Neustadt Das kommt auf Neustadt zu

Der syrische Comedian und Youtuber Firas Alshater stellt in der Neustadter Stadtbücherei sein Buch „Ich komm auf Deutschland zu“
Der syrische Comedian und Youtuber Firas Alshater stellt in der Neustadter Stadtbücherei sein Buch »Ich komm auf Deutschland zu« vor – eine staubtrockene Lesung muss dabei wohl niemand befürchten.

Mit einer ziemlich ungewöhnlichen „Lesung“ startet das Literarische Forum Neustadt am 26. Februar, einem Montag (!), sein Programm im neuen Jahr, denn der erste Gast, der sich 2018 in der Neustadter Stadtbücherei vorstellt, ist kein klassischer Schriftsteller, sondern ein Schauspieler und freier Journalist, der vor allem als Comedian und Youtuber auf sich aufmerksam machte: Firas Alshater, 1991 in Damaskus geboren, kam 2013 als politischer Flüchtling aus Syrien nach Deutschland und startete 2016 auf „Youtube“ die Reihe „Zukar-Stückchen“, in der er auf witzige Weise Deutschland aus der Perspektive eines Flüchtlings erklärt. Mittlerweile hat der Berliner mit Hipsterbart und Dauerlächeln im Gesicht auch ein autobiografisch inspiriertes Buch verfasst, das den schönen Titel „Ich komm auf Deutschland zu“ trägt. Dieses werde er in Neustadt vorstellen, so der Lit-Fo-Vorsitzende Frank Schwarz. „Wir wissen, dass das keine klassische Lesung wird, aber wir lassen uns überraschen und sind gespannt, was er macht.“ Dafür, dass es keine typische „Wasserglaslesung“ ist, spreche der Umstand, dass Alshater sich für seinen Auftritt einen Beamer bestellt habe, so Schwarz. Natürlich verspreche sich das „Literarische Forum“, mit Angeboten wie diesem ein breiteres Publikum anzusprechen, so Schwarz, so wie das zuletzt auch schon bei der Lesung mit Arno Frank am 1. Dezember gelungen sei. Aber auch das klassische Bildungsbürgertum soll weiter gepflegt werden – so mit der Lesung mit Markus Orths, der am 18. April mit seinem neuen Roman „Max“ in die Stadtbücherei kommt. Der Karlsruher Schriftsteller war schon viermal als Gast des „Literarischen Forums“ in Neustadt, zuletzt 2010 mit seiner Literatursatire „Hirngespinste“, und offenbarte dabei jedes Mal neue literarische Facetten. „Max“ ist nun ein Lebensgemälde rund um den surrealistischen Künstler Max Ernst und seine Frauen. „Im Prinzip ist es ein Buch über die moderne Kunst im 20. Jahrhundert“, sagt Frank Schwarz. Zuvor beteiligt sich das „Literarische Forum“ am 16. März noch an der von der Literaturgruppe Textur initiierten Aktion „Writers in Prison“. Für das zweite Halbjahr gebe es noch keine konkreten Pläne, nur einige Ideen, so Schwarz. Was es letztlich werde, hänge aber natürlich auch von den Frühjahrsnovitäten ab. Auch die Buchhandlung Quodlibet plane für 2018 wieder einige Veranstaltungen, wie Schwarz’ Kollegin Jeanette Jung anmerkt. Fixiert sei bislang aber nur eine: eine Lesung mit dem Neustadter Dekan Armin Jung, der am 7. März in der Kellereistraße seinen vor wenigen Monaten erschienenen ersten Gedichtband „Mit meinen Worten“ vorstellt. Auch die Neustadter Stadtbücherei, traditionell Kooperationspartner des „Literarischen Forums“ bei dessen Lesungen, hat im ersten Halbjahr 2018 wieder einige eigene Veranstaltungen. Diese richten sich – der seit einigen Jahren verfolgten Ausrichtung der Bibliothek entsprechend – vor allem an Kinder und Jugendliche. So steht, wie die kommissarische Büchereileiterin Diana Wagner erläutert, am 16. Mai eine Lesung mit dem österreichischen Schauspieler und Autor Andreas Jungwirth an, der seinen bei CBT erschienenen Jugendroman „Schwebezustand“ mitbringt, ein Buch über ein Mädchen zwischen zwei Jungs. Die Veranstaltung werde vormittags stattfinden, richte sich also vor allem an Schulen, die auch gezielt angeschrieben würden, so Wagner. Ansonsten setze man im Programm vor allem auf Bewährtes. Los geht es dabei am 17. Januar mit „Das magische Baumhaus“, einem Figurentheaterstück des „Theaters