Neustadt Wie Besuchshündin Estella alten Menschen Freude bringt

Lässt die Gesichter der Bewohner des Paul-Gerhardt-Hauses strahlen: Besuchs- und Begleithund Estella mit ihrer Besitzerin Anette
Lässt die Gesichter der Bewohner des Paul-Gerhardt-Hauses strahlen: Besuchs- und Begleithund Estella mit ihrer Besitzerin Anette Langhauser.

Der erste Besuchs- und Begleithund der Malteser in Neustadt soll älteren Menschen die Einsamkeit nehmen. Wie das gelingt, hat sich die RHEINPFALZ bei einem Besuch im Paul-Gerhardt-Haus angesehen.

Feuchttücher, ein großer Plastiklöffel und jede Menge Leckerli: Die Einsatztasche von Anette Langhauser ist gepackt. Die 60-Jährige legt ihrer Hündin Estella noch ihre Arbeitskleidung, ein rotes Halstuch, und die Leine an, dann kann es losgehen. Die beiden sind auf dem Weg ins Paul-Gerhardt-Haus. Denn der zweijährige Schafspudel ist der erste Besuchs- und Begleithund bei den Maltesern in Neustadt.

Schon vor dem Haupteingang wird Estella von einer älteren Dame begrüßt, die gerade mit ihrem Rollator ein paar Runden dreht. „Estella, bist du auch wieder bei uns?“, fragt die Senioren und wuschelt dem Hund über den Kopf. Nach einem kurzen Plausch muss Langhauser aber weiter – schließlich warten ein Dutzend Seniorinnen und Senioren auf der Terrasse auf den tierischen Besuch.

Wohltuende Berührung

Und der wird mit großer Freude empfangen. Bei der Begrüßungsrunde führt Langhauser ihre Hündin einzeln an die Bewohner heran, die im Kreis unter Sonnenschirmen sitzen. Die Gesichter der Pflegebedürftigen blühen auf, sobald ihre Hände das zottelige, aber weiche Fell von Estella berühren. „Oh bist du ein schöner“, heißt es da, und „Oh bist du lieb“. Das Lob für die brave, ruhige Hündin reißt auch nicht ab, als Langhauser sie kleine Kunststücke in der Mitte des Kreises vorführen lässt. Vom Sitz kommt der Vierbeiner ins Liegen, rollt sich dann über den Boden, um gleich darauf ein Leckerli aus der Luft zu fangen.

Jede Menge Hundesnacks erwarten Estella auch in der anschließenden Fütterungsrunde. Jeder Bewohner darf ihr etwas geben, entweder direkt aus der Hand oder – für diejenigen mit Hemmungen – aus dem langen, großen Plastiklöffel. „Weg isses“, kommentiert eine ältere Dame den Appetit des Schafspudels. „Der ist süchtig nach den Dingern“, ist ihre Nachbarin sicher und lacht. „Das könnte man den ganzen Tag machen“, sagt eine andere Frau, die ganz entzückt ist, dass Estella auf Kommando die Pfote auf ihr Knie legt. Einem blinden Mann leckt sie über die Hand. „Du kommst zu mir? Ich habe doch gar keine süße Haut“, sagt dieser ganz erstaunt.

Schwelgen in Erinnerungen

Einer Bewohnerin, die über ihre jüngst verstorbene Freundin trauert, spendet Estella Trost. Bei anderen weckt sie die Erinnerung an alte Zeiten mit eigenen Haustieren. „Ich weiß noch genau, als meine Tochter mal die Leckerlis von unserem Hund gegessen hat“, gibt eine Bewohnerin eine Anekdote zum Besten. Den Senioren gefällt die Abwechslung, die der Vierbeiner ins Alten- und Pflegeheim bringt – „und die liebe Art, wie er mit Menschen umgeht“, wie eine Frau erklärt.

Nach gut 45 Minuten lässt die Konzentration des Begleithundes langsam nach, was ihrer Besitzerin zum Beispiel dadurch auffällt, dass Estella plötzlich neugierig die Schnauze in eine Rollatortasche steckt. Es wird also Zeit zu gehen. Zum Abschied gibt es aber natürlich noch mal eine Streichelrunde.

Hunde im Heim willkommen

Gebucht werden kann der Besuchs- und Begleitdienst über die Malteser oder die Gemeindeschwester plus. „Der Wunsch nach Tieren war hier schon lange da, daher haben wir das Angebot der Malteser gerne angenommen“, sagt Marion Dähling-Sutter, Leiterin des Bereichs Beschäftigung und Betreuung im Paul-Gerhardt-Haus. Versuche mit einer künstlichen Robbe, die in einer Einrichtung in Frankenthal gut angekommen sei, hätten in Neustadt nicht geklappt. Dass Hunde im Haus seien, sei aber nicht völlig neu, da in der Pandemie manche Mitarbeiter nach Absprache ihre Haustiere mitgebracht hätten.

Daher kennt die Bereichsleiterin die positiven Effekte von Tieren auf die Bewohner. „So ein Hund wirkt beruhigend, weckt Erinnerungen und hilft, die Einsamkeit zu durchbrechen“, sagt Dähling-Sutter. Gerade bei Bettlägerigen, die weniger hausinterne Angebote zur Auswahl haben, bemerke sie einen „Wohlfühleffekt“. Das sieht auch Langhauser so: „Die Menschen fassen zu Tieren schnell vertrauen und können sich im Kontakt öffnen.“

Ausbildung startet im September

Langhauser, die sich seit 20 Jahren bei den Maltesern engagiert, besucht das Paul-Gerhardt-Haus jeden Dienstagmorgen und einmal pro Monat auch samstags. Immer wieder macht sie auch Einzel- oder Hausbesuche. Wie oft sich ein Team aus Mensch und Hund mit Besuchen engagiert, sei jedem selbst überlassen, betont Langhauser.

Besuchshunde sollten mindestens anderthalb bis zwei Jahre alt sein, dann gelten sie als wesensfest. Die Ausbildung, wird bei den Maltesern in Kooperation mit Annette Buban-Waibel und ihrer Hundeschule „Freche Hummel“ in Edenkoben angeboten, dauert drei Monate und umfasst theoretische und praktische Übungen, zum Beispiel, was den Umgang mit Rollator oder Rollstuhl angeht.

Im September startet ein neuer Ausbildungszyklus, es werden noch Interessierte Zwei- und Vierbeiner gesucht. Voraussetzungen: Der Hund muss ein Grundgehorsam aufweisen, muss entwurmt und geimpft sein und einen Gesundheitstest beim Tierarzt absolvieren. Herrchen oder Frauchen müssen ein Führungszeugnis vorlegen. Mehr Infos und Anmeldung bei Anette Langhauser unter Telefon 0152 52156331 oder per E-Mail anette.langhauser@malteser.org anmelden.

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