahren (um 1 Uhr!). 60 verunsicherte Anwohner haben sich daraufhin unter der Notfallnummer der Stadt gemeldet. Beispiel 3: Vor der gestrigen Pressekonferenz zu den Messwerten hat die BASF ihre Daten den Vertretern von Stadt und Feuerwehr nach RHEINPFALZ-Informationen erst eine halbe Stunde vor Beginn auf einem lapidaren DIN-A4-Blatt übermittelt. Professionell ist anders. Beispiel 4: Dem größten Arbeitgeber der Region hätte es gut zu Gesicht gestanden, Anwohner mit einer Botschaft im Briefkasten über die Ereignisse und das weitere Vorgehen des Unternehmens zu informieren. Auch ein Wort des Bedauerns wäre auf diesem Weg möglich gewesen. Der Konzern wirft momentan mehr Fragen auf, als er beantwortet. So beschädigt er schrittweise sein eigenes Denkmal. Einer, der keiner Frage ausweicht und schlecht vorbereiteten Journalisten schon mal den Ball zurückwirft, ohne dabei pampig zu werden, ist Feuerwehrchef Peter Friedrich. Mag sein, dass der Mann einfach mehr Erfahrung mit solchen Ereignissen hat. Die Gasexplosionen in Harthausen und Edigheim sowie den Großbrand auf der Parkinsel hat er souverän gemanagt. Schade, dass er 2017 in Ruhestand geht. Wie sensibilisiert die an den Grenzen zu den BASF-Toren lebenden Menschen nach der Explosion inzwischen sind, zeigt eine Episode, die Friedrich bei einer Pressekonferenz am Dienstag schilderte. So hätten Anrufer seltsame Gerüche gemeldet, die sie an Kohl (gemeint ist das Gemüse) erinnerten. Hinterher stellte sich heraus, dass ein Traktor mit einem Anhänger voller Kohlköpfe durch die Straßen gefahren war. Das, so Friedrich, dokumentiere den aktuellen Grad der Verunsicherung im Umfeld des Stammwerks.

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