Knuth“ aus Bayern für Kinder ab sechs Jahren, das auf einer Fantasy-Kinderbuch-Reihe der Amerikanerin Mary Pope Osborne basiert. Am 24. Januar folgt der traditionelle Märchenerzählabend mit Gisela Pütter, der Vorsitzenden des Freundeskreises der Stadtbücherei. Noch ein sehr junger Akteur der regionalen Kulturszene ist das Literaten-Netzwerk „Textur“, das erst im Februar 2017 als Neustadter Sektion des traditionsreichen „Literarischen Vereins der Pfalz“ gegründet wurde, doch die Vereinigung hat für 2018 große Pläne. Das Ziel sei es, die Plattform zu vergrößern, erklärt die Sprecherin Usch Kiausch. „Wir wollen nicht als abgekapselter Zirkel wahrgenommen werden.“ Deshalb suche „Textur“ 2018 verstärkt den Austausch mit anderen Literaturgruppen wie dem „Literarische Forum“ oder der „Literaturvilla“ im Herrenhof, aber auch den Buchhändlern der Region. Ein erstes Ergebnis dieser neuen Strategie ist die von mehreren Partnern getragene Aktion „Writers in Prison“, mit der am 16. März im „Wespennest“ über dem „Konfetti“ an die vielen Schriftsteller weltweit erinnert werden soll, die wegen ihrer Überzeugungen oder Schriften im Gefängnis sitzen. Geplant sei, Texte inhaftierter Autoren wie etwa des saudischen Bloggers Raif Badawi vorzutragen, aber auch eigene zum Thema, so Kiausch. Wer genau lesen werde, stehe noch nicht fest, Musik werde die Liedermacherin Martina Gemmar beisteuern. Die Eintrittseinnahmen dieses Benefizabends sollen als Spenden an die gefangenen Schriftsteller weitergeleitet werden. Bereits am 16. Februar ist das Literaten-Netzwerk außerdem im „Theater in der Kurve“ zu Gast, wo eine neue Reihe mit dem Titel „Roman trifft Bühne“ eröffnet werden soll. Dabei werden die Schauspielerinnen Johanna Regenauer und Leni Bohrmann zunächst das Stück „Das Spiegelbild“ nach dem Roman von Irina Korschunow aufführen. Danach sind die Zuschauer eingeladen zum lockeren Gespräch mit den Theaterleuten. Auch sonst will sich die „Textur“-Gruppe, die bisher ihren Hauptveranstaltungsort im Scheffelhaus hatte, öffnen und ihr Programm auf andere Standorte ausweiten. So sei ein regelmäßiger „Offener Stammtisch“ für alle geplant, die sich für Literatur interessieren, so Kiausch – allerdings stünden die Details hier noch nicht fest. Ebenfalls noch nicht ganz in trockenen Tüchern ist nach den Worten der Neustadter Schriftstellerin und Übersetzerin eine für 8. Februar geplante Lesung in der „Kleinen Herberge“ in der Mittelgasse, wo verschiedene Autoren ihre Texte aus der 2017er-Jahresanthologie des „Literarischen Vereins der Pfalz“ vortragen sollen, Ob dieser Abend tatsächlich stattfinde, hänge aber davon ab, wie viele Autoren tatsächlich bereit sind, den Weg nach Neustadt auf sich zu nehmen. Um solche Probleme künftig etwas abfedern zu können, hat die Gruppe die Stadt um finanzielle Hilfe gebeten. Sogar noch jünger als „Textur“ ist die Lesungsreihe „Literaturvilla präsentiert …“, die erst am 2. März dieses Jahres in der Herrenhof-Parkvilla an den Start ging – und zwar ganz dezidiert mit dem Ziel, junge Literatur aus der Region zu fördern. Dieses Bestreben soll nach Worten der künstlerischen Leiterin der Reihe, Katharina Dück, 2018 noch verstärkt werden durch einen Literaturpreis für junge Autoren im Alter von 15 bis 35 Jahren. Dieser soll um die Osterzeit herum ausgeschrieben und ganz professionell aufgezogen werden: mit einer Jury, einer Longlist und einer Shortlist, wie es sie auch beim Deutschen Buchpreis gibt. Die Vorstellung der Longlist solle bei der September-Veranstaltung der „Literaturvilla“-Reihe im Herrenhof erfolgen, so Dück weiter, die Shortlist und die Kür des Siegers werde dann eingebunden in das Demokratiefest, das von 14. bis 16. September im und um das Hambacher Schloss stattfindet. Nach Dücks Aussage soll sich der Preis an Autoren aus der ganzen Metropolregion Rhein-Neckar wenden und auch keine Eintagsfliege bleiben: „Wir planen ihn alle zwei Jahre, immer in Verbindung mit dem Querfälltein-Festival.