Ludwigshafen „Wollen etwas Besonderes bieten“

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Er wolle dem Publikum wieder „etwas Besonderes bieten“, das es ansonsten in der Region nicht zu sehen bekomme. So kündigte Tilman Gersch, der Intendant des Theaters im Pfalzbau, gestern die Festspiele Ludwigshafen an. Neben Tanztheater bildet eine Werkschau mit Inszenierungen vom Thalia Theater Hamburg einen Programmschwerpunkt.

Das Festival „Offene Welt“, bislang im Frühjahr veranstaltet, wird diesmal vom Theater im Pfalzbau nicht mehr als eigenständiges Festival gefeiert, sondern in die Festspiele einbezogen. Es wird sich auch nicht mehr über fünf Tage erstrecken, sondern nur noch über ein Wochenende. Der Grund: Es fehlt das Geld. Das Land Rheinland-Pfalz erlaube es nicht mehr, Finanzmittel aus dem europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) für kulturelle Zwecke zu verwenden, sagte Kulturdezernentin Cornelia Reifenberg. Mit Efre-Geld war das Festival „Offene Welt“ finanziert worden, als Intendant Tilman Gersch es im März 2015 etablierte, kurz nachdem er das Theater übernommen hatte. Das Festival widmete sich den Themen Migration, Flucht, Ausgrenzung und interkulturelles Zusammenleben und brachte deutschsprachige und internationale Theaterproduktionen auf die Bühne. Im Frühjahr 2016 wurde es in stark reduzierter Form fortgesetzt. Ein drittes Mal kann das Theater im Pfalzbau es nur noch innerhalb der großen Festspiele veranstalten. „Mir ist die Geste wichtig“, begründete Gersch, warum er es nicht völlig aufgegeben hat. Seine Beharrlichkeit ist auch im Hinblick auf die Flüchtlingssituation, eine zunehmend fremdenfeindliche Stimmung und Diskussionen über Integration zu sehen. „Es herrscht sicherlich ein anderes Klima als 2015“, stellte er fest. Angesichts der Finanzsituation meinte die Kulturdezernentin, die erst jüngst mit den Kaiserslauterer und Trierer Kollegen in einem Brandbrief bei der Landesregierung Alarm geschlagen hatte: „Der Kulturauftrag ist gefährdet.“ Es sei ein Punkt erreicht, wo nur noch eine Schließungsdebatte geführt werden könne, sagte Reifenberg gestern. Von den zehn am höchsten verschuldeten Städten in Deutschland lägen sieben in Rheinland-Pfalz. Es sei an der Zeit, sich Gedanken über den Landesfinanzausgleich zu machen. „Offene Welt“ findet vom 14. bis 16. Oktober statt. Nach der Festspieleröffnung mit dem Thalia Theater und einer Bühnenadaption von Orhan Pamuks Roman „Schnee“ stellen sich tags darauf drei Projekte mit Bürgerbeteiligung vor. Der Verein „Respekt: Menschen“ zeigt den Film „Morgenland“ über unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Luise Rist liest aus ihrem Buch „Rosenwinkel“ über die Abschiebung eines Roma-Mädchens. Ferner gibt Luise Rist nochmals ihr Stück „Friedensstraße“ mit Jugendlichen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und Deutschland. Schließlich erkundet die Theaterpädagogin Barbara Kantel mit 25 Jugendlichen den Begriff „Willkommenskultur“. Am Abend gibt die Gruppe Mark Ernestus’ Ndagga Rhythm Force ein Konzert im Gläsernen Foyer. Die Musiker aus dem Senegal spielen keine eingängige Popmusik, sondern eine Mischung aus Dub und Reggae. Am Sonntag wird wieder auf dem Platz vor dem Pfalzbau und im Gläsernen Foyer das „Weltfest“ gefeiert. Danach stellt der Kanadier Darren O’Donnell sein „Hemsbach Protocol“ vor. In einem Flüchtlingswohnheim hat er im Zuge des Kunstprojekts Matchbox Integrationsansätze getestet. „Offene Welt“ klingt aus mit einem Auftritt der Needcompany. Die Gruppe um den Belgier Jan Lauwers, die sich dem experimentellen Tanztheater verschrieben hat, ist schon einmal während der Schillertage 2011 in der Mannheimer Kunsthalle mit „The House of Our Fathers“ aufgetreten. Nach Ludwigshafen kommt sie mit „The Blind Poet“, einer genealogischen Spurensuche, die bis ins 11. Jahrhundert zurückführt. Die Festspiele widmen ihre Werkschau dem Thalia Theater. Tanzkurator ist Honne Dohrmann vom Mainzer Staatstheater. Er hat ein Programm mit hochkarätigen Tanzensembles, einer europäischen und vier deutschen Erstaufführungen zusammengestellt. Kultur

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