Neustadt Gedenkfeier für Sternenkinder

„Wenn die eigene Mama nicht trauert, wer dann?“, betonen die Organisatorinnen.
»Wenn die eigene Mama nicht trauert, wer dann?«, betonen die Organisatorinnen.

Ein Kind während der Schwangerschaft oder kurz danach zu verlieren, ist der Albtraum für Eltern. Viele schweigen darüber, empfinden das als Tabuthema. Eine Gruppe von vier Frauen sieht das anders und bietet Betroffenen auf dem Neustadter Hauptfriedhof die Gelegenheit zu trauern.

„Es wird eine schöne Gedenkfeier werden, eine anrührende, in der Traurigkeit erlaubt ist“, sagt Organisatorin Ines Sassenberg. Am 27. September wird um 17 Uhr auf dem Hauptfriedhof in Neustadt der Sternenkinder gedacht. Es ist nicht die erste Veranstaltung dieser Art. Schon im vergangenen Jahr kamen viele Mütter, Väter, Geschwister, Großeltern und Freunde zusammen, um ihre Trauer auszudrücken. „Dort waren Frauen, die gerade erst den Verlust erlebt haben, bei anderen lag das Ereignis schon weiter zurück. Eine Dame in ihren Achtzigern erschien, deren Fehlgeburt schon viele Jahre zurücklag, aber bis heute keinen Raum gefunden hatte“, sagt Sassenberg. Das habe sie sehr berührt.

Auch der Umgang der Frauen miteinander war für sie bemerkenswert. Sie nahmen Anteil, verstanden einander und machten sich Mut, ihre Gefühle zu zeigen. „Eine junge Frau, die ihr Kind in der sechsten Woche verloren hatte, traute sich nicht so recht in den Kreis“, erzählt Sassenberg. Andere holten sie mit der Begründung dazu, sie habe das Recht, ebenso wie andere um das Baby zu weinen. „Diese Frauen müssen nichts erklären, denn die anderen wissen, um was es geht. Das macht es leichter“, so Sassenberg.

Ansprechpartnerin für Eltern

Sassenberg ist eine von vier ehrenamtlichen Frauen, die sich um Menschen kümmern, die ein Kind während der Schwangerschaft, kurz danach oder durch Abtreibung verloren haben. Sie arbeitet zusammen mit Friederike Reif, eine evangelische Pfarrerin, die schon seit 20 Jahren als Ansprechpartnerin für Sternenkinder-Eltern ein offenes Ohr hat. Ebenso wie Gemeindereferentin Dagmar Pfeiffer, die ausgebildete Trauerbegleiterin ist und aktuell den Beruf ausübt. Vera Matthäß greift auf Erfahrung aus der ehrenamtlichen Arbeit im ambulanten Kinderhospiz zurück und ist ausgebildete Trauerbegleiterin für Kinder und Jugendliche.

Der Arbeitskreis fand sich unter dem Stichwort „Sternenkinder“. Alle vier Frauen sind selbst Betroffene. Ein Schicksal, das sie mit vielen Frauen teilen. Sie wollen das Tabuthema brechen. Das beginne schon sehr früh, sagt Sassenberg. „Ein Arbeitgeber wird häufig erst nach der zwölften Schwangerschaftswoche informiert, denn dann ist die Gefahr einer Fehlgeburt geringer.“ Warum nicht schon früher Bescheid geben, fragt sie, denn dann habe der Arbeitgeber länger Zeit, auf die neue Situation zu reagieren. Und wichtiger: „Der Arbeitgeber versteht besser, wenn beispielsweise Beschwerden wie Schwangerschaftsübelkeit auftritt oder im schlimmsten Fall eine Fehlgeburt zu beklagen ist. Dann weiß er, warum die Frau fehlt, mit den Gedanken woanders und traurig ist und kann mit mehr Verständnis agieren.“ Wenn niemand informiert werde, dann werde auch die Trauer unter Verschluss gehalten. Sassenberg bedauert, dass betroffene Frauen über ihre Rechte nicht oder nicht ausreichend informiert seien.

„Es ist kein Müll“

„Man kann das Sternenkind mit Namen beim Standesamt registrieren lassen. Auch eine Beerdigung ist möglich“, sagt sie. „Das Kind wird nicht einfach entsorgt. Es ist kein Müll.“ Die rund 60 Fehlgeburten pro Jahr im Hetzelstift werden laut Sassenberg in Landau in einem Gemeinschaftsgrab bestattet. Für die Möglichkeit der Bestattung in Neustadt setzt sich der Arbeitskreis ein. Die Gedenkfeier werde aus einer Ansprache und einer Möglichkeit zur Unterhaltung bei Kaffee und Kuchen im Bestattungsunternehmen Beil bestehen. „Wir werden den Kindern würdevoll mit Musik, vielen Kerzen und Tränen die letzte Ehre geben. Es wird traurig sein, aber es wird der Seele guttun“, sagt sie und ergänzt: „Wenn die eigene Mama nicht trauert, wer dann?“

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