Pirmasens Unterhaltsames Spiel mit Pfälzer Lebensart

Geballte Pfälzer Lebensart brachte der Rodalber Südwestpfalz-Abend mit seiner Mischung aus Musik, Kabarett und szenischem Spiel zum Schwingen. Trotz Ferienzeit waren fast 100 Zuschauer zu der Gemeinschaftsveranstaltung von Volkshochschule und Eine-Welt-Verein in den Kultursaal des Dr.-Lederer-Hauses gekommen. Sie hatten große Freude an den temperamentvollen Liedern, dem Plaudertaschen-Gerede aus Jahrzehnten, an gespielten Geschichten und kabarettistischem Witz.

Neugierig war das Publikum auf die Folkgruppe „Reinig, Braun & Böhm“, als namhaftes Pfälzer Ensemble angekündigt, aber in „de Hinnerpalz“ eher selten zu Gast, obwohl Paul Reinig, einer des Trios, aus Pirmasens stammt und die Kontakte in die Südwestpfalz aus fester Heimatverbundenheit pflegt. Die Zuschauer erlebten eine eingespielte Gruppe, sicher im Umgang mit einer Vielzahl von Instrumenten. Paul Reinig spielte Gitarre und das diatonische Knopfakkordeon mit viel Gefühl und er liebt offensichtlich auch die erzählerischen Momente im Konzert. Peter Braun, der engagierte Sänger der Gruppe, griff hin und wieder ebenfalls zur Gitarre und gab der Folkmusik dann einen rockigen Touch. Behände und pfiffig bediente Rüdiger Böhm das Piano. Das passte zusammen. Alte Kompositionen, meist schon in Vergessenheit geraten, hatten „Reinig, Braun & Böhm“ aus ihrer Schatzkiste hervorgekramt. Bei mittelalterlicher Musik in der Art der einstigen Spielleute kamen meist nicht gerade erbauliche Inhalte zum Vorschein. Hans Trapps Überschwemmung von Weißenburg tauchte musikalisch wieder auf. Und im Lied „Verzähl mer nix“ belebte die Gruppe das Pennsylvanisch-Deutsch aus Pfälzisch und Englisch der Auswanderer vor über 300 Jahren. Aber statt nostalgischer Empfindungen tischte das Ensemble die Wahrheit des rauen Lebens auf. Gab es doch – wie besungen – „an jedem Daach domols was zu leide“. Heiterkeit blieb den modernen Kompositionen vorbehalten. Michael Bauer, bekannt geworden vor allem als Autor des „de klääne Pälzers“, machte sich seinen Reim auf den „dreckigen Bapp“ von Landwirtschaftsstraßen und verfasste den Text zum „Lehmklumbe-Blues“ – mit dem Rat, beim Fahren „voll tierisch auf zu passen“. Wie viel Pfalz steckt in der Fabel „E Krabbe unn de Fuchs“ von Wilfried Berger, der Fontaines Gedicht vom „Raben und dem Fuchs“ umgeschrieben hat. Berger verlegt den Ort nach Lustadt und wählt als Zeit „de Montag nach em Handkäsfeschd“. Natürlich kommt er zu einem ganz anderen Schluss. „Schaff dich hääm“, verlautet jetzt aus dem Schnabel des Vogels, „ich kenn die Geschicht’ von La Fontaine“. Auf dem Konzert konnte der Mundart-Kabarettist Gerd Kannegieser aufbauen. Kannegiesers Soziallehre gegen Unwissenheit und Weltfremdheit förderte mit umwerfender Komik historische Erkenntnisse zutage, zum Beispiel über Attila, den Hunnenkönig. Wer weiß denn schon, dass der kleinwüchsige Held des Reitervolkes vom Pferd rutschen musste und als er dies mit „hunne“ kommentierte, hatte er seinen Namen weg. Ansonsten gab sich Kannegieser wieder einmal hemdsärmelig, bereit zum Aufräumen und zur Warnung vor den Tücken des Alltags. Die Komik entwickelte er gewohntermaßen aus Situationen, in denen er sich selbst im Weg steht. Ausführlich schilderte Kannegieser die mögliche Entartung einer Wanderung zur „Reserveübung“, die Machenschaften intelligenter Haushaltsgeräte oder der Telefonie mit Handys: „Du begegnest 700 Leuten. Aber wenn du ein Alibi brauchst, hat dich niemand gesehen“. Auch über sich selbst lachen kann der Pfälzer Comedian. So berichtete er, dass er mit zunehmendem Alter „philosophisch“ werde. „Ich stehe im Keller“, so Kannegieser, „und frage mich: Wo kommst du her und wo gehst du hin?“ Auf unterhaltsame Weise streuten Vera Ulrich, Patrick Liebel und Anke Vogel, die Südwestpfalz-Gästeführer, im szenischen Spiel Wissenswertes über heimatliche Sagen ein: die Versteinerung der Brüder im Rodalber Bruderfelsen und den Ursprung des Hölzernen Kreuzes. Die mitreißendsten Lieder hatte sich die Folkgruppe für den Schluss aufgehoben. Das elsässische „Hans im Schnoogeloch“ pries das freche Gehabe. Es folgte der „Dampfnudel- Blues“, rockig-fetzig inszeniert und leidenschaftlich von Paul Reinig gesungen: „Ich nemm se in die Schnuut, sie schmeckt mer jo so gut!“ Die Stimmung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht.

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