Neustadt Lieberknecht: Ich wollte nicht abhauen

Hassloch. Frank Lieberknecht wird die Bezirksliga-Fußballer des VfB Haßloch auch in der kommenden Spielzeit trainieren. Um ein Jahr hat er seinen Vertrag verlängert (wir informierten am 23. Dezember). Selbstverständlich war das nicht.

Lieberknecht geht bei den Gelb-Schwarzen im Sommer 2017 in seine sechste Saison. Trainer und Verein scheint eine nie enden wollende Liaison zu verbinden. Doch im September hätte Lieberknecht den VfB beinahe verlassen. Ursächlich war eine schmackhafte Offerte des Verbandsligisten FSV Offenbach, der nach dem Rücktritt von Dietmar Bittner einen Nachfolger suchte. Der FSV wollte Lieberknecht langfristig binden. Lieberknecht dachte intensiv über das Angebot nach. Die prekäre Lage der Südpfälzer, die auch heute noch auf dem letzten Tabellenplatz der Verbandsliga Südwest in sportlicher Armut darben, schreckte ihn nicht ab. „Ich kam ernsthaft ins Grübeln“, sagt Lieberknecht heute. Sein Herz und sein Charakter votierten schließlich für einen Verbleib am Eichelgarten. „Es war auch eine Phase, in der es bei uns nicht so gut lief. Ich wollte nicht abhauen. Ich hätte das gegenüber der Mannschaft nicht rechtfertigen können. Und es war mir wichtig, dass ein Handschlag auch etwas zählt.“ Die Führungsriege hätte dem Trainer keine Gesteinsbrocken zwischen die Beine gerollt. Der Sportliche Leiter Peter Schlegel sagt: „Es war mir bewusst, dass so etwas mal kommen würde und andere Vereine ein Auge auf Frank werfen. Hätte er den Wunsch geäußert zu wechseln, wären wir dem nachgekommen.“ Umso froher ist auch Schlegel über Lieberknechts Treue, die er kurz vor Weihnachten mit seinem Jawort für die Saison 2017/2018 abermals unterstrich. „Man hat ja immer auch das Ohr an der Mannschaft. Und auch sie wollte, dass er weitermacht.“ Mit 29 Punkten überwintert der VfB in der Rangliste der Bezirksliga Vorderpfalz auf Platz neun. Die Lücke zu einem Abstiegsrang ist neun Zähler groß. Zum Ortsrivalen 1. FC 08 auf Position drei fehlen zehn Punkte. Müsste Lieberknecht die Zwischenbilanz mit einer Schulnote bewerten, käme er über eine „Drei bis Vier“ nicht hinaus. „Wir haben Spiele verloren, die ärgerlich waren. Das erste Drittel hätte ein Thema sein können.“ Noch immer mangelt es der begabten Formation an Konstanz. Die Jugendlichkeit seines Personals mag Lieberknecht nicht als Alibi gelten lassen. Man müsse aufpassen, dass sich daraus nicht eine selbsterfüllende Prophezeiung ergebe. „Auch junge Spieler müssen sich entwickeln. Man kann einen Fehler einmal machen, zweimal – aber dann ist’s auch gut.“ Auf Dauer mag Lieberknecht sich mit Mittelmaß nicht begnügen. „Ich bin nicht gewillt, immer die graue Maus zu sein, das wollen die Jungs auch nicht“, sagt er. Ein, zwei erfahrene Recken täten der Truppe gut. Fragt sich nur, wie solche Spieler ohne finanzielle Anreize zu überzeugen sind. „Ein heißes Thema“, bekennt Peter Schlegel. Die Vereinsphilosophie, alles mit eigenen Kräften zu bewältigen, scheint nicht mehr in Stein gemeißelt zu sein. Auch Schlegel begrüßte es, käme ein Routinier hinzu, der sich von vornherein als Verstärkung bezeichnen ließe. Aber, so Schlegel: „Es muss machbar sein.“ Abenteuer verbieten sich, zumal mit dem Umbau der Halle und der sanitären Anlagen auf dem Vereinsgelände ein großes Projekt zu schultern ist und die Finanzmittel beschränkt sind. Jedoch ist sich Schlegel auch des Folgenden bewusst: Die talentierten VfB-Fußballer brauchen eine Perspektive – sonst schließen sie sich womöglich Clubs an, bei denen ihnen diese geboten wird. Wenn schon kaum Geld zu verdienen ist, muss wenigstens ein Aufstieg möglich sein. Das alles hinzubekommen, „ist eine Kunst“, sagt Schlegel. Die Aktivität sei in den vergangenen Jahren so gut aufgestellt wie nie zuvor. Nun gelte es, gemeinsam am Kader zu arbeiten und diesen zu verbessern, ohne der eigenen Jugend den Weg zu verbauen. Eine Gratwanderung. |aboe

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