Pirmasens Musiker aus Leidenschaft für den guten Zweck

Mit Kai Adomeit brillierte ein Virtuose am Flügel.
Mit Kai Adomeit brillierte ein Virtuose am Flügel.

„Eine Stadtgesellschaft ist nur zukunftsfähig, wenn sie sich auch um die kümmert, die am Rand stehen,“ sagte Oberbürgermeister Bernhard Matheis am Samstag bei seinem Grußwort zum Benefizkonzert des SAP-Sinfonieorchesters in der Pirmasenser Festhalle.

Mit dem Hospiz Haus Magdalena sei man auf einem guten Weg. Die schwierige Palliativpflege braucht gut ausgebildete Mitarbeiter und eine adäquate Ausstattung, aber auch Platz, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Der rührige „Förderverein Hospiz Haus Magdalena“ sammelt dafür unermüdlich Spendengelder und mit dem Engagement des SAP-Sinfonieorchester ist dem Vorsitzenden Carsten Henn ein wahrer Coup gelungen. Dieses Orchester gibt ausschließlich Benefizkonzerte und das vor allem auf den großen Konzertbühnen wie beispielsweise der Elbphilharmonie in Hamburg, wo in vier Wochen das identische Programm wie in Pirmasens zu Gehör gebracht wird. Mitarbeiter des Software-Giganten SAP, Laienmusiker also, spielen in diesem Orchester zusammen mit Profis aus der Rhein-Neckar-Region und bilden einen Klangapparat, der nichts gemeinsam hat mit anderen Betriebs-Orchestern. In Klang und Ausdruck unterscheidet es sich fast nicht von großen professionellen Sinfonieorchestern. Finanziell macht das Dietmar Hopp möglich, Mitbegründer des IT-Unternehmens SAP. Man kennt ihn vor allem als Mäzen des Fußballvereins TSG 1899 Hoffenheim, aber Hopp, der als einer der reichsten Deutschen gilt, unterstützt in der Rhein-Neckar-Region seit Jahren zahlreiche kulturelle Projekte. Künstlerisch steht dem Orchester Johanna Weitkamp vor. Die Dirigentin konnte bereits auf ein Studium im Hauptfach Orchesterdirigieren und eine gediegene Karriere von der Repetitorin bis zur Studienleiterin und erste Kapellmeisterin an verschiedenen deutschen Theatern zurückblicken, als sie noch einmal ein Studium der Wirtschaftsinformatik absolvierte und schließlich als Software-Entwicklerin bei SAP landete, wo sie das Benefiz-Orchester gründete. Ihrem klaren und dynamischen Schlag und dem energischen und doch eleganten Dirigat, das stets das gesamte Ensemble im Griff hat und darüber hinaus musikalisch gestalten kann, ist es sicher zu verdanken, dass ihr Orchester auf dem hohen Niveau musiziert, das es in Pirmasens demonstrierte. Das Programm des Abends war interessant und abwechslungsreich. Zur Ouvertüre „In the Highlands“ war der dänische Komponist Niels Wilhelm Gade von schottischen Dichtungen inspiriert worden. Die Musik stellte sowohl die ruhige weite Landschaft wie auch die Wehrhaftigkeit des schottischen Volkes und die Erhabenheit der schottischen Castles dar, bevor es in ein leuchtend-heroisches Finale mündete. Das Vorbild dieser Ouvertüre war hörbar die berühmte „Hebriden“-Ouvertüre Felix Mendelssohn-Bartholdys, was nicht weiter verwundert, da dieser ein Lehrer und Förderer Gades war. Das SAP-Orchester beeindruckte mit sattem Klang und rhythmischer Genauigkeit. Für das zweite Stück des Abends hatte man den bekannten Pianisten Kai Adomeit gewinnen können. Dieser schillernde Künstler, der sich vor allem der Filmmusik verschrieben hat, brachte den Konzertflügel der Stadt zum Klingen, wie man ihn selten gehört hatte. Sein