Neustadt Streitschlichtung: Auszeichnung für Mußbacher Grundschule

Lars Lindner beim Herzkreis mit der Klasse 4b.
Lars Lindner beim Herzkreis mit der Klasse 4b.

Streitigkeiten einvernehmlich und gewaltfrei zu lösen, ist ein wichtiger Erziehungs- und Bildungsauftrag. Warum die Mußbacher Grundschule dabei auf ein ganz besonderes Modell und die Eigenverantwortung der Kinder setzt.

Die Grundschule Mußbach nutzt als Grundlage das Bensberger Mediations-Modell (BMM). Es beinhaltet eine Vorgehensweise, die es Schulkindern ermöglicht, ihre Konflikte im Alltag eigenverantwortlich und konstruktiv zu lösen. Durch praktische Übungsbausteine lernt jedes Kind im Verlauf der Schulzeit, zunächst mit Hilfe der Erwachsenen und später zunehmend selbstständig, Konflikte eigenverantwortlich und nachhaltig zu lösen. Prävention und Intervention sind im BMM eng verzahnte Bestandteile des Konfliktlösungsprozesses in Schulen. Nachdem die Grundschule Mußbach die dazu erforderlichen Vorgaben erfüllt hat, erhält sie am 30. September eine Plakette und ein Zertifikat, das sie als BMM-Schule ausweist.

Rektor Lars Lindner kam mit dem BMM zum ersten Mal bei seinem vorhergehenden Einsatz an der Grundschule in St. Martin in Kontakt. „Ich hatte dort eine etwas schwierige vierten Klasse, in der es ständig Konflikte zwischen einzelnen Kindern gab. Die damalige Schulelternsprecherin hatte als Erzieherin dieses Mediationsmodell kennengelernt, gute Erfahrungen damit gemacht und legte mir ans Herz, das doch mal zu probieren“, erinnert sich Lindner.

Schüler werden Streithelfer

Nachdem er 2015 zur Grundschule Mußbach gewechselt war, begann er dort von Anfang an, das BMM in die täglichen Schulabläufe zu integrieren. In den sieben Jahren seither konnte er seine Kollegen als Mitstreiter gewinnen, die von der Wirksamkeit des Modells ebenso überzeugt seien wie er. „Außer mir ist noch eine weitere Lehrerin unserer Schule zur Mediatorin ausgebildet worden, aber alle Lehrkräfte wurden bei internen Fortbildungen mit den Methoden vertraut gemacht“, so der Rektor. Darüber hinaus gibt es jedes Jahr, meist in den vierten Klassen Schüler, die sich im Rahmen von dafür vorgesehenen Arbeitsgruppen zu Streithelfern ausbilden lassen.

Der erste Schritt für die Einführung und Umsetzung des gelenkten Konfliktlösungsprozesses war die Etablierung des täglichen Herzkreises in den Klassen. Dabei reichen sich die Kinder jeweils ein Herz weiter, sehen ihrem Gegenüber in die Augen und führen ein persönliches Gespräch mit festgelegten Sprachinhalten. „Schon bei diesem Ritual zu Beginn lernen Kinder, sich selbst und ihr Gegenüber wahrzunehmen, sich anzusehen, ihre Gefühle überhaupt selbst wahrzunehmen, sie auszusprechen und die richtigen Worte dafür zu finden“, erläutert Lindner. „Ob sie glücklich, zufrieden, traurig oder müde sind, das lernen sie erst mit der Zeit ausdrücken zu können. Von daher ist dieser Herzenskreis auch ein Teil des Wortschatz-Trainings.“

Wichtiger Baustein: der Herzkreis

Die Zeit, die dafür benötigt wird, sei sehr gut investiert. Die Kinder lernen so das Sprechen und Zuhören, sie lernen, sich in ihr Gegenüber hineinzuversetzen und die Situation mit den Augen des anderen zu sehen. Dadurch wird ihre Kommunikation, aber auch ihre Empathie gefördert und trainiert. Für ihn ist der Herzkreis „der Basisbaustein für das Erlernen einer Streitkultur“. Es folgen weitere Bausteine des BMM, wie die Erste-Hilfe im Streit, das Konfliktgespräch mit einem Streithelfer oder Mediator und das Hosentaschenbuch als Leitfaden mit vielen Tipps und Hinweisen. „Die Kinder merken schnell, dass es dabei um sie selbst und um ihr Wohlbefinden geht und kommen daher auch von sich aus auf die Streithelfer oder Mediatoren zu. Das ist für mich der beste Beleg dafür, dass das Modell funktioniert“, meint Lindner.

x