Pirmasens Fahrlehrer erklären: Darum rasseln mehr Schüler durch die Prüfung als früher

Der Weg zum Führerschein kann teuer werden.
Der Weg zum Führerschein kann teuer werden.

Die Durchfallquote bei den Führerscheinprüfungen steigt weiter an – auch in Pirmasens. Fahrschulen berichten über die Gründe und wie fehlende Begeisterung, steigende Anforderungen sowie der ständige Begleiter namens Handy zum Problem werden.

In Deutschland und Rheinland-Pfalz sinkt die Zahl der Fahrschüler, die die praktische Prüfung im ersten Anlauf bestehen. Laut Tüv liegt die Durchfallquote in Rheinland-Pfalz bei 27 Prozent, im Saarland bei 40 Prozent. Deutschlandweit fällt ein Drittel aller Führerscheinanwärter durch die praktische Prüfung. Bei der Theorieprüfung besteht gut die Hälfte aller Fahrschüler beim ersten Anlauf nicht. Die RHEINPFALZ befragte dazu drei Fahrschulen aus der Region Pirmasens über die Lage vor Ort und nach den Gründen dafür.

Michaela Müller von der Fahrschule Busse in Pirmasens kann die Zahlen nachvollziehen. Bei Busse sei die Durchfallquote in der Praxis nicht hoch, aber steige dennoch an. Seit Jahren würden rund 80 Prozent aller Fahrschüler die Prüfung bestehen. Die Fahrlehrer würden ihre Schüler auch erst zur Prüfung anmelden, wenn diese fit seien. Ähnlich ist es bei Fahrschule Preiss in Pirmasens. Die Durchfallquote dort sei nicht wesentlich höher als früher, sagte Nadine Heller. Marco Schmitt betreibt seine gleichnamige Fahrschule in Dahn. Er sagte, man merke heute schon Unterschiede.

„Viele können nicht mal mehr Fahrrad fahren“

Die Probleme nehmen in allen drei Fahrschulen zu. Müller sagt, dass viele Jugendliche den Erstkontakt mit dem Verkehrsleben erst im Fahrschulauto hätten. Vor zehn bis 15 Jahren seien viele Kinder noch zu Fuß zur Schule gegangen oder haben ihre Eltern im Auto beobachtet. Heute seien viele nur noch mit ihrem Handy beschäftigt. Laut Müller fehle es dadurch den Jugendlichen an Selbstständigkeit, Entscheidungskraft, Konzentration und einer Begeisterung für das Thema Verkehr. Schmitt stellt Ähnliches fest. Die Jugendlichen würden sich nicht mehr so viel bei ihren Eltern abschauen. Viele könnten „nicht mal mehr Fahrrad fahren“. Dadurch sei die Motorik nicht so ausgeprägt und auch die Geschicklichkeit. Heller sagt, dass die Leistungsfähigkeit und Konzentration der Fahrschüler in den vergangenen Jahren abgenommen habe. Zum Teil seien viele bis nachmittags in der Schule, hätten noch zusätzliche Hobbys und kaum Zeit für die Fahrschule. An der Motivation liege das kaum, denn die sei typabhängig.

Müller stellt fest, dass sich die Anzahl der benötigten Fahrstunden pro Schüler innerhalb von 20 Jahren verdoppelt habe. Die Fahrschüler würden sich Dinge nicht mehr so schnell merken: „Beim 15. Erklären von Rechts-vor-links werden unsere Fahrlehrer schon mal ungeduldig und sind mit den Nerven am Ende.“ Die Fahrstunden würden sich dadurch summieren und zu hohen Rechnungen führen. Schmitt merkt das auch: Die Erklärung und Bedienung der Assistenzsysteme nehme zusätzlich Zeit in Anspruch. Die Kosten für Personal, Sprit, Autos und Lehrmittel seien in den vergangenen Jahren auch gestiegen. Bei der Fahrschule Preiss beobachte man eine Häufung vermeidbarer Kosten. Nicht rechtzeitig abgesagte Fahrstunden oder Fehlstunden müssten trotzdem berechnet werden, weil Zeit und Personal eingeplant worden seien.

