Neustadt Plötzlich unter den ersten Sieben

91-93380637.jpg

Hassloch. Für Samira Brand hat sich im vergangen Herbst ein Traum erfüllt. Die Haßlocherin hat in der Zweiten Handball-Bundesliga debütiert. Die 21-jährige Rückraum-Mitte-Spielerin wirkt dabei sehr locker. Mit ihrer Mannschaft, den Kurpfalz-Bären, belegt sie derzeit Platz zehn.

Als Samira Brand noch ein junges Mädchen war, ging sie mit ihrem Vater, einem ehemaligen Handballer, oftmals nach Ketsch zu den Spielen der TSG. Die Ketscherinnen spielten damals in der Zweiten Bundesliga, zwischenzeitlich auch mal für eine Saison in der obersten Spielklasse. Brand gehörte zu den Jungen und Mädchen, die während der Pause und nach dem Spiel Bälle aufs Tor warfen. Und sie gehörte zu den Kindern, die während der 60 Spielminuten davon träumten, später auch mal als Handballer auf dem Parkett zu stehen. Dieser Traum ist dann so etwa ein Jahrzehnt später wahr geworden. Mitte September 2016 stand sie erstmals in einem Heimspiel für die Kurpfalz Bären, wie die Erste Damen-Mannschaft der TSG Ketsch mittlerweile heißt, auf dem Parkett, nachdem das Team als Drittliga-Meister im Sommer in die zweithöchste deutsche Spielklasse aufgestiegen war. „Da ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen“, erzählt die Haßlocherin. Mit dem Handball begann Brand als Vierjährige bei der TSG Haßloch. Das Kinderturnen war ihr zu langweilig geworden. Die anschließend trainierenden Handballerinnen hatten ihr Interesse geweckt. Bis zur B-Jugend spielte sie dann bei der TSG („Haßloch zu verlassen, war ein schwerer Schritt für mich“), ehe sie zu den VTV Mundenheim wechselte. Mit den VTV wurde sie zweimal südwestdeutsche Vizemeisterin (Saison 2009/10 und 2010/11), spielte um die deutsche Meisterschaft. Schon als B-Jugendliche debütierte sie in der Oberliga, entwickelte sich dort schnell zur Stammspielerin und holte mit den Ludwigshafenerinnen zweimal den Titel (Saison 2011/2012 und 2012/2013). Vor dem Wechsel nach Mundenheim lag ihr auch ein Angebot des Erstligisten Thüringer HC vor, der sie gerne in sein Internat geholt hätte. Brand fühlte sich von dem Interesse geschmeichelt. Einerseits. Andererseits wusste sie aber recht schnell, dass sie nicht so weit von zu Hause weg wollte. „Dafür bin ich viel zu sehr Familienmensch“, gesteht Brand. „Wenn ich in das Internat gegangen wäre, hätte ich nur dreimal im Jahr nach Hause fahren können.“ Also ging sie lieber nach Mundenheim – und von dort dann vor dem zweiten A-Jugend-Jahr nach Ketsch. Es war für sie eine Umstellung. Zuvor in Haßloch und in Mundenheim war sie immer die Leistungsträgerin gewesen, die Spielerin, die den Unterschied ausmachte, die fast immer auf dem Feld stand. Nun war sie plötzlich in einer Mannschaft, in der alle Leistungsträgerinnen waren, alle Spielerinnen den Unterschied ausmachen konnten, alle das Selbstverständnis hatten, immer auf dem Feld zu stehen. „Das war am Anfang schon ungewohnt für mich“, sagt Brand. „Aber das wusste ich ja vorher schon. Ich wollte diesen Schritt damals wagen, sonst hätte ich mich im Nachhinein sicherlich darüber geärgert.“ Und der Schritt hat sich ja auch gelohnt. Brand spielte mit der TSG Ketsch in der damals neu gegründeten A-Jugend-Bundesliga, durfte schon bald bei der Ersten Mannschaft mittrainieren und hatte in Pokalspielen gegen unterklassige Gegner schnell auch erste Einsätze. Am Ende der Saison bekam sie einen Vertrag, war nun fester Bestandteil der Ersten Mannschaft. Eigentlich war sie als Ergänzungsspielerin vorgesehen. Doch schon bald war Brand, weil sich eine Mitspielerin schwer verletzte, Stammspielerin in der Dritten Liga. Mit 19 Jahren. „Ich habe das locker genommen, ich bin nicht so der Typ für schlaflose Nächte“, erzählt die Lehramtsstudentin, die mittlerweile in Mainz lebt und zum Training stets nach Ketsch fährt. „Man hat gar nicht die Zeit, um das alles zu reflektieren“, findet sie. „Plötzlich steht man halt auf der Platte und gehört zu den ersten Sieben.“ Gewissermaßen ist das ja mit ihrer ganzen Karriere so. Es folgte ein Schritt auf den anderen – und plötzlich ist man an dem Punkt angekommen, von dem man immer geträumt hat: weit oben. „Großartige Gedanken habe ich mir zwischendurch nie gemacht“, sagt Brand, die mit Ketsch nach zwei Jahren in der Dritten Liga im Frühsommer aufstieg. Auch mit der Zukunft will sie sich nicht großartig beschäftigen. Nur eines weiß sie: Bei einem Verein weit weg von zu Hause zu spielen, zum Beispiel beim Thüringer HC, kann sie sich nicht vorstellen. Mal in der Ersten Liga zu spielen, wäre ein Traum, aber kein Muss. „Es schafft ja auch nicht jeder, mal in der Zweiten Liga zu spielen“, sagt Samira Brand. „Auch darauf kann man stolz sein.“ |tnf

x