Neustadt 50 Jahre Federweißerfest: Begeisterung für den „Neie“ ungebrochen

Nach dem Fass-Anstich schenken die Mußbacher Weinprinzessin Emma I. (rechts) und Manuela Mehrbreier den ersten Federweißen aus,
Nach dem Fass-Anstich schenken die Mußbacher Weinprinzessin Emma I. (rechts) und Manuela Mehrbreier den ersten Federweißen aus, hier an Hilde Eberle.

Ein halbes Jahrhundert ist eine lange Zeit. So lange schon gibt es das Federweißerfest in Mußbach. Am Samstag wurde die Jubiläumsveranstaltung der Weinbiet Manufaktur eröffnet. Geschäftsführer Bastian Klohr erklärt, was das Besondere an dem Fest ist.

Punkt 11 Uhr fließt der „Neie“ in die Gläser. Das Federweißerfest der Weinbiet Manufaktur in Mußbach ist damit eröffnet. Darauf haben einige Stammgäste sehnlich gewartet, in der Hoffnung, den ersten Schoppen zu bekommen. Die Schlange, die sich vor dem Ausschanktresen gebildet hat, ist schon seit einer Weile beachtlich. „Es ist ein bisschen so, als ob das neue iPhone erscheint“, sagt Bastian Klohr, Geschäftsführer der Weinbiet Manufaktur, und schmunzelt.

Er selbst probiert den neuen Wein mit Kennermiene. Zufrieden? „Ja, sehr aromatisch und ausgewogen. Mit sechs Volumenprozent.“ Im Moment bestehe der Federweißer hälftig aus Ortega und Solaris, die in ihrem Reifegrad schon weit vorangeschritten seien und mit ihrem Zuckergehalt in den Spätlesebereich hineinreichten. „Theoretisch hätten wir auch schon eine Woche früher eröffnen können. Die Trauben hätten das hergegeben“, so Klohr. Der Termin für das „längste Weinfest der Welt“ sei schon im April avisiert worden. Klohr bestätigt zufrieden: „Wir konnten ihn halten.“ Den Besuchern schmeckt der Neue. „Sehr gut. Noch sehr frisch“, urteilen drei weinkundige Herren, von denen einer aus Bremen gekommen ist. Er sei zwar nicht extra für den Neuen Wein angereist, lasse sich jedoch die Chance auf das einmalige Event im Mußbacher Winzer nicht entgehen. „Überraschend gut und nicht zu warm!“, kommentiert ein Ehepaar aus Mußbach. Die beiden kommen ins Erzählen und erinnern sich an Zeiten, als man als Kind mit dem Krug zum Winzer geschickt wurde, um „Neie Woi“ zu holen.

Täglich neu justiert

Der Federweiße werde täglich neu justiert, sagt Klohr. „Er soll während der geplanten acht Wochen des Festes gleich schmecken.“ Verlässliche Qualität und kontinuierlicher Geschmack seien wichtig. Klohr sieht darin einen der Erfolgsfaktoren des Federweißerfests in Mußbach, das in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert. Mit einem kleinen Fässchen und ein paar Tischen und Bänken habe man 1974 ganz klein angefangen, erzählt Klohr, als Weinprinzessin Emma offiziell das Fass ansticht. Damals habe man mit dem Federweißen versucht, die Zeit der Lese bis zum eigentlichen Wein zu überbrücken, erzählt Klohr. Aus den ersten Zusammenkünften der beteiligten Winzer und den Nachbarn wuchs jedes Jahr der Kreis der Besucher.

Manuela Mehrbreier arbeitet seit 39 Jahren beim Mußbacher Winzer. Seitdem ist sie jedes Jahr beim Federweißerfest eine engagierte Teamkraft. „Es gibt wohl niemanden, der mehr Neuen Wein ausgeschenkt hat als sie. Sie ist der Chef im Ausschank“, sagt Klohr und weist auf ihre Beliebtheit bei den Gästen hin. „Unsere langjährigen Kunden, die aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland anreisen, freuen sich, wenn sie Manuela wieder antreffen“, erzählt er. Das habe etwas Familiäres und Traditionelles.

Platz stetig erweitert

Mehrbreier erinnert sich an den ersten Stammtisch am Fenster zum Ausschank. Dieser sei irgendwann einem Stammfass gewichen. „Wir haben versucht, dieses zu entfernen, weil es immer irgendwie im Weg stand“, so Klohr. Sie seien jedoch am Widerspruch der Gäste gescheitert. „Es gibt Dinge, die man nicht ändern sollte“, sagt er. Doch Erweiterungen und damit einhergehende Änderungen gab es viele. Der Platz wurde stetig erweitert. 2006 wurde die Halle erbaut und 2013 das Kelterhaus erweitert. Autos dürfen seit acht Jahren nicht mehr auf dem Hof geparkt werden, denn die Fläche wird für Gäste benötigt.

Das Essensangebot bestand zunächst nur aus Brezeln. Heute ist es deutlich umfangreicher. Trotzdem kommen noch viele Besucher mit dem eigenen Picknickkorb, randvoll mit Hausmacher, Käse, Quark und Brot voll gepackt. „Das ist auch gut so“, so der Geschäftsführer. „Kämen alle Gäste mit dem Wunsch, bei uns ein volles Menü zu bekommen, würde das unsere Kapazitäten sprengen.“ Das passe auch nicht in das Konzept des ungezwungenen Zusammenkommens. „Zu uns kann jeder kommen, ob mit dickem Geldbeutel oder ohne. Es gibt keinen Verzehrzwang“, bekräftigt Klohr. Man komme leicht ins Gespräch, und selbst mitgebrachtes Essen werde geteilt. „Währenddessen werden Tipps über den besten Hausmacher-Metzger oder den beliebtesten Bäcker ausgetauscht.“

Das Unkomplizierte sei die Basis für den langjährigen Erfolg des Festes, erklärt Klohr. „Und die Faszination mitzuerleben, wie aus Trauben Wein entsteht, ist immer noch genauso groß wie vor 50 Jahren. Kinder bestaunen mit großen Augen die Anlieferung der Trauben. Nach Jahren kommen sie dann mit ihren eigenen Kindern wieder.“

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