Anschlag war perfekt, seine Läufe brillant und die raschen gebrochenen Dreiklangs-Figuren in Ludwig van Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 5 Es Dur op.73 perlten lustvoll über den Klängen des Orchesters. Adomeit spielte auswendig, engagiert in den vollgriffigen Akkorden und gefühlvoll in den zarten Passagen. Dabei strahlte er eine souveräne Ruhe aus, die demonstrierte, dass er technisch und musikalisch vollkommen über den Dingen steht. Man kann Adomeit durchaus als Beethoven-Experten bezeichnen, denn er präsentierte seit 2015 seinem Konzertpublikum dessen gesamtes Klavierwerk. Das 1809 komponierte Klavierkonzert Nr. 5 gilt dabei als eines der ausgereiftesten und schwierigsten. Scheinbar freie Klavier-Improvisation durchzog und eröffnete den ersten Satz, ehe sich das Hauptthema im Orchestertutti und das Nebenthema in den Hörnern präsentierte. Der ruhige zweite Satz war von einem zarten, schlichten Thema voller Schönheit geprägt, über dem das Klavier scheinbar improvisierte. Ohne Pause, stattdessen durch einen bemerkenswert langen und sauberen Oktavklang der Hörner verbunden, schloss sich der dritte Satz, ein tänzerisches Rondo, an. Kai Adomeit wurde vom Publikum nicht ohne Zugabe entlassen, das nach der Pause den 60 Musikern des SAP-Orchesters bei Musizieren der 1. Sinfonie c-Moll von Johannes Brahms lauschen durfte. Diesen in Hamburg geborenen Komponisten hatte Johanna Weitkamp sehr bewusst für das Konzert in der Hamburger Elbphilharmonie ausgesucht, dem der Auftritt in Pirmasens als eine Art Generalprobe diente. Brahms hatte sich für seine erste Sinfonie viel Zeit gelassen und sich fast zwei Jahrzehnte mit diesem Werk befasst. Zu viel Respekt hatte er vor dem sinfonischen Schaffen seines Vorbilds Beethoven, in dessen große Fußstapfen er mit der c-Moll Sinfonie trat. Aus diesem Grund wird das Werk gelegentlich als „Zehnte Beethoven-Sinfonie“ bezeichnet. Prägend für das gesamte Werk ist die Chromatik, die sich nicht nur durch die Themen des Kopfsatzes, sondern auch durch die drei weiteren Sätze zieht. Gleich zu Beginn steigt die Einleitung in Halbtonschritten an, bevor sie in das Hauptthema mündet. Hier zeigten die Streicher, wie sauber sie diese Passagen meistern konnten und wie brillant sie in den hohen Lagen zu jubeln in der Lage waren. Im zweiten Satz gewannen die Holzbläser, allen voran die Oboe, an Bedeutung und demonstrierten ihre solistischen Qualitäten. Hinzu traten das Horn und die Sologeige durch die souveräne Konzertmeisterin. Ungewöhnlich in seiner Form zeigte sich der dritte Satz, der normalerweise als Menuett oder Scherzo den tänzerischen Part in einer Sinfonie hat. Bei Brahms klang er eher besinnlich und von schlichter Schönheit. Der vierte Satz griff noch einmal die Gedanken der vorangegangenen Sätze auf. Sicher leitete die Dirigentin ihr Orchester durch das jubelnde Freudenthema der Violinen, das schlichte volksliedhafte Thema in den Hörnern, durch choralartige Passagen der Posaunen und durch eine wellenartige Dynamik, die diesen Satz so besonders lebendig und gleichzeitig tiefgründig machte. Verdientermaßen war der Jubel beim Publikum groß. Mit der Zugabe blieb das SAP-Orchester in der Romantik und interpretierte die lebhafte Ouvertüre zur Oper „Der Waffenschmied“ von Adalbert Lortzing.

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