Pirmasens Aus vielen Quellen geschöpft

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Man muss nicht unbedingt ein erklärter Fan der Country & Western-Musik sein, um an dem von der Initiative „Kultur im Dorf“ veranstalteten Konzert, das am Samstagabend über die Bühne des Hauensteiner Bürgerhauses ging, richtig Gefallen zu finden.

Kent Heidenreich (Gitarre) und Mike Scheick (Keyboard), Freunden der regionalen Szene als Mitglieder der Country-Band „Long Road“ bekannt, schöpften tief aus vielen Quellen des Genre, wussten musikalisch zu überzeugen und trieben einige der rund 60 Zuhörer sogar auf die Tanzfläche – zum Line Dance. Kent, der Pirmasenser aus Florida, und Mike, der Pirmasenser „vum Summerwald“, zauberten aus Gretsch-Gitarre – Bono, Neil Young und George Harrison spiel(t)en Instrumente aus dem gleichen Haus – und aus Keyboard einen überaus satten, dichten Sound. Die Technik macht’s möglich: Da kommt, wenn’s der Song verlangt, auch die Fiddle aus den Boxen, Bass und Drums sowieso, und ab und an sind auch – beispielsweise – ein Banjo oder eine Steel-Guitar zu hören; alles sehr sauber, sehr klar, sehr differenziert. Zum Instrumentarium gesellen sich zwei Stimmen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Hier Mikes eher tiefes Timbre, dort Kent, dessen Stimme ein paar Lagen höher klingt. Und wenn die beiden (zwei-)stimmig singen, dann harmoniert das sehr hörenswert. Mike gibt zudem den launigen, lebhaften Moderator, Kent bleibt eher zurückhaltend, spielt fast stoisch seine klar strukturierten Parts – ohne „Ferz“, wie der Pfälzer das anerkennend zu charakterisieren beliebt. „Country & Western“ also war angekündigt, jene Musikrichtung, die Anfang des 19. Jahrhunderts aus Elementen der Volksmusik europäischer Einwanderer beispielsweise aus Irland oder England entstanden war und sich durch die Adaption von Einflüssen anderer Genres wie des Blues, des Rock ’n’ Roll oder des Rock zu einer selbstständigen Stilrichtung entwickelten, wobei die Frage, ob Country und Western nicht doch zwei eigenständige Richtungen sind, eher akademischen Charakter hat. Sei’s drum: Kent und Mike zeigten im Bürgerhaus die ganze Bandbreite dessen auf, was unter dieser Flagge segelt: Da gab’s Lieder, die genau das darstellen, was man sich gemeinhin als Country & Western vorstellt, wie Alabamas „If you gonna play in Texas“ oder „Wagon Wheel“, das eigentlich auf einem Song Bob Dylans basiert, und da gab’s Songs von Johnny Cash wie das wohlbekannte „Ring of Fire“ oder „Folsom Prison Blues“, das der „Man in Black“ während seiner Zeit bei der US-Air-Force im bayrischen Landsberg geschrieben hatte. Und da gab’s Songs, die man auch aus anderer Umgebung kennt, die aber Richtung Country & Western gebürstet waren: Elvis Presleys „Devil in Disguise“ etwa oder „Lying Eyes“ von den Eagles, den Protagonisten der West-Coast-Musik und des Blue-Grass-Rock, oder „Bad Moon Rising“ von Creedence Clearwater Revival, die ihren Southern- oder Swamp-Rock eh gerne mit Country-Akzenten anreicherten. Und man hörte auch „Whiskey in the Jar“, das Thin Lizzy beispielsweise oder auch die Dubliners und Smokie populär machten. Es ist eigentlich ein sehr altes irisches Volkslied. Und nicht nur hier, sondern gerade auch bei vielen Fiddle-Einsprengseln wurde deutlich, wie sehr auch irische Volksmusik die Country-Musik beeinflusste. Dem Publikum gefiel’s. Es sparte nicht mit Beifall, klatschte mit bei den vielen Songs mit vorwärtsdrängendem Rhythmus, wippte mit, sang die eingängigen Melodien mit. Und einige fanden sich hinter der Bestuhlung zum Line Dance, der, wie man hört, auch in der Region immer mehr Freunde findet. Als dann nach der Pause gar mehrere Paare in zwei „Lines“ die hübsch choreografierten Schrittfolgen zeigten, gehörte das Ohr zwar der Bühne. Die Augen aber gingen nach hinten: Da stahlen die Tänzer den Musikern die (gute) Show.

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