Pirmasens Klangvoller Herbstanfang

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Manchmal könnte man an prophetische Fähigkeiten glauben. Denn es war einer der allerersten wirklich herbstlichen Tage, an dem das „Festliche Herbstkonzert“ in der Pirmasenser Johanneskirche stattfand. Doch das war sicherlich nicht der Grund, warum die 90 Minuten außergewöhnlicher Musik noch lange in Erinnerung bleiben werden.

Rund 120 Besucher hatten sich am Sonntag im Gotteshaus eingefunden und waren gespannt, was ihnen die Sopranistin Michéle Rödel vorstellen würde. Begleitet wurde die Sängerin im ersten Teil von der Pianistin Renata Amirova. Im zweiten Teil des Abends nahm Bezirkskantor Maurice Antoine Croissant am Orgelmanual Platz. Dabei kam dem Konzerterlebnis eine bauliche Besonderheit der Johanneskirche zugute. Denn Orgel und Manual befinden sich im Altarraum, sodass das Publikum dem Spiel des Organisten zuschauen kann. Daher musste Michéle Rödel auch bei der Orgelbegleitung nicht auf die Empore steigen, sondern konnte ihren Vortrag vor den Zuhörern absolvieren. Den Auftakt machte ein Ausflug in die Zeit der Renaissance. Mit dem Lied „Star vicino a bel Idol che s’ama“ von Salvator Rosa (1615-1673) zeigte die Sängerin, dass sie viel Wert auf originalgetreue Interpretation legt. Sehr puristisch und ohne Verzierungen hörte man den Gesang. Ein vielversprechender Anfang. Wie intensiv und variantenreich die Stimme von Michéle Rödel noch klingen kann, hörte man beim nachfolgenden „Ave Maria“ von Luigi Cherubini (1760-1842). Ein Stück, das meist mit Begleitung von Streichinstrumenten präsentiert wird. Gerade die einfühlsame Adaption für Klavier ließ die Virtuosität und Intensität der Stimme der Sopranistin besonders betonen. Verblüffend, wie schnell und exakt der Übergang zu einem ganz anderen Genre des Gesangs gelang. Denn mit Clara Schumanns (1819-1896) „Die gute Nacht, die ich dir sage“ erlebte man einen Ausflug in den deutschen Liedgesang der Romantik. Sehr eindrucksvoll und sicherlich eine Stärke der Sopranistin aus dem Vogtland. Dass der erste Teil des Konzertabends so erfolgreich vonstattenging, war auch der einfühlsamen Begleitung der Pianistin Renata Amirova zu verdanken. Zurückhaltend und dennoch akzentuiert ergänzte sie den Vortrag der Sängerin. Auch als Solistin konnte Amirova überzeugen. Neben einem filigran gespielten Stück von Mozart bewies sie dies mit dem bekannten „Impromptu op. 90“ von Franz Schubert. Den Höhepunkt des Abends erwartete das Publikum mit einem außergewöhnlichen Liedvortrag. Komponist war Felix Ming (1900-1980), der seine letzten Lebensjahre in Pirmasens verbrachte. Er hatte 1946 den Zyklus „Sieben Lieder nach Texten von Rainer Maria Rilke“ für Sopran und Piano verfasst. Diesen hörte man nun in der Interpretation eines kongenialen Duos. Emotional und ausdrucksstark bewegte sich Michéle Rödel durch die Texte, die Liebe, Abschied und Tod behandelten. Der Titel des siebten Liedes „Vor lauter Lauschen und Staunen sei still“ hätte die Überschrift für den ganzen Vortrag sein können. Als Belohnung gab es lange anhaltenden Applaus. Schön auch der zweite Teil des Konzerts, den Rödel zusammen mit Bezirkskantor Croissant bestritt. Hier hatte man eine interessante Auswahl geistlicher Musik ausgewählt. Etwa Giuseppe Verdis „Ave Regina“ aus dem Jahr 1880 oder das „Agnus Dei“ aus Wolfgang Amadeus Mozarts berühmter Krönungsmesse KV 317. Dabei spielte Maurice Croissant sein mächtiges Instrument sehr einfühlsam und zurückhaltend, so dass zu jeder Zeit der Vortrag der Sängerin im Vordergrund stand. Dass er auch als Solist überzeugen kann, wussten sicherlich viele der Anwesenden. Er bewies es aber erneut mit Felix Mendelssohn-Bartholdys „Präludium in G-Dur“. Am Ende gab es viel Applaus für drei engagierte Musiker, der mit zwei schönen Zugaben belohnt wurde.

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