Über den Kirchturm hinaus Wie wichtig das Miteinander ist

Elke Wedler-Krüger
Elke Wedler-Krüger

Beobachtungen in Pflegeheimen

Ein Geburtstagsbesuch bei einer lang gedienten Mitarbeiterin der Gemeinde im Pflegeheim steht an, die seit ein paar Jahren aufgrund ihres Gesundheitszustandes in einem Seniorenheim wohnt. Die Dame an der Rezeption, die ich nach der Zimmernummer frage, hat einen leichten osteuropäischen Akzent. In der Pflegestation angekommen fragt mich ein Pfleger mit afrikanischen Wurzeln energisch, zu wem ich wolle und wieso. Sein gutes Recht und ich freue mich, dass es Menschen gibt, die den Überblick behalten. Immer wieder begegnen mir Menschen mit Migrationsgeschichte und viele davon auf den Pflegestationen. Besuche ich pflegebedürftige Menschen zu Hause, dann öffnet mir eine Ludmilla aus Litauen oder ein Pavel aus Polen die Tür. Ohne sie würde der Pflegenotstand, einer unserer dringlichsten Probleme unserer älter werdenden Gesellschaft, gar nicht mehr zu bewältigen sein. Wie gut, dass wir diese Gruppe der Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger aus vielen Ländern haben.

„Einer trage des anderen Last so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ So hat der Apostel Paulus die einfache Formel des Miteinanders in seinem Brief an die Galater geschrieben. So funktioniert das Zusammenleben. Miteinander.

Und wir brauchen den Dienst an den Menschen. Das ist mir noch einmal deutlich geworden bei dem Besuch des Sommerfestes in einem Behindertenheim der Niederramstädter Diakonie. Ich habe meine 89-jährige Mutter dorthin begleitet, weil mein behinderter Bruder dort lebt. Mit Unterbrechung machen wir das seit 20 Jahren. Ich kann mich an Sommerfeste erinnern, da waren viele Angehörige da und der Austausch als Eltern oder Geschwisterkind hat immer funktioniert. In den letzten Jahren sind immer weniger Angehörige gekommen. Die Bewohner des Heimes sind älter geworden und auch ihre Eltern, zum Teil jetzt selbst pflegebedürftig oder schon verstorben. Geschwister sind manchmal gar nicht vorhanden oder sie wollen oder können nicht da sein. Da sind die Heimerzieher und Heimerzieherinnen Familienersatz. Die, die Hand halten, über den Kopf streichen oder ein gutes Wort zur rechten Zeit haben. Oder mit auf den letzten Weg gehen, wenn keine Familie mehr einen Menschen am Grab betrauern kann.

„Einer trage des anderen Last.“ Ich hoffe nur, dass es genug Menschen gibt, die diese wertvolle Aufgabe weiterhin machen, mit Migrationsgeschichte oder ohne. Denn ich kann und will es mir nicht vorstellen, dass am Ende meines Lebens ein Pflegeroboter mir die Hand hält.

Die Autorin

Elke Wedler-Krüger ist Pfarrerin in Duttweiler

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