Stadtleben Pilzparadies im Weinberg

Eine Taschentuch-Verpackung verdeutlicht die Pilz-Größe.
Eine Taschentuch-Verpackung verdeutlicht die Pilz-Größe.

Als Michael Rottmayer jüngst auf seiner üblichen Tour in den Hambacher Weinbergen unterwegs war, staunte er nicht schlecht: Denn in einem Wingert entdeckte er beinahe unzählige weiße Pilze. Rottmayer, der auf der Hambacher Höhe wohnt und im Ehrenamt für die Naturschutzorganisation Pollichia Biotope kartiert, erkannte schnell: Es handelt sich um Riesenstäublinge oder Riesenboviste.

Als er die Pilze das erste Mal gesehen hatte, hatte er nicht die richtigen Schuhe dabei und wollte nicht im Feld herumlaufen. Doch am Dienstag passte dann alles: „Ich war einfach nur erstaunt, wie viele Riesenboviste da wachsen.“ Als Hobby-Naturkundler schaute er sich den Fund genau an und zählte. Rottmayer kam auf 45 Pilzexemplare in einem einzigen Wingert, in einem weiteren Weinberg hat er noch mal zwei entdeckt. Doch nicht nur die Anzahl freute und erstaunte den Neustadter. Auch die Größe der Pilze sei beachtlich: „Sie haben einen Durchmesser von bis zu 50 Zentimetern.“

Wichtig für das Ökosystem

Der Riesenbovist oder Riesenstäubling ist ein Wiesenpilz mit sehr großen Fruchtkörpern. Er gehört zur Familie der Champignonverwandten. Beim Verzehr ist Vorsicht geboten. Doch Rottmayer plädiert ohnehin dafür, die Pilze am besten stehen zu lassen: „Denn jeder Pilz hat seine Berechtigung und seine Bedeutung.“ Ganz schlimm sei es, wenn Bürger die großen Pilze einfach kaputt treten. „Man kann sie doch stehen lassen“, so der Neustadter. Denn Pilze wachsen ja vor allem unterhalb der Oberfläche, „wir sehen oben nur die Frucht“. Pilze seien daher wichtig für das Ökosystem Boden und das Zusammenspiel der Organismen dort.

Rottmayer ist überzeugt, dass das feuchte Wetter der vergangenen Wochen für ideale Wachstumsbedingungen für den Riesenbovist gesorgt hat. Und im Falle des Hambacher Weinbergs kommt noch ein zweiter glücklicher Umstand dazu: „Der Wingert ist schon abgeerntet. Dort lief nun schon länger niemand mehr rum, und es fuhren dort auch keine Maschinen, sodass die Pilze tatsächlich in Ruhe wachsen und gedeihen konnten.“

Auf Plattform melden

Rottmayer hält seinen Fund auch deswegen für etwas Besonderes, „da mir der Pilz in den vergangenen Jahren gar nicht aufgefallen war“. Auch die „Anzahl auf verhältnismäßig kleinem Raum ist eher ungewöhnlich“.

Der Neustadter hofft, dass auch viele andere Spaziergänger lernen, wie wichtig Pilze für das Ökosystem sind. Daher wirbt der ehrenamtliche Pollichia-Mitarbeiter auch für die Internetplattform artenfinder.rlp.de. Auf der Seite der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz könne man Fotos von seinen Entdeckungen hochladen und bekomme von Experten dann Informationen. „Man lernt dort immer etwas dazu“, sagt Rottmayer. Zugleich seien Meldungen auf dem Portal für die Fachleute sehr hilfreich. Sie könnten anhand der Daten erkennen, wie sich das Ökosystem entwickle und wo welche Tiere und Pflanzen noch oft gesehen werden. Bisher wurden mit dem Artenfinder seit 2011 rund 740.000 Daten von den verschiedensten Artengruppen in Rheinland-Pfalz zusammengetragen. „Lieber Daten melden und Sinnvolles tun, als einfach Pilze abzureißen oder zu zertreten“, meint Rottmayer.

Der Blick in den Weinberg zeigt: fast überall Riesenstäublinge.
Der Blick in den Weinberg zeigt: fast überall Riesenstäublinge.
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