Neustadt „Schlechtes Wetter ist nur, wenn kein Wind ist“

Thomas Rössler (links, vor Travemünde) trainiert in der Pfalz auf dem Silbersee oder dem Altrhein.
Thomas Rössler (links, vor Travemünde) trainiert in der Pfalz auf dem Silbersee oder dem Altrhein.

«Neustadt.» Die Meeresküste ist von Neustadt über 500 Kilometer entfernt. Das hält Thomas Rössler jedoch nicht davon ab, einen in unseren Breiten ungewöhnlichen Sport auszuüben: Der zwölfjährige Neustadter vom SC Ludwigshafen segelt und hat im Juli bei den Gemeinsamen Internationalen Deutschen Jugend- und Jüngstenmeisterschaften innerhalb der Travemünder Woche Platz 60 unter 64 Teilnehmern in seiner Klasse der Laserboote 4.7 der unter 16-Jährigen belegt.

Ein kaum aufregendes Resultat, mag der Unbedarfte denken. Doch hatte sich Thomas Rössler als Jüngster für die Teilnahme qualifiziert. Die Konkurrenten waren bis zu vier Jahre älter. „Außer mir war nur noch ein anderer aus dem Jahrgang 2005 dabei“, erzählt der Zwölfjährige. „Und als jüngster Teilnehmer war mein Ziel, nicht Letzter zu werden.“ Es ist ihm gelungen: Rössler hat vier Konkurrenten hinter sich gelassen, liegt in der deutschen U16-Laser-Rangliste unter 57 Seglern auf Platz 23. Dabei ist dem Siebtklässler des Leibniz-Gymnasiums in Travemünde nicht alles gelungen. „Ich war die ganze Zeit 14., dann bin ich im neunten Lauf gekentert und war plötzlich 32“, erzählt Rössler. „Wenn der Wind von hinten kommt und Wellen da sind und dann noch eine Böe kommt, drückt es Dich einfach weg“, erzählt er routiniert von seinem Malheur. Das Rennen hat er beendet, hat sich aufs seitlich im Wasser liegende Boot gestellt und das Segel wieder hochgezogen. „Das Wasser war schon kalt, aber ich hatte einen dicken Neoprenanzug an.“ Anstrengend war aber nicht nur diese Aktion. Auch die einzelnen Wettfahren haben Energie gekostet. „Eine Fahrt dauert rund eine Stunde“, informiert der junge Neustadter. „Bis die Teilnehmer aber draußen sind , ist meist schon eine Stunde rum“, ergänzt seine Mutter Tanja. Denn die Segler messen sich drei Seemeilen vom Strand entfernt. Und zwischen den Fahrten gibt es nur fünf bis zehn Minuten Pause. „Für die, die als Erste reinkommen, ist die Pause natürlich länger“, gibt Rössler schmunzelnd zu. Weil an einem Tag dank Tief Alfred Windstärke acht geherrscht hatte, mussten die Nachwuchssegler tags darauf fünf Fahrten absolvieren. Thomas Rössler hält sich im Wettkampf gerne mit Süßem, mit Riegeln aus weißer Schokolade, fit. „Die hatte ich meinem Trainer mitgegeben“, berichtet er. Normalerweise begleitet ihn Johannes Mengel im Coachboot bei einer Wettfahrt. Doch war der diesmal krank ausgefallen. Kurzfristig war ein Kollege aus Hessen eingesprungen, und den hat der Neustadter mit seiner guten Laune beeindruckt. „Als Thomas als Letzter im vierten Lauf zurückkam, ging der Trainer besorgt zu ihm“, erinnert sich Tanja Rössler. Ihr Sohn habe festgestellt, der Start sei schlecht gewesen, die Kreuz ebenso, an der Boje sei es schlecht gelaufen, „alles war eine Katastrophe“. Und er habe dabei gelacht. Woraufhin der fremde Coach gemeint habe: „Thomas muss das Segeln wirklich lieben.“ Das tut er. Sein Opa habe schon gesegelt – am Otterstädter Altrhein. „Ich bin quasi auf dem Boot aufgewachsen“, verrät Thomas Rössler grinsend. Auch er trainiert auf dem Altrhein oder aber auf dem Silbersee bei Bobenheim-Roxheim. „Ich segel meist an den Wochenenden, wenn Wind ist, und trainiere jeden Freitag auf dem Silbersee.“ Zudem nimmt er an Regatten in Slowenien, der Schweiz, in Frankreich, auf dem Edersee oder der Bevertalsperre teil. Die Regatten verbindet die Familie meist mit einem Urlaub. Spötter sagten, ergänzt sein Vater Andreas lachend, „die Pfälzer trainieren auf überfluteten Waldwegen“. Thomas Rössler steuert sein eigenes Boot, das in Otterstadt liegt. Einen Namen hat er ihm nicht verpasst. „Wenn man an der Startlinie ist und man macht einen Frühstart, ist es blöd, wenn ein riesenfetter Name draufsteht, den jeder sehen kann“, erklärt der pfiffige Junge. Vor jedem Wettkampf werden die Boote der Teilnehmer vermessen. „Es darf auch nur eine gewisse Anzahl an Klemmen haben“, informiert Rössler. Seine Eltern haben seine Fahrten in Travemünde am Computer-Bildschirm verfolgt - alle Boote waren mit GPS versehen. „Unsere Arbeit findet vorher und nachher statt“, erzählt Vater Andreas lachend. „Abladen und aufladen.“ Der Job von Thomas Rössler vor dem Start ist, das Boot zu polieren, damit es schön und schnell ist. Und nachher muss es bei Wettfahrten im Salzwasser gereinigt werden. „Da ist viel los, wenn bei 300 Leuten am Strand nur ein Wasserschlauch vorhanden ist und alle versuchen, ihre Boote abzuspritzen“, erinnert sich der Zwölfjährige. In seinem nächsten Rennen hat er dieses Salzwasser-Problem nicht: Am 23. und 24. September startet er bei einer Regatta auf dem Silbersee. „Man braucht gut Muskelmasse zum Segeln, weil es bei viel Wind anstrengend ist“, erzählt der Zwölfjährige. „Und man muss üben, üben, üben.“ Schlechtes Wetter, stellt er schmunzelnd fest, „ist nur, wenn kein Wind ist.“ Kontakt Jungen und Mädchen ab sechs Jahren, die sich für Segelsport interessiert, wenden sich an die Familie Rössler, Telefon 06321/83893

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