Pirmasens Verhandlung gegen Lkw-Fahrer nach Unfall mit Todesfolge auf B10: Experten liefern wenig neue Erkenntnisse

Es bleibt unklar, was genau passiert ist.
Es bleibt unklar, was genau passiert ist.

Im Verfahren wegen des schweren Verkehrsunfalls auf der B10 vor fast zwei Jahren hat das Amtsgericht Pirmasens am Mittwoch die Beweisaufnahme abgeschlossen und die Plädoyers wurden gehalten. Das Urteil soll am Mittwoch kommender Woche verkündet werden.

Am 8. Oktober 2022 war ein heute 53-jähriger Lastwagenfahrer aus dem Salzburger Land auf der B10 aus Richtung Wörth kommend nach der Abfahrt „Pirmasens Haseneck“ ausgangs einer Kurve auf die Gegenfahrbahn gekommen. Zuerst streifte er einen VW Golf. Dann fuhr er frontal auf einen Kleintransporter, der dadurch gedreht wurde und gegen einen zweiten Kleintransporter stieß, der dann auch vom Lkw erfasst wurde. Die 24-jährige Fahrerin des ersten Kleintransporters erlag noch an der Unfallstelle ihren schweren Verletzungen. Der Fahrer des zweiten Transporters, ihr Ehemann, erlitt ein schweres Brust- und Bauchtrauma mit Leberriss und musste notoperiert werden.

Der Angeklagte hatte am ersten Prozesstag vor Gericht angegeben, auf der Höhe Waldfriedhof, wo sich damals eine Baustelle befand, habe sich ein Volvo noch vor ihm auf die Fahrbahn gedrückt. Deshalb habe er den Lkw stark abbremsen müssen. Den Berg hoch habe er noch auf manuell geschaltet. Ab dann wisse er nichts mehr. Er erinnere noch einen starken Hustenanfall, dann müsse er bewusstlos geworden sein. Mitte dieses Jahres sei er nach einem Hustenanfall erneut bewusstlos gewesen. Die Ärzte hätten einen Arterienverschluss bei ihm festgestellt und zwei Stands gesetzt.

Die Fragen sind nun: Hatte der Angeklagte einen Hustenanfall, der zur Bewusstlosigkeit führte? Kann das den Unfall ausgelöst haben? Glaubt man dem Angeklagten oder nicht?

Kfz-Sachverständiger und Medizinerin berichten

Ein Kfz-Sachverständiger hatte den Fahrtenschreiber des Lastwagens ausgelesen. Über dessen Daten war eine Gefahrenbremsung – wegen des Volvos – nicht nachweisbar. Der Gutachter konnte vor Gericht auch nicht angeben, ob der Angeklagte noch aktiv in die Kurve gelenkt hatte, oder ob der Spurhalteassistent – trotz Baustelle – funktioniert hat. Allein der Schwung könnte den Lkw in die Endposition gebracht haben. Der Golf sei für den Lastwagen kein Hindernis gewesen. Aber auch wenn er das Vorbeischrammen an diesem bemerkt hätte, wäre die Zeit bis zum nächsten Zusammenstoß zu kurz gewesen, um zu reagieren, sagte der Sachverständige.

Eine Rechtsmedizinerin führte aus: Hustenanfälle, die zu kurzer Bewusstlosigkeit führen, gebe es. Man wisse aber noch nicht, wie sie zustandekommen. Die vom Angeklagten angegebene Gefäßverengung im Herzen hätte aber zu einem Herzinfarkt geführt. Sie könne die Behauptung des Angeklagten, er sei bewusstlos gewesen, weder beweisen noch widerlegen, sagte die Rechtsmedizinerin. Sie könne nur sagen, was für und was gegen eine durch Husten ausgelöste Ohnmacht spreche. Dafür spreche die extrem kurze Dauer der angeblichen Ohnmacht von wenigen Sekunden und die Strecke, die ohne Fahrerfunktion zurückgelegt wurde. Nicht dafür spreche hingegen: Hustensynopsen beträfen in der Regel Personen mit chronischen Atemwegsproblemen. Ein solcher Husten gehe weit über eine normale Erkältung hinaus. Solche Personen würden panisch und würden eine diagnostische Abklärung erzwingen, weil sie befürchteten, es könne wieder passieren. Und eine solche Ohnmacht beginne mit einer muskulären Erschlaffung.

Staatsanwalt fordert Geldstrafe und Fahrverbot

Salopp gesagt stellt sich die Sache auch nach zwei Verhandlungstagen so dar: Nichts Genaues weiß man nicht. Der Staatsanwalt glaubt dem Angeklagten nicht. Dass er bewusstlos gewesen sei, hält er für eine Schutzbehauptung. Er meint, der Mann sei eher durch Unachtsamkeit und Ablenkung in den Gegenverkehr geraten. Er hält ihn der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung für schuldig und plädierte auf eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 70 Euro, also 8400 Euro, sowie drei Monate Fahrverbot.

Verteidiger Alexander Becker plädierte hingegen auf Freispruch für seinen Mandanten. Er wies darauf hin, dass der 53-Jährige 30 Jahre unfallfrei gefahren sei. Er sei zuvor nie bewusstlos geworden. Es sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen. „Er hat nicht schuldhaft gehandelt. Er hat gar nicht gehandelt. Er konnte nichts für den Unfall“, sagte der Anwalt.

Das Urteil soll am Mittwoch, 4. September, verkündet werden.

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