Handy-App sorgt für Ablenkung

Bei der Theorieprüfung sei die Situation nicht anders. Müller sagt, es gebe mittlerweile Fahrschüler, die vier- oder fünfmal durch die Theorieprüfung fielen. Während des Theorieunterrichts hingen viele nur am Handy und seien abgelenkt. Zu Hause würde dann auch mit der Handyapp gelernt, wobei Ablenkung durch andere Nachrichten und Apps garantiert sei. Marco Schmitt aus Dahn empfiehlt seinen Fahrschülern, die Fragen am Computer zu beantworten. Die Bilder und Videos seien größer und die Konzentration auch. Heller sagte, oftmals gebe es ein Kommunikationsproblem zwischen Eltern und Jugendlichen. Die Eltern denken, der Schüler habe gelernt und melden ihn zur Prüfung an. Am Schluss falle der Schüler dann durch, weil nicht alle Fragen gelernt wurden. Mittlerweile biete Heller ein „Lernen vor Ort“ in der Fahrschule Preiss an. Mit Erfolg: Alle, die konzentriert in der Fahrschule gelernt haben, würden die Theorieprüfung bestehen. Schmitt und Müller kritisierten zudem die halbjährliche Anpassung der Fragenanzahl durch den Tüv, jeweils im April und Oktober. Die hohe Anzahl, mittlerweile rund 1200, halten beide ebenfalls für übertrieben. Zudem sei neue Software für die Fahrschule mit zusätzlichen Kosten verbunden, so Schmitt. Beide stellten zudem fest, dass der persönliche Ansporn und „der Zug“ bei den Jugendlichen fehle. Viele seien dank „Elterntaxi“ nicht mehr auf den Führerschein angewiesen. Manche erachteten ihn sogar als „notwendiges Übel“.

Insgesamt betrachtet seien die Anforderungen an die Fahrschüler gewachsen. Die Prüfer hätten nicht mehr so viel Spielraum wie früher und der kleinste Fehler reiche, um durchzufallen, sagt Müller. Die Anhebung der möglichen praktischen Prüfungszeit von 45 auf 55 Minuten beurteilen alle Fahrschulen gleich. Oftmals werde gar nicht die komplette Zeit benötigt. In der Regel erkenne der Prüfer schon sehr früh, „ob jemand Auto fahren kann oder nicht“, erklärt Müller. Heller sagte, schwerwiegende Fehler passierten meist zu Beginn der Prüfung, selten erst kurz vor Schluss. Das größte Problem sei die enorme Aufregung der Schüler, sagen alle drei Fahrschulen. Ein weiteres Problem seien Eltern oder Freunde, die auf eine Fahrprüfung drängen würden, obwohl die Fahrschüler dazu noch nicht bereit seien. Oft müsse die Prüfung wiederholt werden, und das sei sehr teuer. Die Verfügbarkeit der praktischen Prüfungstermine beim Tüv habe in den vergangenen Jahren stark abgenommen, berichten Müller und Schmitt. Die Durchgefallenen müssten vier Wochen oder länger auf einen neuen Termin warten, was zusätzliche Fahrstunden und Kosten verursache.

Beim Besuch einer Fahrschule seien gute Deutschkenntnisse eine Grundvoraussetzung. Während der praktischen Fahrprüfung, die in Deutsch stattfinde, sei es deswegen wichtig für die Fahrschüler, dass es keine Verständnisprobleme mit dem Prüfer gebe.

Info

Eine normale Fahrstunde kostet in Pirmasens im Schnitt zwischen 55 und 65 Euro. Die Überland-, Autobahn- und Nachtfahrten kosten zwischen 65 und 75 Euro. Das einmalige Vorstellungsentgelt für die Theorieprüfung kostet um die 50 Euro, bei der Praxis 150 Euro. Beim Tüv ist eine Prüfungsgebühr fällig, auch bei Wiederholungen der Prüfung. Bei jeder Theorieprüfung sind das 24,99 Euro, bei jeder Praxisprüfung 129,83 Euro. Gesamtkosten des Führerscheins von 3000 bis zu 5000 Euro sind mittlerweile keine Seltenheit. Das ist abhängig von der Anzahl der nötigen Stunden.

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