Über den Kirchturm hinaus Kirche und Nachhaltigkeit

Johannes Keuck
Johannes Keuck

Es sollte selbstverständlich sein, die Lebensgrundlage zu schützen

Schöpfungsbewahrung – ein Wort, das in kirchlichen Kreisen gerne und zunehmend oft verwendet wird. Was steckt dahinter? Zunächst einmal der Glaube, dass Gott unsere Welt erschaffen hat. Ich stelle mir das nicht allzu mystisch vor. Eher wie eine Urkraft, die alle die vermeintlichen Zufälle passieren ließ, die kosmologisch für die Entstehung des Universums, unseres Sonnensystems und schließlich für Leben auf der Erde sorgten.

Dieses inzwischen vielfältige und doch existenziell bedrohte Leben auf unserem Planeten zu bewahren, meint Schöpfungsbewahrung. Eigentlich sollte es ja selbstverständlich sein, die eigene Lebensgrundlage zu schützen, Wer sägt schon freiwillig den Ast ab, auf dem er sitzt? Doch tut die Weltgemeinschaft genau dies. Wie kann das sein, frage ich mich oft? Eine gute Antwort habe ich nicht gefunden.

Alles neu denken

Ich vermute zweierlei: Erstens ist dem Einzelnen zu wenig bewusst, dass es auf jede und jeden ankommt. Jede und jeder hat einen ökologischen Fußabdruck. In Deutschland ist dieser gemittelt drei Mal so groß, wie es die planetaren Grenzen erlauben. Das Verhängnisvolle ist, und das ist meine zweite Vermutung, dass man die Auswirkungen seines Handelns nicht unmittelbar sieht. CO2 hat keine Farbe, Mikroplastik ist für das menschliche Auge meist nicht sichtbar, und eine aussterbende Tierart liegt nicht vor der Haustür und verwest dort.

Es ist also gut, dass Pfarreien, Gemeinden und kirchliche Einrichtungen sich auf den Weg machen, die Schöpfung zu bewahren. Genau so wichtig ist aber auch, dass Wirtschaft, Politik und Verbraucher ihrer Verantwortung gerecht werden. Dafür wiederum darf nicht zu viel bewahrt werden. Wir werden fast alles neu denken müssen: unsere Mobilität, unsere Wirtschaft, unsere Ernährungsgewohnheiten, unsere Art zu bauen – einfach alles. Um lebenswerte Verhältnisse auf der Erde zu bewahren, werden wir also viel Schöpfergeist brauchen.

Der Autor

Johannes Keuck ist Leiter des Caritas-Zentrums Neustadt

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