Pirmasens Pirmasens: Wawi-Chef Walter Müller will kürzertreten

Isst jeden Tag 100 Gramm Schokolade: Wawi-Chef Walter Müller. Wer Sport treibt, könne sich das erlauben, sagt er.
Isst jeden Tag 100 Gramm Schokolade: Wawi-Chef Walter Müller. Wer Sport treibt, könne sich das erlauben, sagt er.

Im Gespräch: Wawi-Chef Walter Müller ist ein unruhiger Geist. An 165 Tagen im Jahr ist er geschäftlich unterwegs, schläft im Hotel oder Flugzeug. Er sagt: „Ich habe den schönsten Beruf der Welt.“ Heute feiert er seinen 65. Geburtstag. Im nächsten Jahr will er im Unternehmen etwas kürzertreten.

„Mit 66 ist langsam Schluss“, sagt Walter Müller. Dann steige sein Sohn, der in St. Gallen Management studiert hat und derzeit in München bei einer Firma arbeitet, „die Regen machen kann“, beim Schokoladenhersteller Wawi ein. Er werde dann nur noch so viel arbeiten, wie es ihm Freude bereite. Der Plan derzeit: „Ich möchte mich aus dem operativen Geschäft, sowohl als Vorstand als auch Geschäftsführer, zurückziehen.“ Nach wie vor kümmern werde er sich um die regionale Warenpolitik und die Fabrik in China. „In Fernost ist es wichtig, dass der Patron kommt.“ Das Werk in China laufe nur deshalb so gut, weil er dort seit Jahren die gleiche Führungsmannschaft habe und sich regelmäßig blicken lasse. China war die erste Auslandsniederlassung von Wawi, heute produziert Müller auch in Australien, Rumänien, Kanada. Wie so oft, habe bei dem Werk in China, wo heute über 300 Menschen beschäftigt sind, der Zufall eine gewisse Rolle gespielt. „Der damalige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hatte mich 1994 zur Reise in die rheinland-pfälzische Partnerprovinz Fujian eingeladen. Als die Interessen abgefragt wurden, habe ich Joint Venture angekreuzt.“ Als Unternehmer müsse man immer die Nase im Wind haben, betont Müller. Zum richtigen Zeitpunkt das Richtige tun. Und Ideen haben. „Dazu brauche ich kein Marktforschungsinstitut.“ Die Wawi-Schokowölkchen, heute ein Erfolgsprodukt, von dem 100 Tonnen im Jahr produziert werden, habe er vor Jahren in der Sky-Lounge der Lufthansa als Gebäck gesehen. „Da beschloss ich, so etwas industriell zu fertigen.“ Oder die Erotik-Adventskalender. „Eine fixe Idee.“ Heute verkaufe Wawi davon eine Million Exemplare in der Vorweihnachtszeit. Wenn er über die Arbeit redet, schwärmt Müller. „Ich liebe meinen Beruf, Schokoladenfabrikant ist das Schönste, was es gibt auf der Welt. Wir machen den Menschen Freude.“ Das habe er schon als Elfjähriger so gesehen. Da habe er freiwillig geholfen, die Kartons auf Laster zu laden. Müller liebt das Konstante. „Ich esse jeden Tag 100 Gramm Schokolade, treibe jeden zweiten Tag Sport“, erzählt er. Und über Sommer arbeite er halbtags. „Morgens gehe ich ins Büro, nachmittags ziehe ich in meinem Pool Bahnen oder entspanne im Liegestuhl.“ Für den Geburtstag hat er sich eine Radtour vorgenommen, „zwischen 60 und 100 Kilometer, in den Nordvogesen“. Er müsse sich fit halten. Ein 27er Schnitt sei das Minimum. Sich Abwechslung zu gönnen hält der promovierte Betriebswirt für wichtig. Deshalb wolle er ab dem nächsten Jahr mehr reisen, vielleicht auch mehr Zeit in Zürich verbringen, wo seine dritte Frau mit der zehnjährigen Tochter Lara lebt, in einem Penthouse mit Blick auf den Zürichsee und die Schweizer Berge. „In Pirmasens habe ich die Natur vor der Haustür, das ist Heimat. Zürich ist Großstadtleben mit einem tollen Kulturangebot.“ Als Müller im Jahr 1983 in das Unternehmen des Vaters eingestiegen ist, machte Wawi einen Jahresumsatz von zwei Millionen Euro, heute sind es 100 Millionen. Er habe immer streng darauf geachtet, was am Markt geht – und Wert auf Qualität gelegt. Als Unternehmer sei er eher ein preußischer Typ, privat liebe er es mediterran. „Das Auge des Herrn macht die Kühe fett“, sei eine seiner Devisen. Natürlich habe er nicht alles selbst gemacht, „aber ich kenne jeden Kunden, jeden Artikel, jede Kalkulation“. Er wisse genau, was läuft. Das sei das Erfolgsrezept. Eine Schokoladenfabrik müsse heute geführt werden wie eine Klinik. „Alles muss dokumentiert werden, die Hygienestandards sind enorm hoch.“ Was sich aber auszahle. „Wir hatten noch nie eine Rückrufaktion. Bei uns wird jede Tafel Puffreis geröntgt und durchleuchtet. Wir passen sehr genau auf.“ In den nächsten Tagen wird Müller Umzugskartons packen. Die Verwaltung zieht für ein Jahr von der Pirmasenser Landgrafenstraße nach Münchweiler um. Weil Müller unter die Bauherren geht. Im früheren Gewerbehof, den er von der Stadt gekauft hat, sollen über 20 Lofts entstehen. Wo heute die Mitarbeiterparkplätze sind, werde ein Park angelegt. „Das wird eines der schönsten Wohnprojekte in der Stadt.“

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