Sommeraktion Im Stadtarchiv wird Geschichte lebendig
Der zweite Teil der diesjährigen Sommeraktion hat Leser der RHEINPFALZ am Mittwoch ins Stadtarchiv geführt – genauer gesagt, in den Teil des Stadtarchivs, der im Rathaus am Exerzierplatz untergebracht ist. Und selbst hier ist diese Sammlung vom Keller bis unters Dach auf mehrere Stellen verteilt, dazu kommen sechs Außenstadtorte in der Stadt. So ist das Vorortarchiv im alten Rathaus in Erlenbrunn oder das Zeitungsarchiv im feuergeschützten Tresor im Gebäude der ehemaligen Landeszentralbank in der Alleestraße.
Es ist das Interesse an der Geschichte ihrer Stadt aber auch an der Historie der eigenen Familie, das die RHEINPFALZ-Leser bewogen hat, sich der Führung von Norman Salzmann anzuschließen. Michael Durm zum Beispiel lebt in der sechsten Generation in Pirmasens. Seine Vorfahren hat es durch die Hugenottenkriege hierher verschlagen. Familienforschung ist sein Hobby. Oder Doris Fasco. Sie betreibt schon lange intensiv Ahnenforschung, hat aber bislang nicht so recht gewusst, wo sie weiter recherchieren kann. Jetzt weiß sie es: Im Stadtarchiv, denn jeder, der ein berechtigtes Interesse hat, kann sich mit seinen Fragen an Norman Salzmann und seine Kollegen wenden.
Hilfe bei der Ahnenforschung
Und Salzmann klärt auch gleich auf, dass Ahnen-, Stammbaum- und Familienforschung drei ganz unterschiedliche Herangehensweisen bei der Erkundung des eigenen familiären Hintergrundes sind. Bei der Ahnenforschung geht man vom jüngsten Familienmitglied aus und schaut dann zurück. Die Stammbaumforschung hingegen geht vom ältesten Familienmitglied aus, und die Familienforschung, die wohl größte Herausforderung, beinhaltet auch alle Seitenlinien einer Familie. Für alle, die sich mit dem Thema Ahnenforschung näher beschäftigen wollen, empfiehlt Norman Salzmann ein besonderes Angebot des Archivs. Sein Kollege Peter Felber bietet alle 14 Tage jeweils donnerstags einen Termin an, bei dem er Hilfestellungen zur Ahnenforschung gibt.
Archivarbeit ist kein staubtrockenes Arbeitsgebiet, auch wenn es zuweilen etwas staubig ist. Salzmann macht dies mit seinem lebendigen Vortrag deutlich, bei dem seine ganze Begeisterung für die Beschäftigung mit der Historie deutlich wird. Und Salzmann erklärt: Archive hat jeder auch daheim, sei es die private Fotosammlung, die Briefmarkensammlung oder der Ordner mit den persönlichen Unterlagen.
Im Archiv gibt es keine Ordner, hier liegt alles
Apropos Ordner. Die findet man im Archiv nur im sogenannten Zwischenarchiv. Dorthin wandern alle Akten aus den Ämtern der Stadt, und das Archiv entscheidet dann, welche dieser Akten dauerhaft aufgehoben und welche „kassiert“ werden, womit nichts anderes als die Tätigkeit des Reißwolfs umschrieben wird. Im Archiv werden alle Unterliegen dann in besonderen Verpackungen liegend aufbewahrt, da dies besonders papierschonend ist.
Was ist nun alles im Archiv außer den vielen Akten? Es sind vor allem auch alte Fotos. Sehr alte Fotos zum Teil, auch Fotos, die noch mit einer Plattenkamera auf Glasträgern aufgenommen wurden. „Warum lachen die Leute auf diesen alten Fotos eigentlich nie?“, will Salzmann von seinen Besuchern wissen. Kopfschütteln. Nun, es lag an der langen Belichtungszeit damals – da mussten die Menschen schon mal 15 Minuten ganz still sitzen, damit das Bild nicht verschwommen wurde. „Und wer schafft es schon, so lange zu grinsen ...“ So gestaltet Salzmann die Führung überaus kurzweilig, angereichert mit der einen oder anderen Anekdote.
Stadtmauer heute noch präsent
Interessant sind dann auch die historischen Pläne. Salzmann stellt einen Stadtplan von 1838 einem aktuellen gegenüber. Ein besonders interessanter Vergleich für Ingrid Huber, die gerne Gästeführerin in Pirmasens werden möchte. Auf dem alten Plan wird die Stadt noch von einer 3,2 Kilometer langen Stadtmauer umgeben, die es schon lange nicht mehr gibt – abgesehen von ein paar Steinen, die bei Baumaßnahmen in der Dankelsbachstraße entdeckt wurden und heute im Museum ausgestellt sind. Aber die Lage der Stadtmauer, so zeigt Salzmann auf dem aktuellen Plan, ist noch heute am Verlauf einiger Straßen wie der Höh-, Berg-, Horeb-, Gärtner- oder Bogenstraße zu erkennen. Nach der Landgrafenzeit wurde die Stadtmauer abgerissen, ihre Steine dienten dem Hausbau.
Über zwei Stunden nimmt sich Salzmann Zeit für seine Besucher, erklärt, zeigt und beantwortet alle Fragen. Und zum Schluss hat er noch eine besondere Überraschung für seine Besucher. Da die bei der Anmeldung nach ihrem Geburtstag gefragt wurde, hatte sich Salzmann die Mühe gemacht und für jeden Besucher aus dem Archivraum in der ehemaligen Landeszentralbank die Ausgabe der RHEINPFALZ von dem jeweiligen Geburtstag in den kleinen Sitzungssaal des Rathauses gebracht. Die Überraschung war geglückt.