Neustadt Deportiert und ermordet

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Einer der schwärzesten Tage der südwestdeutschen Geschichte jährt sich am Donnerstag zum 75. Mal: die Deportation der pfälzischen und badischen Juden. In der Region gibt es dazu Gedenkveranstaltungen, unter anderem in Neustadt und Deidesheim.

Emma Lehmann (1879-1942) aus Lachen-Speyerdorf, Rosel Gebhardt (1892-1942) aus Haßloch, Max Reinach (1897-1942) aus Deidesheim, Hans und Erich Lehmann (1913-1942) aus Meckenheim: Das sind nur vier Namen von insgesamt etwa 6500, Namen von Menschen, die das gleiche Schicksal erlitten: In den frühen Morgenstunden des 22. Oktober 1940 wurden sie von Beamten der Gestapo, also der Geheimen Staatspolizei, aus ihren Wohnungen geholt und in das über 1300 Kilometer entfernte Internierungslager in der südfranzösischen Ortschaft Gurs transportiert. Viele starben bald nach ihrer Ankunft. Die hygienischen Zustände und die Versorgung waren katastrophal. Etwa 3400 Pfälzer und Badener wurden 1942 von Gurs nach Auschwitz transportiert und dort ermordet. Die Deportation vor 75 Jahren wird als „Wagner-Bürckel-Aktion“ bezeichnet, nach den verantwortlichen NS-Gauleitern Robert Wagner (Baden) und Josef Bürckel (Saarpfalz). Die Stadt Neustadt und der Förderverein Gedenkstätte für NS-Opfer laden am Donnerstag, 17 Uhr, zu einem Treffen vor dem Saalbau an der Gurs-Gedenktafel ein. Sprechen werden Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer und Eberhard Dittus, Vorsitzender des Fördervereins. Danach werden die Namen der 58 deportierten Männer und Frauen aus Neustadt, Lachen, Mußbach und Geinsheim von Schülerinnen des Kurfürst-Ruprecht-Gymnasiums verlesen. Anschließend spricht ein Mitglied der Jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz ein Gebet. Um 18 Uhr wird im Roxy-Kino der Film „Jeder stirbt für sich allein“ nach dem Buch von Hans Fallada gezeigt. Ursula Dauth, Vorstandsmitglied des Fördervereins, wird eine kurze Einführung geben und nach dem Film zusammen mit Dittus noch für ein Gespräch zur Verfügung stehen. In Deidesheim organisiert der Freundeskreis ehemalige Deidesheimer Synagoge seit einigen Jahren mit Unterstützung der Stadt Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht am 9. November 1938. In diesem Jahr wird eine Ausstellung mit Bildern gezeigt, die Internierte in Gurs gemalt und gezeichnet haben. Gesammelt hat sie die Schweizer Krankenschwester Elsbeth Kasser, die sich in Gurs um die Internierten bemühte. Bei den Bildern, die von 7. bis 15. November in der ehemaligen Synagoge zu sehen sein werden, handelt es sich um hochwertige, auf Acryl gedruckte Kopien, wie Franz-Josef Ratter, Vorsitzender des Freundeskreises, erklärte. Während der Öffnungszeiten wird außerdem der Film „Deportiert und vergessen?“ gezeigt, den Schüler des Kurfürst-Ruprecht-Gymnasiums 2009 mit ihrer Lehrerin Ruth Ratter gedreht haben. Er entstand während eines Besuchs der Gedenkstätte in Gurs. Einen Vortrag über das Thema hält am 8. November Roland Paul, Direktor des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde (ehemalige Synagoge, 18 Uhr). Zudem pflegt der Freundeskreis am 9. November wieder mit 30 Schülern der Integrierten Gesamtschule Deidesheim-Wachenheim den jüdischen Friedhof in Deidesheim. In der Gemeinde Meckenheim gibt es die Idee, einen Apfelbaum zu pflanzen, wie Ortsbürgermeister Heiner Dopp informierte. Der Baum soll dann mit auf die neue Streuobstwiese kommen und der Pflanzpfahl mit einer Erinnerungstafel versehen werden. In Haßloch findet keine Gedenkstunde statt, teilte Stephanie Becker von der Gemeindeverwaltung mit. Die Pressesprecherin verwies auf den „Freundeskreis jüdische Mitbürger“, der Verbindung zu ehemaligen jüdischen Mitbürgern in aller Welt unterhält und diese auch bei Besuchen im Großdorf begleitet. 2008 wurde das Buch „Jüdisches Leben in Haßloch“ herausgebracht, im Oktober 2012 stand die mobile Ausstellung „Zug der Erinnerung“ zum Gedenken an die Massendeportation jüdischer Menschen drei Tage lang auf dem Haßlocher Bahnhof.

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