Neustadt Der Streit um einen 21 Jahre alten Plan

Oberbürgermeister Hans Georg Löffler (CDU) beklagt sich gerne, mit dem Klemmhof und der Abrechnung für die Altstadtsanierung Hypotheken seiner Vorgänger tragen zu müssen. Gut möglich, dass mit der Haardter Fachklinik eine weitere Erblast hinzukommt. Dann nämlich, wenn das Verwaltungsgericht den Bebauungsplan „Am Haardter Schloss“ aus dem Jahr 1993 von Löfflers Vorgänger Jürgen Weiler (SPD) für ungültig erklärt. Heute kommt der Haardter Ortsbeirat zusammen, um über einen neuen Bebauungsplan beziehungsweise einen städtebaulichen Vertrag für die Klinik, die vorübergehend als Asylbewerberheim genutzt wird, zu beraten. Die Haßlocher Firma Müller Bau, die die Klinik abreißen will, um Eigentumswohnungen zu bauen, vertritt die Meinung, der Bebauungsplan sei ungültig. Folglich gelte normales Baurecht. Will heißen: Genau darauf könnte sich das Unternehmen, das im Grundbuch eine Kaufoption für das Gelände hat eintragen lassen, berufen. Paragraf 34 des Bundesbaugesetzes formuliert: „Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.“ Wegen des bestehenden Bebauungsplans war eine Bauvoranfrage von Müller Bau abgelehnt worden. Die konkurrierende Genossenschaft Siebenpfeiffer, die die Gebäude erhalten will, um ein Dorfzentrum zu schaffen, zog ihre Bauvoranfrage daraufhin wieder zurück. Müller Bau klagt gegen die Ablehnung und fand wohl schon vor dem Stadtrechtsausschuss Bestätigung, als Rechtsamtsleiter Andreas Bauer einräumte, dass der Bebauungsplan „einige Schwächen habe“. Die Hauptschwäche liegt auf der Hand, ohne einen Juristen fragen zu müssen. Der Bebauungsplan betrifft nämlich ausschließlich das Klinikgelände und zielt ausschließlich auf Gebäude, „die einem gesundheitlichen Zweck“ dienen. Ein solches Anliegen verfolgen aber weder Müller Bau noch die Genossenschaft, mal von der theoretischen Vermietung einiger Räume an eine Physiotherapie-Praxis abgesehen. Das lässt die Annahme zu, dass ein Bebauungsplan, der Dinge festschreibt, die keiner mehr anbietet, überflüssig geworden ist und folglich kein Argument mehr bietet, eine Bauvoranfrage abzulehnen. „Trotzdem behält die Stadt die Planungshoheit und kann eine Veränderungssperre erheben oder über das Instrument der Zurückstellung einen neuen Bebauungsplan aufstellen“, argumentiert Andreas Bauer. Aber geht das noch, nachdem Müller Bau bereits eine Bauvoranfrage gestellt hat? Zumal Müller Bau durch den Grundbucheintrag gegenüber der Genossenschaft privilegiert ist. Schließlich darf am Ende nur der bauen, dem das Grundstück gehört. „Das genau ist die spannende juristische Frage, die das Gericht beantworten muss“, räumt Andreas Bauer ein. Der Rechtsamtsleiter ist bislang vom Gericht nur über den Eingang der Klage informiert worden. Er kennt keinen Schriftsatz des Anwalts von Müller Bau. Verhandelt werden soll die Klage nach derzeitigem Stand im September. Vielleicht hat Christa Moch, die Liquidatorin der Klinik GmbH, der das Gebäude gehört, deshalb auf das Kaufangebot der Genossen erstmals geantwortet; und zwar mit den Worten: „Hiermit biete ich Ihnen an, dass wir uns im dritten Quartal 2014 nochmals kurzschließen, um das Kaufangebot zu erörtern.“ Die Genossenschaft hofft darauf, dass ein Bebauungsplan, für den sich 21 Jahre niemand interessierte, nicht deswegen einfach für null und nichtig erklärt werden kann. Der zweite Vorsitzende Gunnar Herberger kündigt an, dass man überlege, beim Gericht als Betroffene der Auseinandersetzung zwischen Müller Bau und der Stadt im Rahmen einer sogenannten Beiladung beim Verfahren zugelassen zu werden. „Dann hätten wir Akteneinsicht und könnten Anträge stellen“, so Herberger. Auch einzelne Genossen seien als unmittelbare Nachbarn schließlich betroffen von dem Vorhaben. Und was sagt Müller Bau? „Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens keine öffentliche Stellungnahme abgeben werden“, teilt Geschäftsführer Stefan Müller mit.

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