Neustadt 100 Jahre Kleintierzuchtverein: Ein „Gen-Hase“ und stimmgewaltige Gockel

Die Kanin-Hop-Gruppe „Happy Hoppers“ hat sich im Verein etabliert.
Die Kanin-Hop-Gruppe »Happy Hoppers« hat sich im Verein etabliert.

Seit einem Jahrhundert gibt es den Kleintierzuchtverein in Lachen-Speyerdorf. Mehr als 40 Jahre sind die Vorsitzenden Wolfgang Herrmann und Bernhard Sauter Teil des Kult-Vereins, der ihnen bis heute schöne, lustige und auch kuriose Momente beschert.

1924 als reiner Kaninchenverein gegründet, ging es den Mitgliedern noch nicht darum, die schönsten Tiere zu züchten und Preise mit ihnen zu gewinnen. „Ursprünglich ging es beim Züchten der Kaninchen nur um die Ernährung“, erklärt der erste Vorsitzende Wolfgang Herrmann. „Es waren harte Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg.“ Da nach dem Zweiten Weltkrieg kein offizielles Vereinsleben in Deutschland bestehen durfte, wurde es erst 1948 wieder aufgenommen. Ein Jahr später gründete man dann, zusammen mit anderen Kaninchenzüchtervereinen, den Kreisverband Speyer-Neustadt der Rassekaninchenzüchter.

Vorsitzender Wolfgang Herrmann beim Hahnenwettkrähen.
Vorsitzender Wolfgang Herrmann beim Hahnenwettkrähen.

In den darauffolgenden Jahren, stieg die Anzahl der Mitglieder stark an, wie die Vereinschronik verrät, und so hatte der Verein im Jahr 1952 bereits über 40 aktive Mitglieder. Herrmann und Sauter wurden beide gewissermaßen in den Verein hineingeboren. „Mein Vater hat, solange ich denken kann, Hühner und Enten gezüchtet. Da habe ich schon als Kind immer wieder mit angepackt“, erinnert sich Sauter. Bei Herrmann sei es ähnlich gewesen: „Auch ich habe durch meinen Vater von klein auf im Verein mitgeholfen. Seit ich denken kann, hatten wir Hühner, Hasen und einen Taubenschlag zu Hause.“

Unterstützung für Anfänger

Im Vereinsleben gehe es vor allem darum, sich gegenseitig zu unterstützen. „Wenn jemand Neues mit der Kleintierzucht beginnen möchte, versuchen wir, ihm so viel wie möglich an Equipment zur Verfügung zu stellen, dass er nicht gleich so viel Geld ausgeben muss“, sagt Sauter. Man helfe sich auch gegenseitig mit der Pflege der Tiere aus, wenn ein Mitglied zum Beispiel im Urlaub ist. Einmal im Monat trifft man sich zur Monatsversammlung und tauscht sich über alles aus. Über die hundertjährige Vereinsgeschichte hinweg waren die Kleintierzüchter auch immer eng mit Neustadt verknüpft. So organisierte man beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Willkomm-Werbegemeinschaft in den 90er-Jahren mehrere Ausstellungen in der Innenstadt. So ist mit der Zeit auch die ein oder andere lustige Anekdote entstanden.

Besonderes Erinnerungsstück. Das Foto entstand bei der Ernennung von Ehrenmitgliedern beim 25-jährigen Jubiläum: Emil Orth (link
Besonderes Erinnerungsstück. Das Foto entstand bei der Ernennung von Ehrenmitgliedern beim 25-jährigen Jubiläum: Emil Orth (links mit Urkunde) und daneben der Vorsitzende und Vereinsgründer Michael Schwarzwälder.

