Pirmasens „Sehr viele Betäubungsmittel-Delikte“

Jacqueline Schröder findet klare Worte und drückt sich vor keiner Antwort.
Jacqueline Schröder findet klare Worte und drückt sich vor keiner Antwort.

Die Pirmasenser Polizei hat 2022 eine neue Chefin bekommen. Erstmals steht mit Jacqueline Schröder eine Frau an der Spitze der Inspektion. Im Gespräch mit Andreas Ganter erzählt sie über den Polizistenmord von Kusel, erfolgreiche Ermittlungen und verrät, worauf die Polizei 2023 besonders achten wird.

Ende Januar jährt sich der Polizistenmord von Kusel. Erinnern Sie sich noch, wie Sie von der Tat erfahren haben?
Ich war damals im Innenministerium im Lagezentrum tätig. Meine Kollegen haben mich angerufen und über das Ereignis verständigt. Daraufhin bin ich sofort nach Mainz gefahren. Von dort aus habe ich die Situation verfolgt.

Wie war die Stimmung im Lagezentrum?
So wie im ganzen Land, in der ganzen Bundesrepublik. Das Ereignis hat betroffen gemacht und macht es immer noch. Das merkt man bei den Menschen und bei den Kollegen. Man hat damals ja gesehen, wie groß die Anteilnahme war. Auch bei Menschen, die keine Polizeiangehörigen sind. Das war schon schlimm.

Was ging Ihnen durch den Kopf, als der Anruf kam und sie ins Lagezentrum gerufen wurden?
Das klang erst mal unrealistisch. Da kommen viele Gefühle, die sich schwer in Worte fassen lassen. Gefühle wie : Ist das jetzt wirklich passiert? Aber auch Trauer. Die Opfer waren ja zwei von uns. Wir sind schließlich eine Polizeifamilie.

Kannten Sie die beiden Opfer?
Nicht persönlich.

Haben Sie den Prozess verfolgt?
Natürlich habe ich die Nachrichten verfolgt und auch die Urteilsverkündung.

Waren Kollegen der Pirmasenser Polizei in die Aufklärung der Tat eingebunden?
In die Aufklärung selbst nicht. Aber bei so einer Lage werden viele Polizisten zusammengezogen, um den Einsatz zu bewältigen, da waren auch Kollegen aus der hiesigen Dienststelle dabei.

Wie gehen Sie als Vorgesetzte mit so einem Verbrechen um? Gibt es Mitarbeiter, die sich bei Ihnen melden, weil sie vor Einsätzen ein ungutes Gefühl haben?
Es ist bislang niemand zu mir gekommen, weil er deshalb Gesprächsbedarf hat. Ich habe aber den Eindruck, das Thema ist präsent. Die Kollegen sind sensibel und betroffen.

Wie sieht es in Pirmasens beim Thema Gewalt gegen Polizisten aus?
Da muss ich sagen: Uns weht bisweilen ein rauer Wind entgegen.

Was heißt das?
Wir haben Beleidigungsdelikte, Widerstände und tätliche Angriffe gegen Polizisten.

Wie gehen Sie damit um?
Mir ist es wichtig, dass wir darüber sprechen. Da gibt es auch Gesprächsangebote. Ich gehe mit meinen Mitarbeitern ins Gespräch und arbeite Einsätze im Nachgang auf. Außerdem gibt es Ansprechpartner für professionelle Hilfe.

Wie erfahren Sie von solchen Zwischenfällen?
Es kann sein, dass ich zuhause angerufen werde. In der Regel passiert es aber in der Dienstzeit. Dann kann ich das bewerten und mit den Kollegen sprechen. Wichtig ist, dass es eine Möglichkeit zum Gespräch gibt. Nach so einer unschönen Situation muss niemand alleine sein.

