Neustadt Gut abgesteckt ist halb gewonnen

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Samstagmorgen vor und in der Volkshochschule: Lachen und Konzentration halten sich die Waage beim jährlichen „Ausprobiertag“ der Haßlocher Jugendkunstschule, die vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur gefördert wird und die seit 2009 die VHS und das Jugend- und Kulturhaus Blaubär gemeinsam anbieten. Das Wetter ist sehr gut, die Besucherzahl eher überschaubar. „So einen schönen Spätsommertag nutzen viele Familien halt gerne noch einmal für Schwimmbad und Ausflüge“, weiß „JuKuSchu“-Leiter Dieter Magin. Tatsächlich sind Sonnenschein und blauer Himmel aber auch die besten Argumente gewesen, den Werkstand in den Hof zu verlegen. Dort sägen gerade vier Kinder kleine Spanholzherzen aus, schmirgeln die Ränder glatt und bemalen sie anschließend. Mit ihren Töchtern Jana und Angelina, fünf und acht Jahre, ist Jessica Theobald aus Haßloch da – zum zweiten Mal in drei Jahren. „Wir wollen auf jeden Fall auch nach den echten Kursen schauen“, sagt die 38-jährige Haßlocherin, deren Kinder zuvor schon „Phantasiebilder“ per Heißwachsmalerei (Encaustic) und Fröbelsterne aus Papier gebastelt haben. Das Rattern der Nähmaschinen lockt die Besucher dann trotz des tollen Wetters doch noch in das Nebengebäude: Hier probiert sich die neunjährige Marie an der Nähmaschine aus. Sie hat sich alles Andere als das Anfängermodell herausgesucht und beeindruckt damit nicht nur ihre Mutter. „Das machst du wirklich gut“, lobt Kursleiterin Renata Hasch und gibt Tipps, wo Marie drücken muss, „damit es schneller oder rückwärts geht“. „ Gut abgesteckt ist halb gewonnen“, zeigt sich rasch. Marie darf unter Anleitung weißen „gewaffelten“ Futterstoff zusammen mit einem bunten Außenstoff, der die beiden Fische und aktuellen Kinostars „Nemo“ und „Dorie“ zum Motiv hat, zusammennähen. Marie wippt unbewusst bei jedem Stich konzentriert mit dem Kopf mit. Alle paar Zentimeter darf sie eine weitere, dann überflüssig gewordene Stecknadel entfernen und auf das Magnetnadelkissen werfen. Stolz zeigt sie ihrer kleinen Schwester nach nicht einmal einer halben Stunde das Ergebnis. In dem Stoffkörbchen wolle sie künftig Haarspangen aufbewahren, verrät sie. Und Schneiderin Hasch bestätigt eine stärkere Nachfrage beim Nähen. „Ich habe natürlich auch Jungs dabei, und die Mamas wollen genauso wieder nähen lernen“. Nähen sei in der Tat „gerade der absolute Renner“, aber dass er sich trotz des tollen Wetters ein paar Besucher mehr gewünscht hätte, daraus macht Leiter Dieter Magin ebenfalls keinen Hehl. Die Jugendkunstschule verzeichne in den letzten beiden Jahren 160 bis 180 Teilnehmer, 2014 waren es noch gut 200 und 2013 sogar 350 junge Künstler gewesen. Auch das Alter habe sich stark verschoben: „Fast nur noch Grundschüler“, bedauert Magin, „die Jugendlichen interessieren sich leider mehr für ihr Handy“. Mit Smartphones werde zwar ebenfalls „viel fotografiert, aber weniger bearbeitet“, findet der Künstler, der ein echtes Fotolabor den Möglichkeiten einer Handy-App vorzieht. Die Jugendkunstschule muss jedes Jahr beim Land einen neuen Antrag auf Förderung stellen und erhält zurzeit einen Zuschuss von 2500 Euro pro Jahr, so Magin. „Anfangs hatten wir noch 4000 Euro, aber das Land versteht das als Starthilfe, die nach und nach reduziert wird. Die Gemeinden mit Jugendkunstschule müssen sich dann immer mehr selbst einbringen, damit das Land auch wieder andere neue Projekte fördern kann.“ Rund 100 Jugendkunstschulen in Rheinland-Pfalz gibt es, so Magin weiter. Von etwa 30 angebotenen Kursen fänden pro Semester meist 17 bis 18 statt. Die Gemeinde Haßloch beteilige sich durch die Kooperation mit dem Blaubär, der über „einen echten Töpferofen und die Werkstatt“ verfüge. Viele Honorarkräfte seien gegen Aufwandsentschädigung auch bei der Jugendkunstschule tätig. „Irgendwann werden wir aber definitiv kein Geld mehr vom Land bekommen“, sagt Magin. DAS KURSPROGRAMM Rund 30 Kurse um Acrylmalerei, Filzbasteln, Nähen, Heißwachsmalerei, Basteln, Werken, Töpfern, Seifenfiguren gießen, Origami-Bilderbücher und mehr stehen im neuen Programmheft. Es ist an der VHS, im Rathaus/Bürgerbüro sowie in vielen Geschäften erhältlich. Anmeldung und Kontakt: Telefon 06324/820438 (VHS) und 06324/935-460 (Blaubär).

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