Interview „Ich bin Meister im Vertrödeln von Zeit“

So kennen ihn die Pirmasenser Konzertbesucher: Klaus Reiter.
So kennen ihn die Pirmasenser Konzertbesucher: Klaus Reiter.

Vor den Corona-Lockdowns war der Pirmasenser Sänger und Gitarrist Klaus Reiter mit den unterschiedlichsten Projekten eine Institution auf den Bühnen der Region. Die Konzertreihen Parksong und Parksong Spezial tragen seine Handschrift. Wie es ihm nun ganz ohne Auftritte ergeht, hat er Peter Schneider verraten.

Herr Reiter, womit vertreiben Sie sich gerade die Zeit – Konzerte wird es ja zumindest im November nicht geben?
Ich bekomme diese Frage recht häufig gestellt. Meine simple Antwort darauf lautet: Mit Musik wär es zwar schöner, aber ohne ist es auch schön. Meine Zeit verbringe ich damit, Musik zu hören, spazieren zu gehen, zu lesen, im Internet zu surfen, fernsehen und ab und zu auch mal jemanden besuchen. Außerdem bin ich Meister im Vertrödeln von Zeit. Und obwohl ich schon seit rund vier Jahren meinen Ruhestand genießen darf, kenne ich keine Langeweile.

In den Sommermonaten sah es ja nach einer Entspannung und die Musikfreunde konnten beim „Pirmasenser Musiksommer“ im Neufferpark ein wenig Normalität genießen. Kam der erneute Teil-Lockdown für Sie überraschend?
Diese Entwicklung kam für mich überhaupt nicht überraschend. Die Menschen haben sich aufgrund der gelockerten Verhältnisse in den Sommermonaten recht schnell an diesen Zustand gewöhnt, was ja auch verständlich ist. Sich jedoch vorzustellen, dass das auch wieder anders werden würde, und die Fachleute warnten oft genug davor, fiel den meisten offenbar schwer. Etwa nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Die menschlichen Verdrängungsmechanismen funktionierten leider nur allzu gut.

Viele Kollegen sehen sich mit großen Existenzängsten konfrontiert. Glauben Sie, dass die Musikszene nach Corona noch dieselbe sein wird wie zuvor?
Ich würde hier schon deutlich unterscheiden zwischen Amateuren und Profis. Ist jemand, so wie ich, in der glücklichen Situation, seinen Lebensunterhalt nicht mit Musizieren verdienen zu müssen, besteht meines Erachtens kein ernsthafter Grund für Existenzangst. Anders geht es natürlich den Profis. Wenn es nicht gerade die sogenannten Großen sind, die ein ausreichendes finanzielles Polster haben dürften, dann sehen sich wohl die meisten Künstler mit Existenzängsten konfrontiert. Und vermutlich werden nicht wenige davon ihre Arbeit verlieren. Allein deswegen wird die Musikszene nach Corona nicht mehr dieselbe sein können.

Musiker und Veranstalter klagen seit Beginn der Pandemie über die fehlende Unterstützung seitens der Regierungen. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Natürlich hoffen alle, dass sich die Situation möglichst bald wieder entspannt. Aber selbst, wenn ein wirksamer Impfstoff in Aussicht steht, werden wir wohl noch für recht lange Zeit mit der Pandemie leben müssen. Und obwohl die Kultur- und Kreativwirtschaft laut einem Bericht der Bundesregierung mit ihrem gesamtwirtschaftlichen Umsatz in Deutschland auf dem dritten Platz hinter der Automobilindustrie und dem Maschinenbau rangiert, gilt sie in den Augen der meisten Bürger als nicht systemrelevant, weswegen ihr auch künftig die notwendige Unterstützung versagt bleiben dürfte.

Viele Musikfreunde in der Südwestpfalz fragen sich, wie und wann es mit den Konzertreihen Parksong und Parksong-Spezial weitergeht.
Natürlich würden sowohl Wolfgang Kuchem von Kuchems Brauhaus als auch Hanna Neu vom Mittendrin lieber heute als morgen wieder die Pforten für beide Veranstaltungen öffnen, aber aufgrund der geltenden Vorschriften wird dies wohl über den November hinaus auch die nächsten Monate kaum möglich sein.

Anfang November ist ihr musikalisch-literarisches Programm „Deutschstunde“ in der Pirmasenser Festhalle ausgefallen. Gibt es dafür schon einen Nachholtermin?
Es war wirklich großes Pech, dass der Termin quasi in letzter Minute abgesagt werden musste, wofür wir trotz allem volles Verständnis haben. Aber aufgeschoben ist ja bekanntlich nicht aufgehoben. Und da rund 200 Karten im Vorverkauf weggingen, die ihre Gültigkeit ja nicht verloren haben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Konzert nachgeholt werden wird. Wann dies allerdings sein wird beziehungsweise sein kann, steht noch nicht fest.

x