Neustadt Über den Tellerrand

Ein weiteres Projekt: Michel-Maurice Klein, Pascal Hess und Mohammed Yusuf (von links) bei der Umgestaltung einer Telefonzelle,
Ein weiteres Projekt: Michel-Maurice Klein, Pascal Hess und Mohammed Yusuf (von links) bei der Umgestaltung einer Telefonzelle, die als »Bücherbox« in Neustadt oder der französischen Partnergemeinde aufgestellt wird.

Eine grenzüberschreitende Radtour von Neustadt nach Straßburg entwickeln Schüler der Berufsbildenden Schule (BBS) zusammen mit dem Lycée Hurlevent in Forbach. Das Projekt, das Wegmarken entlang der Strecke sowie den Einsatz einer App mit Hintergrundinformationen zu historischen Stätten umfasst, ist Teil der Zertifizierung Europaschule, die die BBS im April 2018 erhielt. Wenn die App erst mal fertig ist, soll sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. In einer gemeinsamen Projektwoche mit den Schülern der französischen Partnerschule wurde das Projekt entwickelt, erzählt Pascal Hess von der Berufsschule I Technik. Die deutschen Jugendlichen seien dabei, Wegmarken aus Metall zu bauen, die an der Strecke der Radtour aufgestellt werden. Die französische Schule kümmere sich um das Design und entwerfe Logos. Die App wird laut Lehrer Dennis Bug vom Pädagogischen Landesinstitut zur Verfügung gestellt und von den Schülern mit im Unterricht erarbeiteten Informationen gefüllt, etwa zum Hambacher Schloss oder zum St. Germanshof an der deutsch-französischen Grenze. Somit soll das Ganze auch das Verständnis der Nutzer für demokratische Werte und europäische Zusammenarbeit schulen. Im Februar wollen die deutschen Schüler eine gemeinsame Arbeitswoche in Forbach verbringen, und für Mai ist eine gemeinsame Radtour geplant, erzählt Michel-Maurice Klein. Schließlich wollten die Jugendlichen ihre App testen. Die Tour, die die Schüler innerhalb eines Jahres erstellen, ist als „erster Spatenstich“ gedacht, sagt Dennis Bug. Er hoffe nicht nur, dass weitere Klassen das Projekt fortführen, sondern auch, dass sich andere Schulen anschließen und weitere Routen sowie Infopunkte in die App einpflegen. Die Berufsschule I Technik setzt indes noch ein weiteres Projekt mit dem französischen Partnergymnasium um. Aus ausrangierten Telefonzellen, die Dennis Bug zufolge Telecom France zur Verfügung stellt, bauen sie Bücherboxen, die nach einem einfachen Prinzip funktionieren: Wer den passenden Schmöker gefunden hat und ein Buch herausholt, stellt ein anderes hinein. Eine Bücherbox wurde bereits in Haardt aufgestellt. 55 Schulen wurden in Rheinland-Pfalz wegen ihrer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit anderen Lehreinrichtungen als Europaschulen ausgezeichnet, berichtet Lehrerin Dorith Hames. Durch die Zertifizierung könnten die Schulen unter anderem Anträge auf Fördergelder für bestimmte Projekte stellen. Die BBS setze die Mittel so ein, dass die Schüler sich einen Eindruck der europäischen Verständigung verschaffen können, erzählt die Lehrerin. Die Französischkurse besuchten das Europäische Parlament in Straßburg, oder es werde eine Abschlussfahrt zu den EU-Institutionen in Brüssel organisiert. Zudem treffen sich Vertreter der Schulen regelmäßig zum Austausch. Bei der Zusammenarbeit mit Schulen im Ausland werde darauf geachtet, dass sich die Lehrinstitute mit ähnlichen Thematiken beschäftigen, aber unterschiedliche Schwerpunkte setzen, sodass man sich bei der Bearbeitung von Projekten ergänzen kann, erklärt Hames. Die Jugend-forscht-AG bearbeitet mit zwei Schulen aus Oppeln in Polen ein weiteres Vorhaben. Es geht um die Entwicklung einer Armprothese, wie Marcus Peter erzählt, der mit seinem Mitschüler Walter Georg Kosovsky an dem Projekt „Let’s tackle it“ arbeitet. Die Schüler bringen fächerübergreifende Kenntnisse aus Elektrotechnik, Informatik und Robotik ein. „Wir sind fürs Programmieren zuständig“, sagt Marcus Peter. Die polnischen Schüler übernähmen die technische Seite, entwickelten die Prothese und stellten sie mit einem 3-D-Drucker her. Das Projekt sei spannend, auch weil die Schüler Aufbau und Funktion des Unterarms genau untersuchen. Sie messen die elektrische Spannung in den Muskeln, erzählt Peter. Sogenannte myoelektrische Prothesen werden von einer Batterie betrieben und durch Muskelkontraktion in Bewegung gesetzt. Die Schüler arbeiten laut Kosovsky größtenteils eigenständig, Lehrer stünden zur Unterstützung bereit. Zum Programmieren gebe es Vorlagen zur Orientierung. „Wir lernen durch Nachahmung“, meint Kosovsky. Auch die Internet-Plattform Pinterest, auf der Ideen und Projekte gesammelt werden, sei hilfreich. Bei einem Treffen mit den polnischen Schülern sollen die Projektteile zusammengeführt werden. Andere BBS-Schüler, die dem Technischen Gymnasium angehören, bearbeiten ein bautechnisches Projekt mit dem Lycée Le Corbusier in Illkirch. Jugendliche aus der Partnerschule kamen im Dezember zu Besuch (wir berichteten). Zusammen untersuchten die Schüler Baustile historischer Gebäude in Speyer, Heidelberg und Neustadt. In einem Glossar werden die gesammelten Daten festgehalten – in drei Sprachen, denn die französischen und deutschen Schüler griffen teilweise auf Englisch zurück, um sich zu verständigen, erzählt Fabienne Schäfer. Das Glossar werde in einem virtuellen Klassenzimmer festgehalten, dem Twin Space, auf den beide Schulen Zugriff haben. Im April besuchen die Neustadter ihre Partner, um Straßburger Baustile zu erkunden. Auch moderne Baukunst wollen die Schüler während des zweijährigen Projekts untersuchen.

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