Neustadt Als Feuer auf Geinsheim fiel

Der Tag danach: Aufräumarbeiten in der Duttweilerer Straße.
Der Tag danach: Aufräumarbeiten in der Duttweilerer Straße.

Bis zum Abend des 23. September 1943 war Geinsheim vom direkten Geschehen des Zweiten Weltkriegs nahezu verschont geblieben. Und so wähnten sich auch einige Bürger – darunter ein Junge, der just an diesem Tag zehn Jahre alt geworden war – sicher, als sie am östlichen Ortsende Kampfjets der britischen Luftwaffe beobachteten, die einen Angriff auf Mannheim flogen. Abstürze hatten die Geinsheimer nur in weiter Entfernung gesehen. Das sollte sich an besagtem Abend vor 75 Jahren ändern.

Wie in „Als der Vernichtungskrieg lief – Bad Dürkheim und die Vorderpfalz im Luftkrieg 1939 – 1945“ von Ludwig Faust nachzulesen ist, waren damals 58 „Halifax“ und fünf „Lancaster“ der Royal Air Force im Einsatz. Fünf Maschinen gingen verloren, darunter auch eine mit sechs Soldaten besetzte „Halifax“. Sie war zunächst von der Mannheimer Flakabwehr getroffen worden, danach von einem deutschen Nachtjäger. Der britische Kampfjet explodierte in der Luft und stürzte brennend über der Duttweilerer Straße in Geinsheim ab. „Sofort erschien ein riesiger Feuerschein über der Absturzstelle. Kurz darauf wurde die Feuerwehr alarmiert“, erinnert sich der Geinsheimer Heimatforscher Norbert Kästel – jener Junge, der damals zehn Jahre alt geworden war. Das Brummen der Bomberverbände, die Suchscheinwerfer der Flakabwehr, „Christbäume“ als Angriffsmarkierung, das Donnern detonierender Bomben und der Feuerschein über Mannheim – all das sei bis zu diesem Zeitpunkt zwar ein schreckliches Schauspiel gewesen, aber eines, dem die Geinsheimer aus sicherer Entfernung hätten zusehen können. Am Morgen danach offenbarte sich das ganze Ausmaß des Bomber-Absturzes: Der 13 Jahre alte Erwin Kästel war in den Flammen umgekommen, seine Mutter und zwei weitere Geinsheimer hatten schwere Verbrennungen erlitten. Ein Soldat auf Heimaturlaub – Adam Appel – hatte durch sein beherztes Eingriffen mehrere Menschen retten können, die wegen des Feuers in einem Keller eingeschlossen waren. Vier der sechs britischen Besatzungsmitglieder waren tot, die beiden überlebenden kamen in Gefangenschaft. Drei Scheunen waren abgebrannt. „Noch vor Schulbeginn suchten wir Schulkinder – zusammen mit vielen anderen Schaulustigen – die Unglücksstelle auf. Wir sahen die bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Leichen der Flugzeugbesatzung“, beschreibt es Zeitzeuge Kästel. Auf seine Initiative hin wird der Heimatverein Geinsheim nun dauerhaft an die Opfer erinnern: An die Absturzstelle in der Duttweilerer Straße kommt morgen eine Gedenktafel mit den Namen der Opfern: Erwin Kästel, Norman Lloyd Reed, Frank Prescott Sharpe, Verne Allison Stewart und Russell Terres Zdan. Im Oktober soll ein öffentlicher Vortrag von Bernd Müller im Sängerheim folgen.

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