Pirmasens Das denken junge Pirmasenser über die Wahl zum Jugendwort des Jahres

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PIRMASENS. Seit 2008 kürt der Langenscheidt-Verlag jährlich – mit Ausnahme von 2019 – ein „Jugendwort des Jahres“. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Kritik an der Auswahl der Wörter, denn viele Jugendliche würden die Wörter im Alltag gar nicht benutzen. Drei Jugendvertreter aus Pirmasens berichten aus ihrem Alltag.

Der Langenscheidt-Verlag stellt jährlich ein neues „Jugendwort des Jahres“ vor. Über das wird zuvor in einem bestimmten Einreichungs- und Auswahlverfahren abgestimmt. Bis ins Jahr 2018 konnten Jugendliche Wörter einreichen und eine Jury entschied. Im Jahr 2020 wurde, nach Kritik vieler Jugendlicher, ein neues Auswahlverfahren eingeführt. Die Jugendlichen können aus den zehn meisteingereichten Wörtern drei Favoriten, die Top drei, auswählen. Danach folgt die endgültige Abstimmung über das „Jugendwort des Jahres“. Die Abstimmung läuft noch bis zum 8. Oktober auf der Internetseite des Langenscheidt-Verlages. Offizielle Verkündung des „Jugendworts des Jahres 2024“ ist am 19. Oktober.

Dennoch gibt es Kritik an der Auswahl von Seiten mancher Jugendlicher, denn weiterhin würden sie manche Wörter gar nicht kennen oder im Alltag benutzen. Die RHEINPFALZ hat eine Umfrage unter Jugendvertretern durchgeführt, um diese These zu überprüfen.

Jan Weimann (22) ist Kreisvorsitzender der Jungen Union Pirmasens und Mitglied im Stadtrat für die CDU. Ohne die Wörter zu kennen, die in der Auswahl sind, waren seine Vermutungen für die Top drei auf RHEINPFALZ-Nachfrage: „Yolo“, „Digga“ und „Talahon“. Alle befinden sich unter den Top zehn. Darüber zeigt sich Weimann sehr überrascht, denn er habe sich noch nicht mit den aktuellen Wörtern beschäftigt und bisher nicht an der Umfrage teilgenommen. Die Jugendwörter aus den Top zehn konnte Weimann bis auf drei einordnen und kannte die Bedeutung. Er sei von „Akh“, „Schere“ und „Yurr“ überrascht. Davon habe er noch nie etwas gehört und wisse nicht, was die drei Wörter bedeuten. Weimann sagt, er kenne niemanden in seinem Freundeskreis, der diese Wörter benutze. Den Begriff „Schere“ in dieser Art und Weise habe er noch nie gehört.

Seine Freunde gebrauchten von den genannten Wörtern „Digga“ und „Talahon“ am häufigsten. Er selbst benutze die Wörter „Digga“ und „hell no“ regelmäßig. Weimann war sehr verwundert, dass das Jugendwort 2012 „Yolo“ in diesem Jahr erneut in den Top 10 ist: „Das benutzt doch mittlerweile kein Mensch mehr.“ Weimanns persönlicher Favorit in diesem Jahr sei „Talahon“. „Digga“ sei schon „zu alt“ und zu lange im Umlauf, obwohl es nie Jugendwort des Jahres war. Er habe in diesem Jahr einen eigenen Vorschlag: Das Verb „daubnern“. Zur Erklärung: Die Tagesschau-Sprecherin Susanne Daubner (63) ist durch Kurzvideos zu den Jugendwörtern seit 2021 zu einem Trend in den Sozialen Medien geworden. Dadurch sei sie zu einer „Ikone des Jugendworts“ geworden. Als Dank solle Daubner durch das neue Wort gewürdigt werden.

Wittmer: Wörter werden erst durch die Abstimmung bekannt

Felix Doniat ist zweiter stellvertretender Vorsitzender des Jugendstadtrats Pirmasens. Doniat vermutete „Aura“ und „Talahon“ in den Top zehn, ohne die Liste vorher zu kennen. Er kenne die Bedeutung der beiden Wörter und verwende sie gelegentlich selbst, vor allem „Aura“. Nachdem er alle Wörter gehört hatte, kannte er alle außer eines, denn er verwende fast alle Wörter selbst im täglichen Sprachgebrauch. Von „Schere“, wie es unter Computerspielern gebraucht wird, habe er zuvor noch nie gehört und es selbst noch nie verwendet. So sei es auch in seinem Freundeskreis. Seine Freunde verwenden auch „Aura“ und „Talahon“ am meisten und den Rest immer mal wieder, wenn es passe. Beide befinden sich in den Top drei.

Luis Wittmer (20) ist Naturfotograf aus Pirmasens und Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat. Von vielen Wörtern aus den Top zehn hat er bereits gehört, die Nutzung halte sich bei ihm aber in Grenzen. Gelegentlich verwende er „Digga“ und „hell no“, die ursprüngliche englische Redewendung von „Hölle nein“. Von drei Jugendwörtern habe er zuvor noch nie gehört und wisse nicht, wofür man sie verwende: „Schere“, „Akh“ und „Nein Pascal, ich denke nicht.“ In seinem Freundeskreis habe er diese drei Wörter auch noch nie zuvor gehört. Wittmer stellte zudem fest, dass seine Freunde einige Jugendwörter sogar häufiger benutzten als er selbst. Dennoch habe er das Gefühl, dass die Wahl zum Jugendwort des Jahres eine „selbsterfüllende Prophezeiung“ sei, weil viele Jugendliche die Wörter fast nie benutzen würden. Er habe das Gefühl, viele Wörter seien durch die Abstimmung erst richtig bekannt geworden, dann in Umlauf gekommen und vorher nie verwendet worden. Wittmers persönliches, typisches Jugendwort des Jahres sei „Aura“, wenn er sich festlegen müsse. Er stellte zudem fest, dass alle anderen Wörter fast keiner mehr benutze oder sie sogar schon „zu alt“ seien.

Info

Die Top zehn:
1. „Schere“: Schuldeingeständnis unter Computerspielern
2. „Digga(h)“: Anrede für einen Freund oder Bekannten
3. „Yolo“: Abkürzung für „you only live once“; Begründung für riskante Entscheidungen
4. „Hölle nein“: Englisch „hell no“; eine starke Ablehnung
5. „Yurr“: Begrüßung und Einleitung einer Frage
6. „Pyrotechnik“: Ableitung aus dem gleichnamigen Lied, bekannt durch soziale Medien
7. „Aura“: Persönliche Ausstrahlung, Wirkung auf andere
8. „Akh“: Arabisch für „Bruder“, Anrede unter Freunden
9. „Talahon“: aus dem Arabischen, wird für Menschen mit stereotypem Aussehen oder Verhalten verwendet. Der Begriff wird mittlerweile auch als rassistischer Ausdruck für junge Araber, vor allem in den sozialen Medien, missbraucht.
10. „Nein Pascal, ich denke nicht“: Ausdruck der Ablehnung


Die Top drei (bekanntgegeben am 10. September; Abstimmung läuft noch bis zum 8. Oktober):
1. „Talahon“
2. „Aura“
3. „Schere“

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