Haßloch Podiumsdiskussion: Politiker sorgen sich um Europa

Auf dem Podium: (von links) die Moderatoren Nikolas Gretschmann und Katarina Kreuzer, Bernhard Vogel, Katharina Barley und Jutta
Auf dem Podium: (von links) die Moderatoren Nikolas Gretschmann und Katarina Kreuzer, Bernhard Vogel, Katharina Barley und Jutta Paulus.

Als Höhepunkt des schulinternen dreitägigen Europa-Projekts lud das Haßlocher Hannah-Arendt-Gymnasium drei prominente Europa-Politiker zur Podiumsdiskussion. Anlass war unter anderem das herabgesetzte Wahlalter auf 16 Jahre. Zu kurz kam allerdings die Fragerunde.

Am 8. Mai – Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung – diskutierten die Politiker mit den Schülern über den Sinn des Europaparlaments, den Frieden, Rechtspopulismus und Naturschutz auf EU-Ebene. Es war schon etwas Besonderes, was das Hannah-Arendt-Gymnasium auf die Beine gestellt hatte: ein dreitägiges Europa-Projekt für Schüler der Klassenstufen 8 bis 11, dessen Höhepunkt eine Podiumsdiskussion in der Aula war. Die Teilnehmerliste konnte sich sehen lassen: Katarina Barley (SPD), Jutta Paulus (Grüne), beide Mitglieder des Europaparlaments, und der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen Bernhard Vogel (CDU).

Moderiert wurde die hochkarätige Gästerunde von den Schülern Nikolas Gretschmann und Katharina Kreuzer. Beide belegen den Leistungskurs Sozialkunde. Im Unterricht bereiteten sie sich auf die Politiker und ihre Fragen vor. Ohnehin war das Leitthema Europa an diesen Tagen fächerübergreifend in Geschichte, Ethik, den Sprachen bis hin zu Physik präsent, wo die europaweite Energieversorgung besprochen wurde.

Vogel: Sicherheit aus eigener Kraft

Geschichtslehrer Christof Schlachter sprach einleitend von der Aufgabe der Schule, ein gemeinsames europäisches Bewusstsein der Schüler zu entwickeln, mit dem Ziel, sich als „Bürger Europas“ zu verstehen. Der ehemalige Ministerpräsident Vogel stieg gleich mit der Rolle Europas in Sicherheitsfragen in die Diskussion ein. Er mache sich Sorgen um Europa. Bislang habe man sich in der Sicherheitspolitik auf die USA verlassen. Ob dies weiter mit Donald Trump als Präsident gelänge, sei fraglich. „Wir müssen aus eigener Kraft Sicherheit gewährleisten“, so Vogel. Er nahm Bezug auf Hannah Arendt, die den Begriff der „Banalität des Bösen“ prägte. Das Zitat stammt aus ihrem Bericht über den Prozess gegen Adolf Eichmann. Sie beschreibt, dass die Verbrechen der Nazis eher auf Gedankenlosigkeit und Dummheit als auf Bösartigkeit beruhen. Vogel mahnte, sich auch heute rechtzeitig zu wappnen.

Barley: Frieden ist nicht selbstverständlich

Alle drei Politiker berichteten über die Anfänge der Europäischen Union, mit der die Erzfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich beendet werden konnte. Dem schlossen sich zunächst sechs Nationen an, und die EU wuchs auf heute 27 Staaten. „Es ist der längste Frieden auf deutschem Boden“, so Barley. Der 8. Mai als Tag, an dem der Krieg endete, sei auch der Tag der Befreiung Deutschlands, so Vogel. „Frieden ist nicht selbstverständlich“, betonte Barley und hob als Beispiele die Konflikte zwischen England und Irland hervor. „Damit beide Länder in die EU eintreten konnten, war die Beilegung des Konflikts Voraussetzung“, erinnerte sie und fügte an, dass nach dem Brexit, also dem Austritt Großbritanniens aus der EU, die alten Streitigkeiten aufgeflammt seien.

Paulus: Freundschaft wächst mit Begegnungen

Barley, die selbst einen deutsch-englischen Hintergrund hat, sieht die Gefahr der rechtspopulistischen Tendenzen, die zu dem Brexit geführt hätten. Das habe auch an der mangelnden Wahlbeteiligung der jungen Generation gelegen, die zwar gerne in der EU geblieben wäre, doch nicht aktiv dafür gestimmt habe. „Freundschaft wächst mit den Begegnungen“, so Paulus. Sie begrüßte die umfangreichen Austauschprogramme für Schüler und Studierende, die sich kennenlernen und Vorurteile ablegen könnten. „Es gibt aktuell eine Million Erasmus-Babys“, sagte sie. Das alleine wäre schon ein Zeichen für eine gute Zusammenarbeit, sagte sie augenzwinkernd.

Alle drei Politiker zeigten sich besorgt wegen der steigenden Zahl der Rechtspopulisten. „Sie wollen Europa abschaffen“, so Paulus. „Welche Rolle spielt die EU im Klimawandel?“, fragten die Moderatoren. Es sei sinnvoll, im gemeinsamen Binnenmarkt auf gemeinsame Standards zurückzugreifen, so Paulus. Sie führte den effizienten Austausch von Energie auf Europaebene an. In der EU gebe es jedoch auch konträre Meinungen zu Klimapolitik, Flüchtlingsfragen oder auch zur kriegerischen Auseinandersetzung im Gaza-Streifen.

„Soll man Israel kritisieren?“: Die Frage wurde von einem Schüler aus dem Publikum gestellt. „Israel ist das heikelste Thema der Weltpolitik“, betont Vogel. Israel gebe es nur wegen der Verbrechen der Nationalsozialisten, sagte er. „Wir stehen an ihrer Seite, aber lassen uns nicht das Recht nehmen, sie zu kritisieren.“

Nur eine Stunde dauerte die Podiumsdiskussion. Zu kurz für alle Fragen aus dem Publikum.

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