Neustadt Das Oben im Unten

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Neustadt/Düsseldorf. Wenn morgen in Düsseldorf mit einem großen Bürgerfest die neue, Wehrhahnlinie genannte U-Bahn-Trasse eingeweiht wird, die die Innenstadt auf einer Länge von 3,4 Kilometern unterquert, dann hat das auch ein ganz klein wenig mit der Pfalz zu tun: Die aus Neustadt stammende Medienkünstlerin Ursula Damm steuert eine spektakuläre interaktive Videoinstallation für den neuen Bahnhof Schadowstraße bei.

Für die künstlerische Gestaltung der sechs U-Bahnhöfe und -stationen der neuen Linie wurde bereits 2001/02 ein mehrstufiger Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem Damm mit ihrem zunächst „Memory of Space“ genannten und später in „Turnstile“ umgetauften Entwurf den Zuschlag für den neuen unterirdischen Bahnhof an einer der wichtigsten Einkaufsstraßen der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt erhielt. Die in Berlin lebende Künstlerin, die seit 2008 den Lehrstuhl „Gestaltung medialer Umgebungen“ an der Bauhaus-Universität in Weimar inne hat, stellt mit ihrer Installation eine Verbindung zwischen Stadtraum und U-Bahnstation her. Dabei wird das Geschehen auf dem Platz über der Station mit einer Kamera und Bodensensoren aufgenommen und mittels einer eigens entwickelten generativen Software nach Bewegungen, Aufenthaltsorten und der sozialen Qualität des Geschehens wie etwa der Verweildauer analysiert. Die Interpretation des Echtzeitvideos, die aus den Bewegungsspuren der Passanten „oben“ geometrische Vorschläge für Konstruktionen ableitet, ist dann „unten“ als Video auf einem riesigen LED-Bildschirm zu sehen. In zwei Aufzügen rechts und links des großen Videobilds kann man zudem noch eine Soundinterpretation der geometrischen Konstruktionen hören. Den Ansatz, Bewegungsspuren von Menschen auf öffentlichen Plätzen in multimediale Installationen einfließen zu lassen, verfolgt Damm, die 1960 in Boppard geboren wurde, aber schon im Alter von vier Jahren mit ihren Eltern nach Neustadt zog, schon seit vielen Jahren. Bereits 1995 arbeite sie in einem Video mit einer Echtzeitbewegungsfilterung auf der Kölner Domplatte und veranschaulichte so ein kollektives, sich stets erneuerndes Gedächtnis des Ortes, das durch das Verhalten der Passanten beeinflusst wird. Dem gleichen Prinzip folgt sie nun auch in Düsseldorf. In ihrer künstlerischen Entwicklung beschäftigte sich Damm, die in Neustadt am Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium ihr Abitur ablegte, zunächst freilich mit Bildhauerei. Sie studierte ab 1981 an der Kunstakademie Düsseldorf und war Meisterschülerin des Nagelbilder-Papstes Günther Uecker. Von 1995 bis 1998 schloss sie dann allerdings noch ein Postgraduierten-Studium an der Kunsthochschule für Medien in Köln an, wo sie unter anderem von der bekannten österreichischen Medien- und Performancekünstlerin Valie Export beeinflusst wurde. Schon in dieser Zeit machte sie dann auch mit ersten spektakulären Installationen auf sich aufmerksam, in denen sie neben den geometrischen Strukturen des Raumes auch biologische Prozesse oder das Verhältnis von Natur und Zivilisation in den Blick nahm. Obwohl derzeit ständig zwischen Weimar, Berlin und Düsseldorf pendelnd, hat die Künstlerin auch heute noch eine enge Beziehung zu Neustadt: Ihre Eltern leben hier auf der Hambacher Höhe. (hpö/Foto: bureau n)

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