Neustadt „Da bist Du!“

Gestern auf dem Hetzelplatz: Fotos von Neustadtern als begehrtes Foto-Objekt.
Gestern auf dem Hetzelplatz: Fotos von Neustadtern als begehrtes Foto-Objekt.

66 Paare sind seit gestern auf dem Neustadter Hetzelplatz zu sehen: festgehalten auf Fotoplakaten entlang von vier Bauzäunen, aufgestellt im Quadrat. Bis 21. September, wenn der „Spiegelpalast“ aufgebaut wird, läuft diese erste Ausstellung der Fotokampagne „Neustadt steht zusammen“. Es geht um ein Bekenntnis zu Offenheit und Toleranz angesichts der Flüchtlingssituation.

Nach Kaiserslautern, Ludwigshafen und Trier ist Neustadt die vierte Stadt in Rheinland-Pfalz, in der der Kaiserslauterer Fotokünstler Thomas Brenner seine Idee für ein solches Projekt umgesetzt hat. Im ersten Teil arbeitete er dazu mit Schülerinnen und Schülern der drei Gymnasien und der Realschule plus zusammen, unterstützt von deren Lehrkräften und der Stadtverwaltung. Bei zwei Fototerminen – einer auf dem Hambacher Schloss, einer in den Schulen – setzte er deutsche Jugendliche und ihre Freunde mit Migrationshintergrund in Szene, ebenso einige Erwachsenen-Duos. Gemeinsam wurde dann an Slogans für jedes Bild gearbeitet. Letztlich setzte sie dann Philipp Wessa von der Neustadter Agentur bfw tailormade grafisch um. Emma Krakehl vom Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium und Marvin Pfeifer vom Leibniz-Gymnasium waren gestern Nachmittag sehr zufrieden. Zwar ist die Schülerin selbst nicht vertreten, weil sie zum Fototermin nicht in der Schule war, hätte aber ansonsten auf jeden Fall mitgemacht: „Ich finde das gut, die Passanten sollten sich die Zeit nehmen, hinzuschauen.“ Natürlich kennen die beiden aber etliche Gesichter auf den Plakaten. „Da bist Du!“, rufen sie Farina Becker zu, die noch sucht. „Ich habe kein Problem damit, mein Gesicht hier hängen zu sehen“, erklärt sie. Die Aktion sei super gelaufen, die Schüler seien von Anfang an von Thomas Brenner einbezogen worden. Genau das ist auch das Konzept, nach dem der Fotograf arbeitet. Eine Kampagne für Offenheit und Toleranz, die den Bürgern nicht übergestülpt, sondern mit ihnen entwickelt wird. Die Zusammenarbeit mit den Schülern und den Ehrenamtlichen „war eine total schöne Zeit“, sagte Brenner gestern. Ein Lob, das Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer, der die Schau eröffnete, zurückgab. Die Qualität der Bilder beweise nicht nur, dass Neustadt für Toleranz einstehe, sondern auch, dass Brenner immer das optimale Foto hinbekommen wolle. Eine Sorge des Bürgermeisters: Dass, wenn in den sozialen Netzwerken über die jetzigen Ausstellung berichtet wird, sofort wieder eine Hetzkampagne gegen Flüchtlinge losgetreten werden könnte. Denn so sei es auch gewesen, als erstmals über die Aktion berichtet worden sei. Wer so etwas mitbekomme, solle sich sofort melden, forderte Röthlingshöfer die Besucher auf. Neben Vertretern der Schulen waren gestern Nachmittag nur einige wenige andere Besucher gekommen, darunter Beigeordnete Waltraud Blarr, Jutta Paulus, die Landesvorsitzende der Grünen, oder Frank Schuster, Pfarrer an der Martin-Luther-Kirche. Sie alle hatten auch Spaß mit dem einen oder anderen Slogan, der zu dem jeweiligen Bild entwickelt worden war. Weiter geht die Fotokampagne schon morgen, wenn der Verein „Neustadt gegen Fremdenhass“ auf dem Marktplatz das 25. Fest der Kulturen feiert. Ab 11 Uhr dient die Stiftskirche dabei als Fotoatelier. Jeder Neustadter, jede Neustadterin, der/die ein Statement für Offenheit und Toleranz abgeben will, kann sich dabei fotografieren lassen. „In Trier kamen an einem Tag 120 Menschen“, so Thomas Brenner. Werden es in Neustadt mehr, hätte er ganz sicher kein Problem damit.

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