Mit einem verschmitzten Lächeln erinnert sich Sauter an einen Aprilscherz, mit dem man damals gemeinsam mit der RHEINPFALZ die Leute zum Narren gehalten hat. „Die Rheinpfalz veröffentlichte am 1. April einen Artikel, in dem es hieß, wir hätten einen gewaltigen ,Gen-Hasen’ aus China in unserem Verein. Dreimal so groß wie ein gewöhnlicher Hase“, erzählt Sauter. Untermalt wurde die Geschichte mit einem Foto, auf dem tatsächlich ein gigantischer Hase zu sehen war, der seine Artgenossen bei Weitem überragte. „Dabei handelte es sich aber nur um eine geschickte Fotomontage“, sagt der stellvertretende Vorsitzende lachend. Allerdings habe damals nicht jeder den Scherz verstanden. Mit Freude erinnern die beiden sich daran, wie damals Leute ins Vereinsheim kamen und den „Gen-Hasen“ sehen wollten. „Die mussten wir leider enttäuschen.“

Events locken Besucher

Doch das Wirken des Vereins beschränkt sich nicht auf Neustadt. „Auch in Bad Dürkheim hatten wir schon Ausstellungen“, erzählt Herrmann. „Dort hatte uns ein Hotel nach einer Oster-Ausstellung gefragt.“ Auch an diese Geschichte denken die beiden Vorsitzenden mit einem Schmunzeln zurück: „Das Hotel wollte unbedingt Hähne von uns haben. Davon wollten sie sich nicht abbringen lassen.“ Als die Tiere am nächsten Morgen dann das erste Mal gekräht hatten, habe die Stimmung im Hotel ganz anders ausgesehen. „Dann sollten wir sie umgehend wieder abholen.“

Das Wettkrähen ist jedes Jahr ein großer Spaß auf der Vereinsanlage.
Das Wettkrähen ist jedes Jahr ein großer Spaß auf der Vereinsanlage.

Auch heute lädt der Kleintierzuchtverein noch regelmäßig zu Veranstaltungen ein, wie dem Hahnenwettkrähen, das zuletzt am 9. Mai stattfand. Bei dem Spaß-Event geht es darum, welcher der Hähne am lautesten krähen kann. Die Besucher können dabei auf ihren Favoriten setzen. „Immer eine große Gaudi“, findet Herrmann. Jeden Vatertag lädt der Verein zum Kaninchenwettrennen ein. „Früher kamen da wirklich nur Männer, mittlerweile ist es eher eine Familienveranstaltung geworden“, so Sauter.

Strenge Kriterien

Doch neben Veranstaltungen stellen die Kleintierzüchter sich auch immer wieder den strengen Bewertungskriterien bei den Kreis- und Landesmeisterschaften. Und das nicht ohne Erfolg. „Ich wurde mit meinen Zwergwidder-Kaninchen Europachampion in Frankenthal“, berichtet Sauter. „Ein Mitglied des Vereins ist deutsche Jugendmeisterin.“ Dabei sei es gar nicht so einfach, die Jury zu überzeugen. „Da wird ganz genau hingeschaut“, erklärt Herrmann. „Felllänge, Farbe, Sauberkeit, einfach alles am äußeren Erscheinungsbild muss stimmen.“ 100 Punkte gibt es insgesamt zu erreichen. „97 Punkte haben wir schon des Öfteren erzielt“, berichten die zwei Männer stolz.

Doch wer in der Kleintierzucht tätig ist, so haben es beide erlebt, stoße auch immer wieder auf Gegenwind. „Es gibt immer mehr Menschen, die Bedenken wegen des Tierschutzes haben. Sogar die Organisation Peta hat uns schon öffentlich kritisiert.“ Dabei gebe es immer strengere Vorschriften, um die artgerechte Haltung der Tiere zu garantieren. „Unsere Vollieren und Käfige sind sogar größer als vorgeschrieben“, unterstreicht Sauter.

Nachwuchs erwünscht

Mittlerweile habe man im Verein etwas Probleme mit dem Nachwuchs. „Wir bekommen zwar immer noch hin und wieder neue Mitglieder, allerdings will kaum noch jemand Ämter im Verein übernehmen“, stellt Sauter mit Bedauern fest. Man hoffe, dass der Zuspruch künftig wieder größer werde. Dafür wolle man auch mit Führungen und Informationsveranstaltungen sorgen. „Wer Interesse hat, kann am 23. und 24. November zu uns ins Vereinsheim kommen. An beiden Tagen wollen wir den Leuten unsere Hühnerrassen präsentieren und auch das Bewertungssystem erklären.“

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