Neustadt Modehändler: Die 1990er waren die goldenen Jahre

Giovanni Raneri in seinem Geschäft in der Neustadter Hauptstraße.
Giovanni Raneri in seinem Geschäft in der Neustadter Hauptstraße.

Der Einzelhandel hat es derzeit nicht leicht. Das kann Giovanni Raneri, der einen Modeladen in der Hauptstraße betreibt, bestätigen. Es ist aber nicht der Online-Handel, der ihm zu schaffen macht.

Giovanni Raneri hat eigentlich Industrieelektrotechnik gelernt, später auch ein paar Semester Physik studiert. Doch als er 1988 wegen seiner Frau, einer Neustadterin, nach Deutschland kam, nützte ihm das wenig. Denn er sprach kein Deutsch, und das technische Vokabular sei ja noch einmal schwieriger als die Alltagssprache. So führte ihn seine berufliche Laufbahn in eine Branche, für die er früh eine Leidenschaft hatte, wie eine Episode aus seiner Jugend zeigt, von der er erzählt. Als 17-Jähriger sei er mit drei Freunden von Taormina auf Sizilien, woher er stammt, nach Paris gereist. Dort kaufte er ein Paar Schuhe und einen Pullover – und gab dafür die Hälfte seines Reisebudgets aus. „Auf dem Rest der Reise habe ich nur Brot und Bananen gegessen“, blickt Raneri zurück. Aber ihm hätten die Kleidungsstücke eben so gut gefallen.

Das ist auch das, was er bei seiner Kundschaft merkt: „Sie wollen sich was Gutes tun.“ Schnäppchen gibt es bei Raneri Moda bewusst nicht, dafür steht schon der Name Armani. Mittlerweile sei sein Geschäft das einzige in Rheinland-Pfalz, das die italienische Edelmarke führe. Der zunehmende Online-Handel sei für ihn auch kein großes Problem, sagt der Neustadter. Denn: „Unsere Kunden wollen die Ware anfassen und sehen.“

Kritik an Massenkonsum

Zum zunehmenden Online-Shopping hat er gleichwohl eine klare Meinung – und die ist nicht gut. Erstens kritisiert er, dass Unternehmen wie Amazon in Deutschland kaum Steuern zahlten. Und dann missfällt ihm, dass bei dieser Art von Massenkonsum zehn Teile bestellt und neun dann wieder zurückgeschickt würden. Das sei nicht nachhaltig.

Für sein Geschäft nimmt er indes in Anspruch, von Beginn an nachhaltig gewesen zu sein. Denn die von ihm geführten Marken verwendeten hochwertige, zertifizierte Materialien. „Wenn Sie in dieser Saison einen neuen Pullover kaufen, brauchen Sie in der nächsten keinen neuen“, sagt der Unternehmer, der sein Neustadter Geschäft im August 1989 öffnete, damals noch in der Stangenbrunnengasse. 1991 erfolgte der Wechsel in die Hauptstraße 92, und seit 2008 ist es unter der Nummer 112 zu finden.

Aufs richtige Pferd gesetzt

35 Jahre besteht es also, kein richtiges Jubiläum, wie Raneri sagt, aber feiern möchte er es schon ein bisschen; mit einer nichtöffentlichen Modenschau, zu er Kunden einlädt, die ihn seit Jahrzehnten begleiten.

Beim Rückblick sagt er, dass die 1990er die goldenen Jahre gewesen seien. Damals hätten die italienischen Firmen den Modemarkt erobert, der zuvor französisch dominiert gewesen sei. Da habe er mit seiner Auswahl auf das richtige Pferd gesetzt.

In den Jahrzehnten danach folgte so manche Krise. Wobei Raneri die aktuelle besonders spürt. Man merke, dass auch die Mittelschicht aufs Geld schauen müsse, mit Wohlstandsverlusten zu kämpfen habe, sagt er. Wobei es in den vergangenen zwei Monaten wieder etwas besser geworden sei. Seine Interpretation: Die Menschen wollten sich von den schlechten Weltnachrichten ablenken, indem „sie sich etwas Gutes tun“. Und vielleicht zu den aktuellen Herbstfarben smokey blue und nougat greifen. Denn die wirken laut Raneri „entspannt und klassisch“.

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