Neustadt „Wir gegen Altersarmut“: Verein macht mit Geschenken auf sich aufmerksam

Übergaben kleine Aufmerksamkeiten an ältere Tafelbesucher: Dietgard Klingberg (links) und Birgit Wersch von „Wir gegen Altersarm
Übergaben kleine Aufmerksamkeiten an ältere Tafelbesucher: Dietgard Klingberg (links) und Birgit Wersch von »Wir gegen Altersarmut«.

Sie wollen Älteren in Not helfen: „Wir gegen Altersarmut“. Um sich und sein Hilfsangebot bekannter zu machen, hat der neue Verein über die Neustadter Tafel eine weihnachtliche Geschenkeaktion gestartet.

„Wir wollen mit Sachspenden dort einspringen, wo kein anderer da ist“, erklärt Dietgard Klingberg. Im Spätsommer dieses Jahres hat sie sich mit sieben weiteren Frauen zusammengetan, um der schleichend zunehmenden Altersarmut in Neustadt etwas entgegenzusetzen: Es war die Geburtsstunde des Vereins „Wir gegen Altersarmut“. Seither bauen die Vereinsmitglieder ihr Netzwerk zu anderen Organisationen, Vereinen, Institutionen und zur Verwaltung aus.

Noch vor der offiziellen Gründung hat die Gruppe das Gespräch mit dem Verein „Silberstreif“ in Landau gesucht, der eigene Erfahrungen im Kampf gegen Altersarmut weitergab. Um Kontakte zur Zielgruppe – Menschen ab 65 Jahren, die in finanziellen Nöten stecken – zu knüpfen, hat „Wir gegen Altersarmut“ am Mittwoch bei der regulären Ausgabe der Neustadter Tafel eine Aktion gestartet: Die Älteren erhielten Tüten mit Nützlichem wie Zahnbürsten und -pasta, Hautcreme, Waschmittel oder Shampoo als Aufmerksamkeit im Advent. „Wir wollen zeigen, dass es uns gibt“, sagt Klingberg. Dabei helfen soll ein Flyer, der jeder Geschenktüte beiliegt.

Förderpreis als Starthilfe

Möglich war die Aktion, die am 20. Dezember wiederholt werden soll, weil die Horizont-Stiftung für Seniorenhilfe mit Sitz in Schifferstadt „Wir gegen Altersarmut“ mit ihrem Förderpreis bedacht hat. Andrea Schuff, stellvertretende Vorsitzende der Stiftung, begründet die Prämierung: „Der Verein hat wie wir die Altenhilfe zum Ziel, wir als Stiftung haben aber nicht die gleichen Ressourcen. Deshalb wollten wir den Start unterstützen.“ Altersarmut sei ein Zukunftsthema, das mit dem demografischen Wandel immer relevanter werde. Lokal vernetzt zu agieren, schaffe für Betroffene mehr Zugänge zu Hilfen .

Das Preisgeld von 2000 Euro wurde noch etwas aufgestockt und in die Weihnachtsüberraschung für rund 90 Personen investiert. Die Zusammenarbeit mit der Tafel sei auch deshalb essenziell, um überhaupt in Kontakt mit den Menschen zu kommen, die einen Bedarf haben, erklärt Vereinsmitglied Birgit Wersch. Denn wegen des Datenschutzes kann der neue Verein nicht einfach irgendwo abrufen, wer seine Hilfe brauchen könnte.

Wöchentliche Sprechstunde

Das erste Ziel für 2024: eine wöchentliche Sprechstunde montags im Mehrgenerationenhaus, der offiziellen Geschäftsstelle, zu etablieren, um mit Betroffenen in Kontakt zu kommen und deren Bedürfnisse zu erfahren. „Wir wollen unbürokratisch mit Sachleistungen helfen und als Ansprechpartner da sein“, fasst Wersch zusammen.

„Ich war im ersten Moment überrascht über die zusätzliche Tüte, aber habe mich dann gefreut, dass wir Älteren bedacht wurden“, sagt ein Mann, während er seine Lebensmittel zur Seite räumt. Den Inhalt findet er nützlich und den Ansatz, darüber von Altersarmut Betroffene zu erreichen, gut. Ob die Aktion ausreicht, damit die Leute sich aktiv Hilfe beim Verein holen – da ist der Mann sich unsicher. „Die Hemmschwelle ist groß, die meisten suchen erst Hilfe, wenn es einen Notfall gibt.“ Eine Frau aus der Ukraine freut sich ebenfalls über die Tüte, auch wenn sie wegen der Sprachbarriere nicht verstanden hat, warum sie sie bekommen hat. Ob sie zur Sprechstunde gehen würde? „Ich? Nein“, sagt sie sofort.

Scham überwinden, Vertrauen aufbauen

„Es sind noch etliche Schritte zu machen“, sagt Klingberg. Einerseits strukturell, damit der Verein mit seinen Netzwerkpartnern effizient helfen kann. Andererseits brauche es viel Zeit und Geduld, um ein Vertrauensverhältnis zu den Betroffenen von Altersarmut aufzubauen. „Scham spielt in dem Bereich eine große Rolle. Darum ist der persönliche Kontakt besonders wichtig.“ Die acht Frauen im Verein bringen laut Klingberg neben einem eigenen Netzwerk „ganz unterschiedliche Biografien und Talente“ mit, die der ehrenamtlichen Arbeit zugutekommen. Trotzdem würde sich die Gruppe über Zuwachs freuen – und über Spenden, ohne die sich Ideen nicht umsetzen lassen.

Info

Wer älter ist und Hilfe braucht oder sich ehrenamtlich im Verein „Wir gegen Altersarmut“ engagieren will, kann sich unter Telefon 06321 31720 oder per E-Mail an info@wir-gegen-altersarmut.de melden.

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