Neustadt Klangpracht und Gänsehautgefühle

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Neustadt-Hambach. Herrlich. Wunderbar. Einmalig. Die Besucher in der Hambacher Pauluskirche zeigten sich am Samstagabend mehr als begeistert vom „Rennquintett“ und den drei jungen Solisten, die an diesem Abend den ersten Termin ihrer aktuellen Weihnachtskonzertserie in der Pfalz bestritten. Erst nach einem letzten, in traurig-düsterer Tonart intonierten „Jingle Bells“ durften die Akteure den Kirchenraum verlassen.

Es war bereits das 20. Weihnachtskonzert des Quintetts in der Pauluskirche. „Und immer ist hier Premiere“, sagt Peter Leiner, der durch den Abend führt. Kämen die Darbietungen gut an, werde das Programm unverändert in anderen Kirchen in der Pfalz aufgeführt. Und ob es gefällt, das diesjährige, fast ausschließlich klassisch ausgerichtete Programm. Einen entscheidenden Anteil daran haben die Solisten Elena Harsany (Sopran), Constantin Hartwig (Tuba) und Sandro Hirsch (Trompete). Das erste Gänsehautfeeling gibt es bereits bei der Eröffnung. Peter Leiner und Uwe Zaiser spielen auf der Trompete „Amazing Grace“ an, variieren es in typischer „Rennquintett“-Art, bevor Elena Harsany von der Empore herab das Lied glockenhell anstimmt. Die Bandbreite und das Volumen ihrer Stimme kommt bei „Let the bright Seraphim“ aus dem Oratorium „Samson“ von Georg Friedrich Händel noch deutlicher zum Ausdruck. Nach einem kurzen Vorspiel hebt die Sopranistin an. In schwindelnde Höhen schraubt sie sich hoch, beweist schon jetzt, dass sie, wie Leiner sagt, „eine der Besten an der Saarbrücker Hochschule ist“. Problemlos verharrt sie in den hohen Lagen, kein Zittern, nicht die kleinste Irritation in der Stimme. Die passenden Trompetensoli übernimmt Uwe Zaiser. Mit einem furiosen Tutti endet die Komposition. Auch in „Jauchzet Gott in allen Landen“ von Johann Sebastian Bach bewältigt Harsany mühelos die höchsten Töne. Wieder begleitet sie Zaiser – dieses Mal mit einer Piccolo-Trompete. Perfekt meistert der Profi das Instrument, wie sich nicht nur an den temporeichen Passagen erkennen lässt: Gleich einem Derwisch bearbeitet er die Ventile. Die restlichen Ensemble-Mitglieder bilden den idealen Hintergrund. Beteiligt ist hier auch der erst 19-jährige Trompetenvirtuose Sandro Hirsch aus Landau. Der schon mehrfach ausgezeichnete Trompeter gibt sein Solodebüt beim ersten Satz von Joseph Haydns Trompetenkonzert in Es-Dur. Das eigens für die seinerzeit neu entwickelte Klappentrompete geschriebene Werk stellt hohe Anforderungen. Ohne Fehl und Tadel meistert Hirsch die Tempowechsel, spielt gefühlvoll und zurückhaltend, dann wieder vorpreschend. Es ist eine wahrer Genuss, ihm zu lauschen, seine Begeisterung für das Blasinstrument zu teilen. Für ein außergewöhnliches Klangerlebnis – das „Rennquintett“ ist immer für Überraschungen gut – sorgt die Verbindung von tradierten und neuen Kompositionen. Da intonieren die älteren Meister das Präludium in Es-Dur und die Große Fuge C-Dur von Bach, denen sich übergangslos die „Quattro pezzi“ von Giocinto Scelsi anschließen. Das moderne 1959 geschriebene Stück spielt Sandro Hirsch auf der Empore. Und die grandiose Leistung, die Perfektion, mit der er aus dem Instrument einfach alles herausholt, beschert ihm schon hier nicht enden wollenden Applaus. Und wer bisher geglaubt hat, eine Tuba sei lediglich für die Untermalung gut, wird an diesem Abend eines Besseren belehrt. Gemeinsam mit dem „Rennquintett“ interpretiert Constantin Hartwig aus Rhodt „Nun kommt der Heiden Heiland“. Leichtfüßig unterstreicht er das harmonische Klangbild, tritt aber auch gern in den Vordergrund. Ähnlich brilliert Hartwig beim Tubakonzert von Ralph Vaughan Williams. Schlichtweg hinreißend mutet das Solostück „Blackbird“ von den „Beatles“ an. Mit zwei südamerikanischen Weihnachtsliedern, dem „Panis Angelicus“ von César Frank und dem „Menuit Chrétien“ von Adolphe Adam spielen sich die Musiker weiter in die Herzen des Publikums, das am Ende bei „Tochter Zion“ selbst einfallen darf. Und auch nach 20 Jahren gelingt es dem „Rennquintett“ wieder, die Zuhörer in Hambach zu wahren Applausorgien zu animieren.

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