Neustadt Rüstzeug in Theorie und Praxis

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Dass der Weinjahrgang 2016 trotz teils widriger Bedingungen im Witterungsverlauf von Fachleuten als qualitativ gut bewertet wird, sei nicht zuletzt das Ergebnis der kontinuierlichen Fortbildung der Produzenten, betonte Norbert Schindler, Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, gestern bei der Eröffnung der 70. Pfälzischen Weinbautage im Saalbau.

Weit mehr als 1000 Winzerinnen und Winzer nutzten die Zeit im Januar, wenn die Arbeit in Außenbetrieb und Keller weitgehend ruht, um sich anhand der zahlreichen Fachvorträge und bei der umfangreichen Ausstellung auf die kommende Saison vorzubereiten: „Nachhaltige Strategien für aktuelle Herausforderungen“ waren in diesem Jahr das Thema der von der rheinland-pfälzischen Landwirtschaftskammer, dem Bauern- und Winzerverband, dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Mußbach und dem dort ansässigen Weincampus organisierten Veranstaltung. Für das theoretische Rüstzeug sorgten dabei zahlreiche Fachvorträge der am DLR angesiedelten Bereiche Weinbau und Oenologie, Phytomedizin und Betriebswirtschaft. Und weil es im Weinbau ohne Hardware nicht geht, präsentierten über 70 Händler und Dienstleister rund um den Wein ihre Produkte – vom Flaschenverschluss über die Ausstattung bis hin zum Schlepper. Beim Fachvortragsprogramm geht es heute ab 9 Uhr um Aspekte des Weinbaus und der Oenologie und ab 14 Uhr um Betriebswirtschaft und Marketing. Die Experten vom DLR beschäftigen sich dabei unter anderem mit nachhaltiger Bodendüngung und der Vermeidung von Schäden durch Sonnenbrand, gehen aber auch der Frage nach, ob der teils weltweite Transport in Zeiten des Internet-Handels Einfluss auf die Weinqualität hat. Dominik Durner, Professor für Weinbau und Oenologie am Weincampus, hat bei seinen Untersuchungen zu diesem Thema festgestellt, dass bereits kurzfristige Temperaturschwankungen durchaus Auswirkungen auf die sensorische Qualität der Weine haben können. „Vor dem Hintergrund, dass der Direktverkauf zugunsten der Lieferung durch Versandunternehmen zurückgeht, sind die Weine während des Transports sozusagen außerhalb des Einflussbereichs der Produzenten“, betont Durner. Die Konsequenz sei, dass der Verbraucher die durch den Transport verursachten Qualitätseinbußen fälschlicherweise bei den Winzern verorte und auf andere Hersteller ausweiche. Die rechtzeitige Erkennung von Liquiditätsproblemen und eine nachhaltige Altersversorgung angesichts der andauernden Niedrigzinsphase sind weitere Themen aus dem Bereich der Betriebswirtschaftslehre. Schließlich geht es heute auch um Zukunftsszenarien im Weinbau: Während sich Professor Marc Dreßler dem Jahr 2050 widmet (siehe Bericht auf Lokalseite 1), beleuchten Thomas Weihl und Manfred Gröhl die Strukturveränderungen in den pfälzischen Weinbaubetrieben: Die beiden Experten des Neustadter Weinbauamts und der Landwirtschaftskammer haben unter anderem beobachtet, dass die Zahl der aktiven Betriebe zurückgeht und die Größe der verbleibenden Betriebe zunimmt. Auf dieser Zahlenbasis erwarten Weihl und Gröhl einen weiteren Zuwachs jener Betriebe, die 30 Hektar und mehr bewirtschaften. Die Weinbautage enden heute mit der Fachweinprobe ab 15.30 Uhr, bei der sich Bernd Weik und Ulrich Fischer vom DLR unter der Fragestellung „Welche Weine beflügeln die Märkte?“ mit Benchmarking im Lebensmittelhandel und Export beschäftigen. Südwest |hox

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