“ Sicher fortgesetzt wird 2018 auch die Reihe der Mußbacher Literaturvilla-Lesungen mit Musik und Kunst immer am ersten Donnerstag jeden zweiten Monats – insgesamt also sechs Termine pro Jahr. Vom bisherigen Erfolg des Angebots ist Dück immer noch überwältigt: „Wir hatten auf 20 Besucher im Schnitt gehofft, tatsächlich lag der schlechteste Zuspruch bei 40, das Maximum bei 80.“ In Heidelberg habe sie selbst auch schon einmal vor einem einzigen Zuhörer gelesen. Starten wird die Reihe bereits am 4. Januar mit vier Prosa-Autoren, darunter die inzwischen in Berlin studierende Neustadterin Davina Schirmer und der Maikammerer Freddy Mork. Am 1. März folgt eine Veranstaltung mit dem Titel „Minne und Magie“ mit zwei Autoren aus Heidelberg, und am 5. Juli stellt Sebastian Frank, ein junger Schriftsteller aus Mannheim, seinen Roman „Tiefschlaftaucher“ vor, der die Geschichte eines jungen Fahrradkuriers erzählt und im Sommer beim Neustadter „Brot & Kunst“-Verlag erscheint. Zwei Autoren-Lesungen stehen bislang für 2018 bei der Neustadter Buchhandlung Osiander fest, wie Filialleiterin Luitgard Sander erklärt. Dabei bringt die erste am 9. März die Begegnung mit dem Buch, das in diesem Jahr zum „Lieblingsbuch der Unabhängigen“ gekürt wurde, also bei der jährlichen Umfrage unter den inhabergeführten Buchhandlungen auf Platz 1 landete: Mariana Lekys Roman „Was man von hier aus sehen kann“. „Das ist ein ganz, ganz wunderbares Buch“, bestätigt auch Sander, die die Skurrilität, den Witz, die Weisheit und die psychologische Tiefe dieses Romans hervorhebt, der in einem Dorf im Westerwald spielt, in dem alles auf wundersame, vielleicht sogar magische Weise miteinander zusammenhängt. Am 15. Juni folgt dann noch der für die politische Dimension seiner Plots bekannte Stuttgarter Krimi-Autor Wolfgang Schorlau, der mit seinem erst im März 2018 erscheinenden Roman „Der große Plan“ die mittlerweile neunte Geschichte um seinen Privatermittler Georg Dengler nach Neustadt mitbringt. „Ich habe schon sein allererstes Buch sehr gemocht“, sagt Sander. Ansonsten stehe das Jahresprogramm noch nicht fest. Auch der traditionsreichste Literaturpreis unserer Region, der Deidesheimer Turmschreiber-Preis, soll im kommenden Jahr nach dann achtjähriger Pause definitiv wiederbelebt werden. Das bestätigte Stadtbürgermeister Manfred Dörr, der den Vorsitz der „Stiftung zur Förderung der Literatur der Pfalz“ inne hat, die den Preis, der eigentlich ein Literaturstipendium ist, seit 1978 vergibt. Ein genauer Zeitplan stehe allerdings noch nicht fest, denn die Preisverleihung solle mit der Einweihung des restaurierten Schlossgartens, der an den namensgebenden Turm angrenzt, verbunden werden, so Dörr, und die verzögere sich, weil zuerst noch die Mauer eines angrenzenden Privatgrundstücks gesichert werden muss. „Ich gehe deshalb davon aus, dass wir den Preis erst im Herbst verleihen.“ Der Beirat, der über den Preisträger entscheidet, werde voraussichtlich erstmals im Februar tagen, so Dörr weiter. Dabei müsse dann auch analysiert werden, ob die bisherigen Modalitäten beibehalten werden könnten. Bisher war der Preis mit 7500 Euro dotiert und an einen einmonatiges Aufenthalt in Deidesheim und eine Publikation mit Deidesheim-Bezug gebunden. Letzte Preisträgerin war 2010 die frühere Weinkönigin Katja Schweder.

Im Deidesheimer Turm soll 2018 ein neuer „Schreiber“ einziehen – wann ist aber noch unklar.
Im Deidesheimer Turm soll 2018 ein neuer »Schreiber« einziehen – wann ist aber noch unklar.
Die Literaturvilla-Reihe wird fortgesetzt – auch Freddy Mork (rechts) ist wieder dabei.
Die Literaturvilla-Reihe wird fortgesetzt – auch Freddy Mork (rechts) ist wieder dabei.
Schriftstellerin Mariana Leky liest im März bei Osiander.
Schriftstellerin Mariana Leky liest im März bei Osiander.
x