Haben Sie als Polizistin selbst schon mal brenzlige Situationen erlebt? Hatten Sie schon mal Angst bei einem Einsatz?
Ich war zuletzt 2011 im Streifendienst. Das ist schon lange her. Wahrscheinlich gab es irgendwann immer mal wieder Situationen mit erhöhter Alarmbereitschaft. Aber ich kann mich an keine konkrete Situation erinnern, in der ich Angst hatte. Wir sind als Polizei Träger des Gewaltmonopols. Daher wissen wir, dass wir in Situationen kommen können, die Gewaltpotenzial haben. Aber wir sind sehr gut ausgebildet. Der Anspruch an Polizisten ist, dass sie alle Einsatzmittel beherrschen. Wir absolvieren regelmäßige Schieß- und Einsatztrainings. Das ist wichtig, um Lagen professionell zu bewältigen und auf sich selbst zu vertrauen.

Mussten Sie schon mal bei einem Einsatz schießen ?
Nein.

Sie sind aus dem Ministerium nach Pirmasens gewechselt. Können Sie nach den ersten Monaten sagen, ob es Delikte gibt, die typisch für Pirmasens sind?
Was ist typisch für andere Städte? Es ist schwer, da einen Vergleich zu ziehen.

Aber?
Gewalt in engen sozialen Beziehungen ist ein Thema bei der Polizeiinspektion Pirmasens. Wobei ich sagen muss, dass wir 2022 wohl leicht unter Vorjahresniveau liegen. Corona war da ein Verstärker. Die Menschen waren während der Pandemie vermehrt zuhause. Hinzu kamen Ängste wegen der Krankheit und einer möglicherweise drohenden Arbeitslosigkeit.

Gibt es andere Delikte, die auffällig sind?
Wir haben sehr viele Betäubungsmittel-Delikte. Wir sind da wahrscheinlich dieses Jahr über den Zahlen des Vorjahres. Allerdings muss ich dazu sagen, dass das auch mit der Anzahl der Kontrollen zusammenhängt. Je mehr Kontrollen es gibt, desto mehr werden erwischt. Meine Jungs und Mädels sind da schon sehr aktiv und führen viel Kontrollen durch. Meine Wahrnehmung ist, dass man mittlerweile zu jeder Tages- und Nachtzeit jemanden erwischt, der unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln steht oder einen Joint bei sich trägt. Deshalb werden wir da weiterhin intensiv kontrollieren. Aber wir setzen auch auf Prävention, beispielsweise mit Vorträgen in Schulen. Wir wollen das Bewusstsein für die Gefahren wecken, die mit Drogenkonsum einhergehen.

Möglicherweise kommt 2023 die von der Bundesregierung angekündigte Legalisierung von Cannabis und Co. ...
Es sieht so aus, als ob nur der Konsum legalisiert wird. Aber es wird wohl weiterhin verboten bleiben, unter Einfluss von Betäubungsmitteln am Steuer zu sitzen. Das ist nicht nur verboten, sondern auch gefährlich.

Wo sind die kriminellen Brennpunkte in Pirmasens?
Es gibt Punkte, wo wir verstärkt Streife gehen. Rund um den Wedebrunnen etwa. Aber wir gehen auch gezielt durch die Fußgängerzone. Im Sommer waren wir verstärkt in Rodalben unterwegs. Wir beobachten die Lage. Das ist eine ständige Analyse.

Ist das Winzler Viertel so schlimm wie sein Ruf?
Wir haben dort natürlich Einsätze. Aber ich kann keine Konzentration bestimmter Delikte sehen.

Was hat es mit den Kellereinbrüchen auf sich, die sich vor ein paar Wochen im Pirmasenser Stadtgebiet häuften?
Ein Täter ging durch unverschlossene Türen in Mehrfamilienhäuser. So gelangte er in Kellerräume, die leicht aufzubrechen waren.

