Pirmasens Nostalgie und Moderne

Als perfektes Duo zeigten sich Kristina Gaubatz und Klaus Reiter mit Popmusik und Folk-Balladen in Rodalben.
Als perfektes Duo zeigten sich Kristina Gaubatz und Klaus Reiter mit Popmusik und Folk-Balladen in Rodalben.

Der laue Abend bot den idealen Rahmen für das gemeinsame Sommerfest der Volkshochschule Rodalben und des Eine-Welt-Vereins Rodalben. 120 Besucher hatten sich am Samstag im Innenhof des Dr.- Lederer-Hauses versammelt, mehr ging nicht. Sie erlebten ein höchst unterhaltsames Programm aus Nostalgie und Moderne, aus Musik und szenischer Lesung.

Klaus Reiter (Gitarre, Gesang) und Kristina Gaubatz (Gesang), beide Pirmasens, führten ihr Publikum schon mit dem ersten Beitrag zur Musik aus den 60er Jahren: „Dream a little dream of me“, ein Hit der Mamas and Papas, stammt aus 1968. Weitere unvergessene Kompositionen folgten, unter anderem Coverversionen von Eva Cassidi, den Everly Brothers („Bye, Bye, Love“), Popstars der 50er Jahre oder von Joni Mitchell, der kanadischen Musikerin, die in den 1970er und 80er Jahren zu den bedeutendsten Singer-Songwritern gehörte. Das Duo Reiter/Gaubatz reichte mit einfühlsamer Interpretation nahe an die Originale heran. Vor der Pause übernahm Kristina Gaubatz die Führungsstimme, nach der Pause wechselten die Rollen. Dann bestimmten der Folk-Rock von Simon and Garfunkel das Programm und der Beat-Pop- Rock aus der frühen Beatles-Zeit. Emotionalität prägte einen Teil dieses konzertanten Auftritts, der textliche Anspruch der Lieder kennzeichnete den zweiten Teil. Das Duo brachte Botschaften mit, die sich in Mitchells Song vom Werden und Vergehen der Jugend wiederfanden, im Armstrong-Hit „What a wonderful world“ geht es um die Verantwortung für die Schöpfung oder in John Lennons „Imagine“ um den Frieden. Klaus Reiter setzte mit der Gitarre ausdrucksstarke Akzente. Gesanglich harmonierte das Duo ausgezeichnet. Kristina Gaubatz’ klare Stimme gefiel, der sie Charme und Innigkeit zu verleihen vermochte. Reiter überzeugte mit der Leidenschaft für die ausgewählten Stücke. Großen Spaß bereitete dem Publikum der Auftritt von Kerstin Bachtler (SWR-Moderatorin und Schauspielerin) und Bodo Redner (Schauspieler, Regisseur), die sich als Duo „Texttaxi“ nennen. Sie zeigten mit ihrem neuen Programm „Schneewittchen-vergiften.com“ ein sprachliches Experiment, das in Rodalben voll aufging, weil es auf sicheres Märchenwissen aufbauen konnte. Mit wenigen Requisiten aus dem Kinderzimmer führten sie vor, wie der Computer Grimmsche Märchen in die Moderne überträgt, inhaltlich wie sprachlich. Die Texte entstanden als Ergebnis von Übersetzungen in zig Sprachen (Französisch, Finnisch, Arabisch, Japanisch und mehr) und deren Rückübersetzung. Es bedurfte einer Gewöhnungsphase, um dem entstandenen Sprach- Produkt, das zunächst wie Kauderwelsch anmutete, Sinnfälliges entnehmen zu können. Das Verstehen erschwerten Reihungen von Begriffen, eingestreute Verben in der Grundform, abgebrochene Sätze, wiederholte neue Satzanfänge oder auch Fantasienamen. Da taucht zum Beispiel Rotkäppchen als „Little Red Riding Hood“ im Märchen auf, die Großmutter wird „kommissioniert“, der Wolf findet im Bett „All you can eat“, die Großmutter konnte schließlich aus dem Wolfs- Bauch gespeichert und vom „Hunter“ als Oma wieder hergestellt werden. Je eher sich das Publikum aber in die fremdartigen Märchenerzählungen eingefunden hatte, desto schneller kam Freude auf, wozu allein schon originelle Begrifflichkeiten beitrugen. „Download Taube“ hieß es auf einmal bei Aschenputtel, „Rapanzal, Logout Haare“ in Rapunzel oder „Henry, das Getriebe ist kaputt“ im „Froschkönig“. Zudem überraschte das „Texttaxi“ mit ganz neuen Transfers (Sinngebungen). Schneewittchen wird zum Eifersuchtsdrama mit Krimi-Touch. „Rumpelstilzchen“ entpuppt sich als die Geschichte eines Drogendealers („Vater verkauft die Tochter, die keinen Bock hat“), der Froschkönig wandelt sich zum Handwerksmärchen der Installateure. Und als Höhepunkt findet sich Dornröschen als Paris Hilton wieder. „Es geht da um reiche Leute, die viel Geld verprassen“ (Interpretation der Autorin). Der Schluss verblüffte noch einmal: „Er (der Prinz) lebt glücklich weiter, sie ist tot“. Zum Totlachen komisch, fand das Publikum.

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