Neustadt Wo die Wanderstiefel wippen

Entspannte Töne: die Jazzband „So What“ aus Heidelberg.
Entspannte Töne: die Jazzband »So What« aus Heidelberg.

«DEIDESHEIM.» Jazz und Wein, das passt. Für die Freunde des Jazz ist der Tag der Deutschen Einheit schon fast ein Muss, die Wanderschuhe zu schnüren, mit Rucksack und Stielgas sich auf den Weg zu den weltbekannten Weinlagen in Deidesheim und Ruppertsberg zu machen. Dann gibt es Jazz vom Feinsten, aber auch edle Tropfen und Leckereien aus der Region. Familiär und hausgemacht.

Auch diesmal kamen bei nicht mehr allzu warmen Temperaturen zur 12. Jazzwanderung knapp 2000 Besucher aus dem gesamten Bundesgebiet nach Deidesheim. Da konnte sich auch Yvonne Moissl freuen. „Das war wieder eine perfekte Veranstaltung“, strahlte die Kulturmanagerin, die einst diese einzigartige Veranstaltung an der Weinstraße aus der Taufe gehoben hat. „Es werden immer mehr Stammgäste, die alljährlich diesen Tag einfach genießen wollen“, erzählt Moissl. Ihr Konzept ist auch überzeugend. „Wir wollen aber keinesfalls noch größer werden. Es soll auch familiär bleiben.“ Noch ehe sich die ersten Jazzfreunde auf die Strecke machten, überraschten sie die beiden Straßenmusiker Gustav und Gerlinde. Mit ihrem Sousaphon und der Melodica überraschten sie mit Hits von Johnny Cash und ließen die ersten Gäste schon ihre Füße wippen. Sie machten zugleich auf Appetit auf die weiteren vier Jazzpoints. Dabei gab es diesmal wieder neue Gesichter. Ein gerne gesehener Stammgast ist der holländische Entertainer Huub Dutch. Der Mann mit der Trompete beherrscht sein Metier wie kaum ein anderer. Er ist in der Szene ein Original, der seinen Bass in einem alten Betonmischkübel erzeugt, aber auch mit einem Wäscheleinphon einen satten Sound erzeugen kann. Und wenn dann noch sein Partner Chris Oettinger am Piano in die Tasten hämmert, dann kennt ihr Repertoire meist keine Grenzen. Genial ihre swingende Max- und Moritz-Vertonung, die ihnen auch diesmal einen Sonderapplaus brachte. Nicht nur Swing und Blues standen bei den beiden Vollblutmusikern hoch im Kurs. Auch Chansons und Boogie hatten sie auf dem Programm. Zum festen Inventar der Jazzwanderung gehören auch die Musiker von „So What“, jene Musiker des älteren Genres, die sich nach dem Lieblingsspruch von Miles Davis, dem legendären Komponisten, benannt haben. Bei ihnen stimmte die Mischung. Als Special Guest hatten sie diesmal Bo Schmich dabei. Die Mannheimer Sängerin bestach bei ihrem ersten Auftritt mit ihrer Stimme: nuanciert im Ausdruck, sicher in der Intonation und exakt im Timing. Eine Sängerin, die viele neue Freunde in den Weinbergen fand. Bo Schmich war sicherlich nicht zum letzten Mal dabei. „Eine außergewöhnliche Stimme“, lobte Gerald Aumüller. „Die Mischung stimmt einfach bei der Jazzwanderung. Es sind bewährte Gruppen, aber auch einige neue Gesichter dabei. Das schafft Neugier“, meinte Anna Seidel. Die 55-Jährige war bereits zum vierten Mal aus Homburg nach Deidesheim gekommen. Eine besondere Premiere erlebte diesmal das Trio der Jazzpolizei, eine Marchingband in Uniformen mit überdimensionaler Polizeikappe und Deutschlandflagge. Die Berliner können tatsächlich über Megafon und Funkmikro singen. Sie lieferten pausenlos akustischer Swing, aber auch Dixie vom Feinsten. Da blieb kaum ein Besucher ruhig auf seinen Beinen. Da wurde gewippt und geschunkelt, man ließ einfach der guten Laune seinen freien Lauf. „Grandios“, meinte Jan Friedrichs. Der Frankfurter war zum ersten Mal dabei und beeindruckt von dem Ereignis. Dass der Spaß dabei nicht zu kurz kam, dafür sorgten auch Skotty, der jazzige Eisverkäufer seine Fans. Der Bottroper Jazzkünstler überzeugte nicht nur als Trompeter, sondern auch als Entertainer mit seiner Show „Der Eismann kommt“. Eine kabarettistische Einlage von persönlich erlebten Geschichten – liebenswert, aber auch komisch.

x