Was wurde da gestohlen?
Fahrräder oder Roller – Gegenstände, die man leicht weiterverkaufen konnten

Was haben Sie getan, um das zu verhindern?
Wir haben viel auf Prävention gesetzt und sind mit Menschen ins Gespräch gekommen. Letztendlich ist es uns gelungen, einen Tatverdacht gegen einen Mann zu erheben. Die Verfahren liegen jetzt bei der Staatsanwaltschaft.

In Pirmasens gab es vor einigen Jahren vergleichsweise viele Einbrüche. Es scheint mir so, als hätte sich die Lage beruhigt oder täuscht der Eindruck?
Die Zahlen gehen zwar langsam wieder ein bisschen nach oben. Aber wir sind noch unter Vorjahresniveau. Das hängt möglicherweise auch mit Corona zusammen. Ich habe den Eindruck, dass sich Homeoffice vermehrt durchsetzt. Dadurch entstehen weniger Tatgelegenheiten.

Mitte November hat sich der Kriminalpräventive Rat neu zusammengesetzt. Was versprechen Sie sich von dem Gremium?
Wir wollen die objektive Sicherheitslage in den Blick nehmen, aber auch schauen, wo sich die Leute unsicher fühlen.

Wie soll das klappen?
Wir planen eine Befragung der Bürger. Wir wollen wissen, wo sie unsichere Orte sehen. Das kann Kriminalität betreffen, aber auch Dreck oder Ordnungswidrigkeiten.

Wie sieht der Zeitplan dafür aus?
Wir würden das gerne im Januar durchführen. Die Befragung soll einen Monat laufen, dann folgt die Auswertung. Möglicherweise können wir schon im Frühjahr gemeinsam im Kreis der Netzwerkpartner Konsequenzen daraus ziehen.

Was wird der Schwerpunkt der Pirmasenser Polizei im Jahr 2023 sein?
Der Bereich Betäubungsmittel-Kriminalität wird ein Schwerpunkt bleiben. Ich würde gerne noch etwas mehr im Bereich Verkehrssicherheit machen. Wir wollen auf Initiative eines Mitarbeiters einen Motorradkontrolltrupp einrichten. Die schöne Gegend zieht schließlich viele Motorradfahrer an. Uns geht es dabei nicht nur darum, Verstöße zu erkennen. Wir wollen auch mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Wir wollen, dass die Motorradfahrer wieder gesund heim kommen. Gleichzeitig wollen wir, dass sie beispielsweise Rücksicht auf Anwohner nehmen.

Sie sind die erste Frau an der Spitze der Pirmasenser Polizeiinspektion, längst leisten Frauen Dienst bei der Polizei. Spüren Sie bei Einsätzen noch Ressentiments ihrem Geschlecht gegenüber?
Nein. Ich hatte noch nie das Gefühl, dass ich als Frau anders behandelt werde als meine männlichen Kollegen.

Aber?
Wir haben seit 35 Jahren Frauen in der Schutzpolizei und wir haben noch Luft nach oben, was die Anzahl von Frauen in Führungspositionen betrifft. Das hat verschiedene Gründe. Unter anderem hängt es damit zusammen, dass Frauen Kinder bekommen und nach der Geburt in Teilzeit arbeiten. Wir müssen auch Führung in Teilzeit ermöglichen. Da sind individuelle Lösungen gefragt. Wir können mehr Frauen in Führungspositionen vertragen.

 

Andreas Ganter fühlt der Polizeichefin auf den Zahn.
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Bestens vorbereitet erscheint Jacqueline Schröder zum Interview in der Redaktion der RHEINPFALZ.
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Viele Bürger fühlen sich in der Fußgängerzone unsicher.

Wie sicher ist Pirmasens?

Seit der Kriminalpräventive Rat eine Umfrage zur Sicherheit in Pirmasens gestartet hat, vergeht kaum eine Woche, in dem das Thema nicht diskutiert wird. Alle Artikel zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite "Wie sicher ist Pirmasens?".

An dieser Stelle finden Sie Umfragen von Opinary.

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