Neustadt Die Pioniere aus dem Kapiteltal

Auf dem Förderband rasen die Bioabfälle – auch aus Neustadt und der Region – dahin. Innerhalb weniger Sekunden werden sie durchl
Auf dem Förderband rasen die Bioabfälle – auch aus Neustadt und der Region – dahin. Innerhalb weniger Sekunden werden sie durchleuchtet und mit Druckluft von Fremdstoffen wie Glas, Plastik oder Metall befreit.

Am Wochenende wurde bei der Zentralen Abfallwirtschaft Kaiserslautern (ZAK) eine hochmoderne Biomüll-Sortieranlage offiziell eingeweiht. Dazu waren Müll-Fachleute aus der ganzen Bundesrepublik ins Kapiteltal bei Mehlingen gekommen. Die Arbeit an und mit der neuen Anlage lobte der rheinland-pfälzische Umwelt-Staatssekretär Thomas Griese als „pionierhafte Arbeit, die hoffentlich bald viele Nachahmer findet“.

Eingebettet war die Einweihung der Anlage „zur Fremdstoffentfrachtung von Kompost“ in eine Infoveranstaltung für Kommunen, deren Vertreter die Möglichkeit hatten, sich die innovative Sortieranlage genauer anzusehen. Auch der Neustadter Biomüll wird im Kapiteltal aufbereitet. Griese betonte, dass die zwei Millionen Euro teure Anlage kein Luxus sei, sondern „Pflicht und Notwendigkeit“. Mit hoher Präzision sortiert das Gerät Fremdstoffe, beispielsweise Glas-, Plastik- oder Metallstücke aus dem Biomüll, was dessen Qualität als Energieträger, vor allem aber später als Humus deutlich verbessert. Griese: „Müll ist längst nicht mehr nur zum Entsorgen da, sondern zunehmend als Rohstoff begehrt.“ So ließe sich mit Altpapier oder Altglas Geld verdienen: „Das ist etwas wert.“ In anderen Bereichen gebe es dagegen noch viel zu tun – etwa beim Bauschuttrecycling: „Da findet zu wenig statt.“ Griese kritisierte, dass die Verwertbarkeit von Rohstoffen beim Design eines Produkts nicht immer mitbedacht werde: „Es gibt beispielsweise Mobiltelefone, in denen Batterien fest verbaut sind. Ist die Lebensdauer der Batterie hinüber, muss ein neues Handy her. Das ist der falsche Weg.“ Ein vernünftiger Recycling-Kreislauf spare Kosten, Rohstoffe und Energie. Vom Bioabfall werde in Rheinland-Pfalz momentan ein Drittel energetisch genutzt, also in einer Biogasanlage zu Strom und Wärme verarbeitet. „Wie das hier in Kaiserslautern läuft, muss in der ganzen Bundesrepublik zum Standard werden“, erklärte der Staatssekretär. Trotz modernster Sortiertechnik beginne eine optimale Verwertungskette aber bereits in den Haushalten und Betrieben, wenn dort Bioabfälle möglichst ohne Plastikfolien oder andere Verunreinigungen in die Tonne wanderten. In diese Kerbe schlug auch ZAK-Vorstand Jan Deubig, der den Stellenwert von Öffentlichkeitsarbeit bei der Biomüll-Verwertung hervorhob: „Die Vorselektion beim Abfallerzeuger ist unheimlich wichtig.“ Er appellierte an jeden, den Müll möglichst gewissenhaft zu trennen: „Die Bioabfälle sind zu schade, um sie mit dem Restmüll auf der Deponie zu entsorgen.“ Das müsse man den Menschen verstärkt erklären: „Keiner sortiert besser als ein privater Haushalt.“ Finden sich doch Verunreinigungen im Biomüll, kommt die neue Sortieranlage des Unternehmens Tomra Sorting zum Einsatz, die in sekundenschnelle mit Infrarot- und Röntgentechnik und Druckluft Fremdkörper aussortieren kann. László Székely, Entwicklungs-Ingenieur bei Tomra, stellte den Fachleuten die Technik genauer vor. Seit Juni läuft die Maschine im Kapiteltal, berichtet Deubig: „Das ist ein lernendes System. Im Oktober wird weiter optimiert.“ Die Maschine schaffe es, über 90 Prozent der Fremdstoffe herauszuholen. Als „historischen Tag“ bezeichnete Michael Kern, Geschäftsführer des renommierten Witzenhausen-Instituts für Abfall, Umwelt und Energie die Einweihung der Maschine. Die Anlage sei ein „Quantensprung in der Sortiertechnik“.

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