Pirmasens Einst Partner, heute Gegner

Wenn zwei sich streiten, leiden Dritte. So ließe sich das Drama um die Zahlungsunfähigkeit der Sozialstation Ambulantes-Hilfe-Zentrum (AHZ) mit Sitz in der Blumenstraße beschreiben. Die zwei, die sich streiten, sind die Arbeiterwohlfahrt (Awo) Pfalz und die ISA-Unternehmensgruppe mit Sitz in Koblenz. Die, die unter dem Streit leiden, sind die AHZ-Mitarbeiter und die „Kunden“ der Sozialstation. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Awo und ISA haben, wie es der vorläufige Insolvenzverwalter Jens Lieser ungewöhnlich deutlich formulierte, den Insolvenzantrag erst ausgelöst (wir berichteten gestern). Dem widerspricht die Awo: „Mit nur einem Drittel der Gesellschaftsanteile waren der Awo in den vergangenen Jahren die Hände komplett gebunden“, sagte gestern der stellvertretende Geschäftsführer des Awo-Bezirksverbands Pfalz, Markus Broeckmann. Schuld sei der, der das Schiff dorthin gesteuert hat. „Wir von der Awo sind seit Jahren gegen unseren Willen auf eine Statistenrolle reduziert worden und waren aufgrund der Unternehmens-Konstruktion komplett handlungsunfähig. Wie soll man da Gefahren abwenden können?“ Gesehen habe man die Gefahren sehr wohl. Schon seit Jahren kritisiere die Awo „undurchsichtige Handlungen des Geschäftsführers“, sagte Broeckmann – und sei dagegen auch vor Gericht gezogen. Der von der Awo beklagte frühere Geschäftsführer des AHZ Pirmasens, Roman Klein, ist auch noch Geschäftsführer und mehrheitlicher Eigentümer der ISA-Gruppe. Jener Gruppe, der mit zwei Dritteln die Mehrheit des AHZ Pirmasens gehörte. „Wir vermuten, er nutzte das AHZ immer wieder dazu, um anderen Firmen seiner Unternehmensgruppe Vorteile zu verschaffen“ – und er habe so die Regeln der Gemeinnützigkeit verletzt, sagt Broeckmann. Die Awo sei bereits 2013 juristisch gegen Klein vorgegangen. Damals ging es um Kredite in fünf- und sechsstelliger Höhe. Diese hohen Summen, Gelder des AHZ, habe der Geschäftsführer verliehen an mehrere Firmen, die zu seiner Koblenzer Unternehmensgruppe gehören. Die Awo entdeckte erste Hinweise auf diese Vorgänge in einem Jahresabschluss und wurde misstrauisch, ob die Darlehen und ihre Abwicklung korrekt waren. „Das ist ein Hammer“, meinte der Geschäftsführer der ISA-Gruppe, Roman Klein, zu diesen Vorwürfen. Er wirft der Awo eine „Schlammschlacht“ vor, die sie aber nicht gewinnen könne. Seine Sicht der Dinge: Seine Unternehmensgruppe sei mit ihm als Geschäftsführer vor Ort im Jahr 1999 beim AHZ eingestiegen, als sich das Unternehmen in einer schwierigen Lage befand. Er habe das AHZ saniert und wieder zu einem florierenden Betrieb gemacht, sagt Klein. Bis dann im April 2012 die Streitigkeiten mit der Awo begonnen hätten. Auslöser war nach Angaben Kleins das Ansinnen der Awo, das AHZ komplett zu übernehmen. Weil Klein nicht mitspielte, „wollte mich die Awo mürbe machen und zog vor Gericht“. Die Awo bestätigte gestern, dass sie Klein ganz offen darauf angesprochen habe, ob er seine Anteile verkaufe. Dessen Ablehnung „haben wir natürlich akzeptiert“. Dass damals auch die juristischen Auseinandersetzungen begannen, das hänge damit zusammen, dass der Awo-Stadtkreisverband etwa zeitgleich auf die „fragwürdigen Geschäfte“ mit AHZ-Darlehen aufmerksam geworden sei. Zu diesen „fragwürdigen Geschäften“, die ihm die Awo vorwirft, meinte Roman Klein: Es stimmt, er habe Darlehensverträge mit anderen Firmen der ISA-Gruppe abgeschlossen, „aber das ist mit Kenntnis der Awo passiert“. Er habe unter den Augen von Wirtschaftsprüfern Geld des AHZ angelegt und dafür überdurchschnittlich viel Zinsen bekommen. Es waren kurzfristige Anlagen, so Klein, die nach drei Monaten wieder auf das AHZ-Konto zurückgeführt worden seien. „Dem AHZ ist kein Schaden entstanden“. Es habe sich um Summen bis höchstens 250.000 Euro gehandelt. (pr)

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